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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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eingesperrt gewesen. Die öden Gänge und die kahlen Räume, die sie durcheilten, kannte Skaia schon. Auch die Wendeltreppe stiegen sie wieder nach oben. Ebenso das prächtige Treppenhaus. Doch sie bogen ein Stockwerk unterhalb des Sonnensaals in einen Gang ab, der an üppig verzierten Türen vorbeiführte. Überall entdeckte Skaia die Sonne als Schmuckelement. Staunend wandte sie den Kopf in alle Richtungen ― und stieß auf einmal gegen den Robold. So plötzlich war er stehen geblieben, dass Skaia es zu spät bemerkt hatte. Automatisch murmelte sie eine Entschuldigung. Und ärgerte sich gleichzeitig über ihre eigene Höflichkeit. Die zwei waren schließlich auch nicht nett zu ihr. Grimmig verfolgte Skaia, wie sich die Robolde an der mächtigen Tür vor ihr zu schaffen machten, beide Flügel weit aufschlugen ― dabei jeweils mit einer Armbewegung, die möglicherweise elegant wirken sollte, in den sich öffnenden Raum hineinwiesen ― und sich, als Skaia zögernd hineintrat, verbeugten.
    „Du umziehen“, wiederholte dabei der eine Robold.
    „Neues Zimmer“, ergänzte der andere.
    Dann knickten die beiden noch tiefer ein. Was war das nun wieder? So viel plötzliche Ehrerbietung war verdächtig. Vorsichtig trat sie ganz nah an einen der Blechmänner heran. Um in sein Gesicht zu sehen, musste sie sich bücken.
    „Was soll das denn?“, fragte sie und wusste nicht recht, ob die Spielchen der beiden sie mehr verängstigten oder verärgerten.
    Sie bekam keine Antwort. Stattdessen spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Entsetzt wirbelte sie herum. Doch als sie sah, was sie so erschreckt hatte, musste sie lachen. Und weinen. Alles gleichzeitig. Die Tränen liefen einfach so aus ihr heraus, und ihre Brust bebte vor Gelächter. Mit langen Armen umschlang sie ihren Bruder. Nie mehr würde sie ihn loslassen. Sie spürte seine Wange an ihrem Gesicht, roch seine Haare, und es war ihr völlig gleichgültig, wie er in die Burg und in dieses prächtige Zimmer gekommen war.
    Sie fühlte seinen Atem, als er ganz sanft sagte: „Bin ich froh, dass es dir gut geht!“ Dann wischte er ihr zwei, drei Tränen aus dem Gesicht, was nicht viel Sinn hatte, denn es kamen immer neue nach. „Ab jetzt wird alles gut“, versprach er, als ihm Skaia in die dunklen Augen blickte.
    „Woher willst du das wissen“, schniefte sie und hoffte dennoch, dass er Recht hatte.
    „Na, weil ich alles weiß.“
    Skaia sah ihren Bruder zweifelnd an.
    „Zumindest behaupten das die Eingeweihten“, erklärte Aldoro stolz.
    „Ach, die ...“ sagte Skaia abfällig. Sie war wahrlich nicht gut auf die Eingeweihten zu sprechen.
    „Ja, ja, ich weiß. Die sind auch gar nicht so wichtig. Hauptsache, der Gute Herrscher ...“
    „Der Gute Herrscher ist ...“ Skaia zögerte. Dann wurde ihr Gesicht sehr ernst. „Kannst du etwas für dich behalten?“
    Aldoro nickte.
    „Der Gute Herrscher, ... der ist ... weg!“ Skaia hatte nach dieser Eröffnung erwartet, dass Aldoro schockiert wäre. Oder wenigstens verblüfft. So eine Neuigkeit gab es schließlich nicht alle Tage.
    Aber Aldoro prustete los. Es dauerte eine Weile, bis er der irritierten Skaia eine vernünftige Antwort geben konnte. „Also“, begann er und bemühte sich um ein ebenso ernstes Gesicht, wie Skaia es vorhin aufgesetzt hatte. Obwohl ihm die Züge immer wieder zu einem Grinsen entglitten, fuhr er mit bedeutsamer Stimme fort: „Kannst auch du schweigen, Schwester?“
    Skaia schlug kurz bestätigend die Augenlider nieder.
    „Dann höre genau zu: Ich, Aldoro, werde der neue Gute Herrscher!“
    Es kam selten vor, dass Skaia keine Antwort parat hatte, aber jetzt war sie sprachlos. Ungläubig hörte sie den Erklärungen ihres Bruders zu, die reichlich durcheinander aus ihm heraussprudelten. Erst nach und nach fügten sie sich zu einem Bild dessen, was geschehen war.
     
    Natürlich war Aldoro zum Sonnenmast gelaufen, als er sie morgens nicht in ihrem Bett vorgefunden hatte. Dafür, dass sie auch dort nicht war, legte er sich noch eine mögliche Erklärung zurecht: „Vielleicht ist sie gleich zur Erziehungsanstalt gelaufen, um nicht zu spät zu kommen. Ohne Bücher und Hefte ... Na prima, das gibt wieder einen Brief von Klirr.“
    Doch dann kam der Abend, und Skaia war noch immer nicht aufgetaucht. Sie hätte längst über ihren Hausaufgaben sitzen müssen. In einer Stunde würde es „Verschwundene Bohnen“ in Ingwersud geben, eine Neuschöpfung Aldoros, zu der er die Bohnen pürieren und in

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