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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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konnte, dass der Sonnenkreis doch verschwunden war, drängelte der Robold: „Oh Wertester, wenn Ihr jetzt belieben würdet, mich zu begleiten!“
    „Dann komme ich aber auch mit!“, verlangte Skaia, obwohl sie keinen großen Wert auf ein Wiedersehen mit den Eingeweihten legte.
    „Oh Sonne Solterras“, sagte der Robold, und sein Lächeln kippte um in einen misslaunigen Bogen, „in all Eurer Weisheit werdet Ihr erkennen, dass nur der zukünftige Gute Herrscher an den Einweihungen teilnehmen kann.“
    Aldoro schien unschlüssig. Dann nahm er Skaia in den Arm und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich werde dir alles haarklein berichten. Und du mir dann auch ― versprochen?“
    Sie zögerte, doch dann nickte sie.
    Als er mit dem Robold aus dem Raum verschwand, rief er den beiden Wachrobolden, die Skaia hierher gebracht hatten und immer noch an der Tür warteten, zu: „Kümmert euch um meine Schwester, damit es ihr an nichts fehlt.“ Es klang fast wie der Befehl eines richtigen Herrschers, dachte sich Skaia und fühlte einen seltsamen Stolz in sich aufsteigen.

 

Erst jetzt bemerkte Skaia, wie riesig das Zimmer eigentlich war. Da hätte ihre Wohnung mindestens fünfmal hineingepasst. Es gab Tische in verschiedenen Größen: einen schmalen, langen, der an der Wand stand und gespitzte Bleistifte sowie einige Stapel Papier bereit hielt, einen kleinen, grazilen, auf dem man höchstens ein paar Teetassen abstellen konnte, einen mächtigen, dunklen, an dem zweifellos ein mehrgängiges Menü für zwölf Personen hätte aufgetragen werden können, einen niedrigen mit Glasplatte, an den sich ein Sofa schmiegte, das mit Kissen in allen Farbschattierungen der Sonne geradezu überfüllt war. Was Skaia mit den vielen Tischen anfangen sollte, war ihr nicht klar. Besuche empfangen? Aber es wollte sie ja nie jemand besuchen. Obwohl: In die Burg würden wohl selbst diejenigen kommen, die Skaia sonst nicht beachteten.
    Nein, sie würde keinen einzigen einladen! Lieber setzte sie sich selbst jeden Tag auf einen anderen Stuhl, um alles ganz alleine zu genießen! Insbesondere den breiten Sonnenstrahl, der durch die großen Fenster herein- und direkt ins Wasser eines üppig verzierten Brunnens fiel, der die Mitte des Raumes für sich beanspruchte. Über der muschelförmigen Brunnenschale erhob sich, in kühnem Schwung aus Stein gemeißelt, eine Welle, auf deren Spitze ein Schifflein ins Irgendwo segelte. Die Goldfische, die aus der Welle sprangen, spien Wasser, als Skaia näher trat. In lauter kleinen Regenbogen funkelte das Sonnenlicht durch die plätschernden Strahlen. Allerdings röhrte es gleichzeitig im Sockel des Brunnens so unanständig, als drohten die darin befindlichen Wasserleitungen, etwas Übles auszuspeien.
    An das „Tischeundfischezimmer“, wie Skaia den Raum taufte, schlossen sich ein Schlafraum mit Himmelbett an, ein Bad mit goldenen Wasserhähnen, eine Toilette mit goldener Klobrille und eine Kammer, deren Einrichtung nur aus einer Schrankwand bestand. Als Skaia die erstbeste Tür öffnete, war ihre Verblüffung groß. An einer langen Garderobenstange hingen ihre sämtlichen Kleider. Während sie zu Hause die alte Garderobenkiste komplett ausgefüllt hatten, wirkten sie hier verloren. Hinter den nächsten Türen entdeckte Skaia noch mehr ihrer Habseligkeiten: die Tierbilder, den Quagga-Schädel, das Mobile mit den Trockenpflanzen und die beiden Pappkartons voller Fotos, die Skaia mit Aldoro und ihren Eltern zeigten. Außerdem Bücher, Hefte, Stifte und Hilfsmittel für den Unterricht bei Klirr und den anderen Erziehern. So wie die Sachen vor ihr in diesem hohen Ungetüm von Schrank lagen, wirkten sie mickrig. Skaia verspürte überhaupt keine Lust, ihre Habseligkeiten in den Zimmern zu verteilen. Sie wusste ja noch gar nicht, ob sie tatsächlich hier bleiben wollte. Ausgesucht hatte sie es sich nicht.
     
    Nachdem sich Skaia geduscht und umgezogen hatte, war sie bereit zu erkunden, was die Burg alles bot.
    Die beiden Robolde standen immer noch vor der Tür. „Auch gut“, dachte sich Skaia im Vorbeilaufen. „Los, ihr könnt mich führen! Wo geht es da hin?“, rief sie und freute sich am mächtigen Hall, den ihre Worte verursachten.
    Die Kniescharniere der Robolde knirschten. Offensichtlich hatten sie wenig Übung im Laufen. Sie marschierten immer nur. „In Bibliothekstrakt“, antwortete der eine.
    Und der andere rief: „Du warten!“ Aber Skaia dachte gar nicht daran. Sie sprang schnell weiter, bog um eine Ecke,

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