Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
„hochwohlgeboren“ und auserkoren für eine große Aufgabe.
Obwohl der Robold auf dem Weg zur Burg andauernd bekundete, Aldoro „als Adjutant stets zu Diensten“ zu sein, war aus ihm nicht mehr herauszubekommen. Auf jede Frage antwortete er weitschweifig, aber reichlich unklar. Dazu brachte er seinen Sprechschlitz in eine sichelartige Form, wohl um ein freundlich lächelndes Gesicht zur Schau zu tragen. Seine beiden Kollegen, die vorneweg marschierten, sagten keinen Ton. Ihre Aufgabe bestand wohl darin, mit ihrem scheppernden Gleichschritt für möglichst viel Aufsehen zu sorgen. So jedenfalls kam es Aldoro vor. Die Menschen, denen sie begegneten, wichen respektvoll zur Seite und blickten verstohlen auf Aldoro und den Robold, der aufgeregt von „Solterras Schicksal“ und „Großer Zukunft“ schwafelte, bis sie an die Burg kamen. Längst war sich Aldoro sicher, dass das Ganze ein Missverständnis sein musste. Der Robold konnte wahrscheinlich viel besser reden als Personen aufspüren. Aber wenn Aldoro erst einmal in der Burg wäre, könnte er vielleicht jemanden dazu bewegen, die Suche nach Skaia in die Hand zu nehmen. Den Gefallen würde man ihm wohl tun, wenn man ihn schon hierher brachte, nur um dann festzustellen, dass er der Falsche war.
In den Gängen der Burg kam ihnen ein Robold mit weißer Schürze entgegen. Er hielt Aldoro ein Tablett mit süßen Säften unter die Nase und eines mit frischem Obst und flötete: „Gruß aus der Küche!“
Aldoro, der keine Zeit zum Frühstücken gehabt hatte, nahm erfreut ein Glas mit orangenem Inhalt und einen Apfel. Es ging schnellen Schrittes weiter. Mit dem halbleeren Glas in der einen und dem angebissenen Apfel in der anderen Hand, gelangte er an der Seite der Robolde in den Sonnensaal. Beim Durcheilen des wabernden Rauches musste Aldoro ziemlich husten. Dass dabei einige Apfelbröckchen in den Raum flogen, konnte zum Glück niemand erkennen. Dann standen sie vor ihm. Die zwölf Eingeweihten!
Eine strenge Stimme fragte: „Bist du Aldoro?“ Aldoro wollte bejahen, doch die Stimme fuhr fort: „Urenkel der Sinistra?“ Auch dies wollte Aldoro bejahen, aber er kam nicht dazu. Denn eine andere Stimme mischte sich düster ein: „So bist du der allerletzte aus dem Geschlechte Taminos. So ist dies dein Platz!“ Mit weit ausholender Geste wies er auf den zerschlissenen Sessel des Guten Herrschers. Erwartungsvoll blickten die Eingeweihten auf Aldoro. Aber dem fiel erst einmal gar nichts dazu ein.
Jetzt machte Aldoros langer Bericht Sinn. In Skaias Kopf überschlug sich alles und sprudelte aus ihr heraus: „Mutters Großmutter ― natürlich! Deshalb wusste sie, wie es in der Burg aussieht! Also ist Yaho ein entfernter Verwandter von uns, und jetzt, wo er weg ist, bist du an der Reihe! Wahnsinn! Dann wohnen wir ab sofort in der Burg und haben einen Haufen Robolde, die alles für uns machen müssen, meine Strafarbeiten zum Beispiel. Außerdem untersagen wir dem Küchenpersonal, jemals wieder Bohnen zuzubereiten!“
„Ja, großartig!“, lachte Aldoro. Dann umschlang er Skaia noch einmal, und ihr war so, als ob er heimlich schniefte. „Ich bin so froh, dass dir nichts Schlimmes passiert ist.“
Gerade wollte Skaia Einspruch erheben und von all den unglaublichen Vorkommnisse erzählen, die sie hatte durchmachen müssen, da kam ihr jemand zuvor.
„Oh Wertester, oh Sonne Solterras“, säuselte der Robold, der Aldoro in die Burg gebracht hatte. „Seid Ihr bereit für die Einweisung?“
„Jetzt schon?“, gab Aldoro erstaunt zurück. Dann erklärte er Skaia: „Die Eingeweihten wollen mir erläutern, was auf mich zukommt. Die ganzen Feierlichkeiten, die ... äh, die ...“
„Die Probe natürlich, oh Hochwohlgeborener“, sprang der Robold ein und formte aus seinem Sprechschlitz einen Lächelschlitz.
„Wie? Was für eine Probe?“ Aldoro starrte den Robold entgeistert an.
„Die Probe, bei der Ihr inmitten von Feuersbrunst und Wasserfluten steht.“
Aldoro wurde bleich.
Skaia ereiferte sich: „Was soll das heißen? Kein Mensch kann im Feuer stehen, ohne zu verbrennen. Und im Wasser schwimmt man besser, wenn man nicht ertrinken will.“
„Oh Wertester, welch weise Schwester Ihr Euer eigen nennen dürft!“, lobte der Robold Aldoro, ohne Skaia auch nur eines Blickes zu würdigen. „Doch Ihr müsst wissen, der Siebenfache Sonnenkreis ist es, der Euch bei dieser Probe beschützen wird!“
Erleichtert atmete Aldoro auf.
Noch bevor Skaia einwenden
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