Prinzen der Nacht (Volume II) (Die Traumdämonen-Saga) (German Edition)
wusste selbst, dass sein Argument haltlos war und da es nicht sein erster Fall war, der auf der Kippe gestanden hatte, würde man ihn eh zur Rechenschaft ziehen. Er war Arzt und hatte einen Eid abgelegt. Natürlich könnte er dem Komitee einen langen Vortrag über das Für und Wider, Leben zu retten, halten, aber da würde er zu Recht nur auf Unverständnis stoßen, als Spinner abgetan werden oder schlimmstenfalls seine Lizenz verlieren.
Jennas Nase war mit einer Schiene und Verbänden versehen worden. Gegen die Prellungen hatte man ihr Schmerzmittel und eine Salbe gegeben. »Ich kann mir ein Taxi nach Hause nehmen. Du hast schon genug Zeit für mich geopfert.«
»Ich fahre dich nach Hause, Jenna. Das versteht sich doch von selbst.«
Es hatte angefangen zu regnen, als sie den Parkplatz überquerten und zu Morris Wagen gingen. Die Rücklichter blinkten zwei Mal auf und ein Piepen durchbrach die Stille, die zu der spät abendlichen Stunde vor dem Krankenhaus herrschte.
»Der Typ sah sagenhaft gut aus. Dass so ein Teufel in ihm steckt, hätte ich nie vermutet.«
»Aussehen sagt eben nichts über Charakter aus. Hast du ihn in dem Club das erste Mal gesehen?«
»Nein, er war mir schon einmal aufgefallen, jetzt wo du mich das fragst.«
Na wunderbar, dachte Morris. Payton hatte sie auch noch in seinem Stammclub kennengelernt.
»Er hatte faszinierende Augen, genau wie du, Mo. Er hätte glatt dein Bruder sein können. Christine meinte das auch. Sie hat deinen Bruder ja nie kennengelernt. Warum eigentlich nicht?«
Als er nicht antwortete, sagte sie schnell: »Na geht mich ja nichts an. Aber er hatte auch so ein kantiges Kinn, die gleiche Gesichtsform, sogar die Länge der Haare stimmte, nur ein bisschen heller, soweit ich mich erinnere ...«
»Mein Bruder ist seit letztem Jahr in Europa, Jenna«, unterbrach er ihre eingehende und sehr treffende Beschreibung.
»Ah ja.«
Den Rest der Fahrt schwieg sie und Morris atmete erleichtert durch, als sie endlich ausgestiegen und er wieder alleine war.
Es war spät, als er die Haustür aufschloss. Der flackernde Schein, der sich in der offenen Tür im Schlafzimmer spiegelte, ließ ihn beinahe auf dem Absatz wieder umkehren.
»Mo?« Christine stand in einem Babydoll und Strapsen in einer aufreizenden Position vor ihm. Sie war auf ihre Art immer noch eine anziehende schöne Frau, aber es war, als stünde eine Fremde vor ihm. Eine Fremde, die er nicht begehrte. Er empfand nichts mehr für sie, war emotional gestorben, weil er ihre innere Zerrissenheit kannte und die äußere Schale keine Rolle mehr spielte. Die Berg- und Talfahrt ihrer Beziehung hatte letztendlich ihren Preis gefordert. Und doch wollte er sie nicht verletzen und sie abweisen. Der Sex war ein mechanischer Ablauf und als er fertig war, lag er noch lange wach und starrte an die weiße Zimmerdecke.
Gegenüber Leia fühlte er sich wie ein Verräter. Zwar klang das absurd, weil er mit Christine verheiratet war, aber er fühlte sich, als hätte er die unschuldige Liebe Leias betrogen.
Eine Gänsehaut überzog seinen Körper, als er an sie dachte. Er fühlte Angst. Leia. Sie hatte Angst. Er sah auf die Uhr. Es war gerade mal zwei Uhr morgens. Das Eigenartige war, dass sie nicht träumte, sondern hellwach war. Irgendetwas oder jemand beunruhigte sie. Er stand leise auf, ging zum Gästezimmer und schloss die Tür hinter sich.
Im Loft brannte Licht, als ein dunkler Schatten an den Fenstern vorbeizog. Ein dünner Mann stand in der Küche und bediente sich aus dem Kühlschrank. Er sah ziemlich verwahrlost aus und an seinen fahrigen, unkontrollierten Bewegungen konnte Morris erkennen, dass er unter Drogen stand.
Sacht landete er auf dem Dach und bewegte sich auf das Dachfenster über Leias Bett zu. Eine dunkle Vorahnung überkam ihn und als er in ihr Schlafzimmer hinuntersah, bestätigte sie sich. J.J. war zurück. Er hatte für seinen nächtlichen Besuch bei Leia außer dem Dürren in der Küche noch einen weiteren Freund mitgebracht. Ein kräftiger, unansehnlicher Kerl mit Piercings in den Augenbrauen, in der Nase und einem in seinem verbeulten kahlen Schädel.
Durch Paytons Aktion mit Jenna und Christines labile Zustände hatte er ganz vergessen, dass er diesem widerlichen Joe schon längst eine Lektion hatte erteilen wollen.
»Raus hier.« Trotz ihrer Angst, die in ihrem Inneren tobte, war Leias Stimme fest und klar.
J.Js dreckige und unschöne Lache dröhnte in Morris empfindlichen Ohren und Adrenalin
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