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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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darauf „Alte Bibliothek“. So hätte sich Skaia den Eingang zur Sonderabteilung, die Fräulein Martha erwähnt hatte, nie vorgestellt. Aber es war eindeutig. Neben dem Buch fand sich eine Magnetfläche, auf die Skaia Klirrs Ausweiskarte legen konnte. Über der Magnetfläche leuchtete warnend eine rote Schrift auf: „Eintritt für Jugendliche unter 18 Jahren verboten!“ Skaia ärgerte sich. Bis 17 musste man sich andauernd mit irgendwelchen Verboten herumschlagen, aber mit 18 konnte man gleich Guter Herrscher werden. Was für dumme Regelungen! Skaia legte die Karte so lange auf der Fläche, bis sich das große Buch zu bewegen begann. Es schlug seinen Deckel auf und offenbarte einen hohen Durchgang.
    Bei aller Eigenart dieser Tür hatte Skaia dahinter wieder die bekannten Regale erwartet. Doch sie wurde überrascht von Büchern aus Holz. Das einzige, was sie mit den Regalen gemeinsam hatten, war ihre Höhe. Über den Raum verteilt waren es bestimmt ein Dutzend. Aber wo steckten die richtigen Bücher? Die, die vor neugierigen Blicken geschützt wurden? Die, die ihr mehr verraten würden über die Königin der Nacht und was sie, Skaia, mit ihr zu schaffen hatte?
    „Sie ist diejenige, von der das Orakel spricht“, hallte es immer noch in Skaia nach. Sie konnte mit dem Satz nicht viel anfangen, aber sie hatte ihn auch nicht vergessen. Irgendein Geheimnis lag über ihr, von dem sie selbst keine Ahnung hatte.
    Hinter dem hintersten der hölzernen Bücher stieß Skaia auf einen mannshohen Globus. Seine obere Hälfte war hochgeklappt und gab den Blick frei auf Szenerien im Modellformat, die Skaia bekannt vorkamen. Sie konnte die drei Tempel, an denen sie gestern gescheitert war, ausmachen, kleine Kulissen, die den Sonnensaal und einen Raum mit Springbrunnen darstellten, die Burggärten samt Sphinx, aber auch eine Säulenhalle und eine felsige Gegend, die es in Solterra nicht gab. Zwischen den Felsen, den Säulen, den Bäumen und Tempeln standen Figuren. Offenbar waren sie so konstruiert, dass sie sich auf Pfaden bewegen konnten, die sich als Schlitze durch die Landschaft zogen. Der ganze Globus war ein komplizierter Automat. Skaia fand sogar das Gewindeloch, in das man den Schlüssel zum Aufziehen stecken konnte. Wenn es denn einen Schlüssel gegeben hätte.
    Kein Schlüssel, keine Vorführung. Aber wahrscheinlich war das Ganze sowieso nur eine mechanische Lobhudelei auf die Eingeweihten und ihr Reich. Denn da standen sie alle en miniature vor dem Weisheitstempel, in ihrer Mitte ein älterer Mann mit einem winzigen Sonnenkreis um den Hals. Skaia konnte es sich nicht verkneifen und tippte mit dem Finger gegen den Eingeweihten, der am weitesten vorne stand.
    „Bewahret euch vor Weibertücken, dies ist ...“
    Erschrocken sprang Skaia zurück. Die Figur hatte gesprochen und ihren Kapuzenkopf bewegt. Jetzt stand sie wieder still, als ob nichts gewesen wäre. Als ob sie zeigen wollte: Es gibt gar keinen Grund zu erschrecken, ich bin nur eine mechanische Figur, und wenn du mich nicht schubst, dann tue ich auch nichts!
    Skaia versuchte es ein zweites Mal. Erneut wackelte der kleine Eingeweihte mit dem Kopf. „... des Bundes erste Pflicht! Manch weiser Mann ...“, gab er diesmal von sich, bevor seine Bewegung wieder verendete und seine Stimme verstummte.
    Neugierig wandte sich Skaia den anderen Figuren zu. Was war der Mann im Federkleid für einer? Als Skaia ihn vorsichtig anstupste, gestikulierte er wild mit den Armen und krähte: „Diesen Baum da will ich zieren, mir an ihm den Hals zuschnü...“ Nein, das war auch nicht besser. Ein blasser junger Mann brachte nicht mehr als ein seufzendes „Ah“ zu Stande, und eine junge Frau warnte wankend: „Dein warten tödliche Gefahren. Dein warten tödliche Gefahren ...“ Eigentlich hatte Skaia keine Lust mehr, sich noch mehr über Tod und Verderben anzuhören. Aber die vier Damen, die sich in der seltsamen Felsengegend versammelt hatten, reizten sie doch noch. Drei von ihnen standen wie ein Schutzschild um die vierte herum, die, in dunkles Tuch gehüllt, erhöht auf einem Felsen thronte. Hinter ihr eine dunkelblaue Scheibe, in die zahllose kleine Lämpchen eingesetzt waren. Diese Figur wirkte so unnahbar, dass Skaia zunächst die Finger von ihr ließ und erst einmal die drei anderen weiblichen Gestalten anstupste. Sofort fielen sie einander lallend ins Wort: „Die Ankunft unserer Königin.“ „Sie kommt.“ „Sie kommt.“ Mitten hinein rumorte es aus dem Inneren des

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