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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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schenkt uns die richtige Eingebung.“ „Genau!“
    „Ach, der Sonnenkreis?“, rief Aldoro, raffte den wallenden Herrschermantel und eilte durch das Treppenhaus zur großen Tür des Sonnensaals. „Warum hängt er dann dort in seinem Kasten, wenn wir ihn so dringend brauchen?“
    Mit missmutigem Gegrummle folgten ihm die Eingeweihten. Als Aldoro die Tür aufriss, zischte Streng: „Das ist nicht sehr weise, was du tust.“
    „Besonnenheit ist das Gebot der Stunde!“, quietschte Schrill erregt.
    Düster war neben Aldoro getreten. Er überragte ihn um Haupteslänge. Sein Mund blieb stumm, aber seine Miene sagte alles. Die Eigenmächtigkeit Aldoros passte ihm nicht. Ganz und gar nicht.
    War es Düsters warnender Blick, die Aldoro davon abhielt, in den Sonnensaal zu stürmen und den Sonnenkreis zu holen? Skaia war sich nicht sicher. Plötzlich wandelte sich Aldoros Miene in pures Erstaunen. Und in der Tat: Aus der geöffneten Tür drang nicht allein das Licht der alles überstrahlenden Sonne. Ein Schatten fiel auf Aldoro und die Eingeweihten.
    „Was macht der denn da?“, schallte es dem Schatten schrill entgegen.
    „Wer hat ihm den Zugang zum Sonnensaal gestattet?“, wollte Streng wissen.
    Düster erstarrte, die anderen tuschelten aufgeregt durcheinander. Als der Schatten aus dem Saal trat, stockte Skaia der Atem. Es war Klirr. In seinen Händen hielt er den Sonnenkreis.
    Wenn sich Skaia bei etwas Verbotenem ertappt fühlte, gelang es ihr meistens, ein besonders unschuldiges Gesicht aufzusetzen. Klier machte es genauso. Mit sanfter Stimme, die ihn einige Überwindung kosten mochte, hielt er Aldoro den Sonnenkreis entgegen. „Ihr solltet ihn unbedingt tragen in diesen verwirrenden Zeiten. Ich war gerade auf dem Weg, ihn Euch zu bringen!“
    Den Eingeweihten schien die Luft wegzubleiben vor so viel Frechheit. In Skaia blitzte die Hoffnung auf, dass Klirr zukünftig nicht mehr unbeaufsichtigt durch die Burg marschieren durfte. Ja, jetzt stellte sich heraus, dass man Klirr am besten gleich in der Zelle gelassen hätte. Wer wusste schon, was er mit dem Sonnenkreis tatsächlich vorgehabt hatte? Auch wenn er ihn im Angesicht der zwölf Männer Aldoro überreichte, der ihn sich mit einem unzufriedenem Seufzen um den Hals hängte.
    „Und jetzt?“, fragte er in die Runde der weisen Männer.
    Streng antwortete: „Wie wir gesagt haben. Wir geben dem Volk eine Erklärung.“
    „Im Glanze des Sonnenkreises“, ergänzte Schrill.
    „Das wird sie beruhigen“, prophezeite Düster, und seine Stimme sackte so weit nach unten, dass es Skaia schüttelte.
    Aldoro schien es ähnlich zu gehen. Dennoch meinte er: „Na, wenn die Leute nur beruhigt sind. Alles andere wird sich finden ... Der Sonnenkreis hilft uns ja, oder?“
    Einige der Eingeweihten nickten aufmunternd, obwohl Aldoro hämisch geklungen hatte. Dann wallten sie in ihren weiten, weißen Gewändern zurück in das Audienzzimmer. Aldoros Adjutant und der Verwaltungsdirektor, die in gebotenem Abstand von der Treppe aus die Szene mitverfolgt hatten, eilten ihnen hinterher. Klirr nutzte die Chance, dass ihn niemand weiter zur Rede stellte, hastete die Treppe hinab und verschwand.
    Das Treppenhaus war wieder leer. Nur Simpel und Gimpel polierten noch immer die Figuren. Skaia kam hinter ihrem Gelehrten hervor und sprang die Stufen nach oben. Simpel und Gimpel folgten ihr mit wehenden Tüchlein.
    Der Raum direkt neben dem Audienzzimmer war leer. Immer wieder gab es das in der Burg. An hochherrschaftliche Räume, die für bedeutende Zeremonien genutzt wurden, schlossen sich solche an, für die man offensichtlich seit Jahrzehnten keine Verwendung mehr hatte. Vielleicht sogar seit Jahrhunderten. Von hier aus wollte Skaia mit ansehen, wie Aldoro und die Eingeweihten sich aus der Affäre zogen. Die Türen schloss sie hinter sich, denn auf Simpel und Gimpel konnte sie dabei gut verzichten.
    Das Fenster ließ sich problemlos öffnen, auch wenn Skaia dabei einige Spinnennetze zerstörte. Ein paar Fäden wehten ihr ins Gesicht. Unwirsch streifte Skaia sie mit dem Hemdsärmel ab.
    Auf dem Platz vor der Burg stand eine große Menschenmenge. Und wie der Verwaltungsdirektor gesagt hatte: Es stießen immer noch Leute dazu. Von allen Seiten drängten sie auf den Platz. Die meisten in gedeckten Anzügen oder in Kostümen und mit Aktenkoffern. Sie kamen direkt von ihrer Arbeitsstelle. Einzelne steckten in Blaumännern, trugen grüne Gärtnerschürzen oder weiße Schlachterkittel. Auch Kinder

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