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Prinzentod

Prinzentod

Titel: Prinzentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Jetzt ist sie da, diese Situation, vor der ich mich seit Tagen fürchte. Ahnt Brigitte etwas? Will sie etwas andeuten? Aber dann würde sie doch nicht so freundlich lächeln! Ich nicke erst mal, räuspere mich, schaffe es aber nicht, ihr zu antworten. Bernadette beugt sich jetzt zu mir herüber. »Hey, da hat Mama ins Schwarze getroffen, oder? Du bist verliebt? Davon weiß ich ja gar nichts!« Ihre graublauen Augen wirken verärgert. Mann, Mann, Mann, was sage ich denn jetzt auf die Schnelle, damit Bernadette nicht gekränkt ist? Ein dicker Kloß sitzt mir im Hals. Brigitte und Bernadette starren mich an, eine Sekunde lang habe ich Angst, dass sie mir ansehen können, was los ist, schnell, mach schnell, erfinde irgendetwas. »Es ist so . . .«, krächze ich und greife nach meinem Glas, sauge kurz an meinem Strohhalm, bloß um Zeit zu schinden. Brigitte legt mir ihre kühle, kleine Hand auf den Unterarm. »Schätzchen, du musst uns nicht alles erzählen. Ich verstehe das schon. In deinem Alter braucht man Geheimnisse.« »Aber doch nicht vor mir!«, platzt Bernadette raus. Ich schlucke den Rest Tee hinunter und plötzlich habe ich ei ne Idee. »Also ehrlich gesagt, ich habe mich... also ich habe mich in einen unserer Lehrer verliebt...« Bernadette setzt sich gerade hin, streicht ihre Mähne hinter die Ohren und geht im Geiste alle Lehrer durch. »Na, die Biesler ist es ja wahrscheinlich nicht . . .?«, sagt sie und kichert fröhlich. Ich grinse erleichtert, weil niemand an meiner Antwort zweifelt, und erwidere scherzhaft: »Wer weiß, vielleicht bin ich ja lesbisch geworden und liebe verheiratete Frauen.« »So etwas kann immer passieren. Man sucht sich das ja nicht aus«, meint Brigitte ganz ernst. Sie sieht beunruhigt aus und ich bin plötzlich nicht mehr so sicher, ob meine Ausrede eine gute Idee war. »Sag schon, wer ist es denn?« Bernadette lässt nicht locker. »Ist er etwa verheiratet?« Mist, was jetzt? Ich gehe in Gedanken alle Lehrer der Oberstufe durch, die wir kennen. Es müssten genug sein, um Bernadette im Unklaren zu lassen. Oder sollte ich schnell einen Lehrer aus einer anderen Schule erfinden? Aber dann müsste ich mehr Details preisgeben. Ich nicke also. »Ja, er ist verheiratet.« Ich sehe, wie Bernadettes Augen aufblitzen. »Ich wette, es ist der Kühn, er sieht so gut aus! Den würde sogar ich nehmen.« »Bernadette!«, weist ihre Mutter sie zurecht. »Doch, Mama! Der ist zwar bestimmt doppelt so alt wie wir, aber er sieht aus wie ein griechischer Gott, dieser Dings...« »Du meinst Adonis!« Ihre Mutter wird streng. »Bernadette, bitte lass dich nicht auf so etwas ein, niemals. Es ist immer das Mädchen, das einen hohen Preis bezahlt, nie der Mann.« Mir wird flau. Was für einen Preis? Brigitte wendet sich wieder mir zu, fährt sich mit ihren Händen durch ihre Haarfransen, als ob sie zu Berge stünden und geglättet werden müssten. »Sag mal, Lissie«, sie macht eine Pause. Offenbar überlegt sie, wie sie fortfahren soll. »Du und dieser Mann – ihr habt doch nicht ernsthaft eine Beziehung, oder? Ich meine, eine Schwärmerei für einen älteren Mann ist in deinem Alter völlig normal. Aber wenn er deine Gefühle erwidert, wäre das Missbrauch von Schutzbefohlenen.« Ich sehe sie an, weiß überhaupt nicht, was ich jetzt erwidern soll. Aber sie erwartet anscheinend auch keine Antwort von mir. »Ich meine ja nur, dass du dich vorsehen sollst«, fügt sie hinzu. »Es liegt in der Natur der Sache, dass du enttäuscht wirst. Meistens benutzen die Männer in diesem Alter jüngere Mädchen wie euch, um ihren Spaß zu haben. Die wenigsten würden ihr gemachtes Nest verlassen oder sich gar scheiden lassen.« Die letzten Worte klingen nicht mehr ganz so gelassen, sie hat sie richtig zornig hervorgestoßen und jetzt schlägt sie sogar mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser leicht klirren. Bernadette zuckt zusammen und schaut mich fragend an. »Und vor allem«, ereifert sich Brigitte weiter, »seht ihr beiden nur zu, dass ihr immer geschützt seid! Nicht nur wegen Aids, sondern auch vor einer Schwangerschaft. Das geht in eurem Alter ruck, zuck! Und ihr wollt euch wohl nicht im Ernst mit einer Abtreibung befassen, oder?« Bernadette zwinkert mir aufmunternd zu und ich weiß, dass sie ihre Mutter gerade für völlig abgedreht hält, aber ich frage mich, was mir Brigitte wirklich sagen will. Ihre Besorgnis klingt echt. Doch worüber ist sie tatsächlich besorgt? »Tut mir leid, dass ich mich so

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