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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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Globusses. Und plötzlich, ohne dass Skaia irgendetwas getan hätte, ruckelte die Frau unter dem Lämpchenhimmel. Würgend entrang sich ihrem Mund: „Der Hölle Rache kocht in meinem Her...“ Ein Röcheln, doch dann kam umso klarer: „Tod und Verzweiflung flammet um mich her ...“ Ein hässliches Schleifgeräusch übertönte die Worte der Frau, bis ein hartes, metallisches Klacken beides auf einen Schlag beendete. Skaia starrte die Frau im dunklen Tuch an. Wenn das eine „Königin“ war, wie die drei Damen angekündigt hatten, und wenn der Himmel um sie herum so finster war, konnte es dann sein, dass sie ... die Königin der Nacht war?
    Am Ende stand Skaia vor jenem Automaten, auf dem einst der Kapellmeister gesessen hatte. Dessen Schlüssel er war. Warum musste alles so verwirrend sein? Sie wusste einfach zu wenig über die Geschehnisse in der Dunklen Zeit. Und ohne den Kapellmeister würde ihr auch der Globus nicht weiterhelfen. Aber was war mit den riesigen Holzbüchern?
    Sie hatten alle eine Art Verschluss. Auf Skaias Augenhöhe waren die beiden Buchdeckel jeweils mit einem metallenen Bügel zusammengehalten. Am hinteren Buchdeckel waren die Bügel mit einem Scharnier fest angeschraubt. Aber mit dem vorderen waren sie geradezu banal verbunden. Die Bügel hatten jeweils ein Loch, in das ein knubbeliger Metallknopf eingerastet war, der aus dem Rand des vorderen Buchdeckels herauswuchs. Theoretisch musste Skaia nur die Knubbel aus den Löchern herausdrücken. Praktisch war das aber ein Problem, denn alle Knubbel, die Skaia untersuchte, saßen furchtbar streng. Doch sie gab nicht auf. Sie hielt die Luft an, drückte, presste, schob und stemmte sich schließlich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den Knubbel irgendeines der Bücher. Mit einem lauten Quietschen schnappte der Verschluss auf.
    „Aaau“, schrie Skaia. Allerdings mehr aus Schreck, weniger, weil sie sich wehgetan hatte. Gerade noch rechtzeitig hatte sie ihre Hand zurückgezogen, bevor sie sie böse einquetschte.
    Skaia konnte den Deckel aufziehen. Und siehe da: Hier standen die Bücher, von denen Fräulein Martha gesprochen hatte. Die Holzbücher waren nichts anderes als verschlossene Regale, in denen sich mächtige Schwarten und dünne Bändchen mit braunen, beigen und schwarzen Einbänden drängten. Viele waren aus dem Leim gegangen, manche hatten sogar ihre schützenden Buchdeckel verloren und wirkten kaum anders als Papierstapel, die von Fäden zusammengehalten wurden. Auch von Ordnung konnte in diesem Regal keine Rede sein. Kreuz und quer waren die Titel gestapelt, derart waghalsig neben- und übereinander, dass Skaia sich wunderte, warum ihr nicht gleich alles entgegenfiel. Sie musste ein Husten unterdrücken, so staubig war es hier. Offenbar hatte sich jahrzehntelang niemand um das Innenleben der Holzbücher gekümmert. Wahrscheinlich wollte Fräulein Martha vermeiden, dass irgendjemand sah, wie schlampig diese Regale eingeräumt waren, und ließ deswegen kaum einen hier herein. Thematisch konnte Skaia keinerlei Zusammenhang zwischen den einzelnen Büchern feststellen, als sie die einzelnen Titel entzifferte. Von manchen musste sie erst den Staub wischen. Andere waren üppig geschwungen oder in einer altertümlichen Schrift gesetzt: „Das Irrlicht meines Herzens ― Roman“, „Zwölf Feinde müsst ihr sein“, „Bist du mir Tag, bin ich dir Nacht ― Gedichte“, „Im Traumreich der Trollkirsche“, „1000 Jahre sind ein Tag ― Die Geschichte der alten Eiche“, „Das Labyrinth oder der Kampf mit den Elementen ― der zweite Teil der Zauberflöte“, „Die schlimmsten Witze vom Nachtwächter Lampe“ ... Einiges klang verlockend, einiges verrückt. Aber nichts klang so, dass Skaia hoffen konnte, Antworten auf ihre Fragen zu finden. So entschloss sie sich, ein zweites Regal in Augenschein zu nehmen.
    Sie ruckelte an weiteren Verschlüssen. Alle waren fest eingehängt. Doch als sie die beiden Holzbücher musterte, die sich am nähsten an der Eingangstür der Alten Bibliothek befanden, traute sie ihren Augen kaum. Da war einer der Bügel nicht verschlossen. Nur angelehnt an den Knubbel.
    In diesem Regal sah es nicht viel anders aus als im vorigen. Dennoch gab es einen entscheidenden Unterschied. Auf zwei Stapeln lagen obenauf Bücher, die vor kurzem jemand in der Hand gehabt haben musste. Zumindest war der Staub von ihren Umschlägen abgewischt worden. Das eine war die gut 300-seitige Beschreibung eines Festes am Hofe von L’una und

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