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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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verschwunden, die Stimmen von Klirr und der aufgewühlten Menge waren verschwunden ― ganz Solterra war weg.
    „Falsch!“, wies die Katze Skaia zurecht. „Natürlich ist es noch da. Wenn es so einfach wäre, das Reich der Sonne in Nichts aufzulösen ...“
    „Dann?“, fragte Skaia, aber die Katze dachte gar nicht daran, ihr zu antworten.
    „Solterra ist nicht verschwunden, sondern du hast es nur verlassen. So wie du es gewollt hast.“ Aus dem Schnurren, das diesen Gedanken begleitete, glaubte Skaia so etwas wie ein Kichern herauszuhören. Aber es mochte Einbildung sein. „Und jetzt wird es Zeit, dass wir uns auf den Weg machen!“
    „Wohin?“, wollte Skaia wissen, obwohl sie die Antwort ahnte.
    „Zur Königin der Nacht natürlich, wohin sonst. Schließlich bist du die Prinzessin!“
    Skaia war völlig verblüfft. Doch zum Wundern ließ ihr die Katze kaum Zeit, denn wie damals im Totgesagten Park legte sie ein gehöriges Tempo vor. Skaia musste sich sputen, um sie nicht zu verlieren. Die „Prinzessin“ strich sie erst einmal aus ihrem Kopf. Denn sie wusste nicht, wohin eine Unterhaltung darüber führen würde. Sie hatte Angst, ihre Gedanken könnten der Katze verraten, dass sie nur mitgekommen war, um Yaho zu finden.
    Mittlerweile hatten sich Skaias Augen so an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie den Pfad erkennen konnte, auf dem sie durch die düstere Gegend wanderten. Anstrengend war es trotzdem. Egal, wohin sie blickte: Überall hatte sie das Gefühl, die Schatten riesiger Wände lägen auf ihr. Immer wieder griff sie mit den Händen in das unbekannte Schwarz. Sie bekam nur Luft zu fassen, die sich nicht anders anfühlte als unter der Sonne auch. Was sie in den ersten Momenten besonders verwirrt hatte, waren die Farben gewesen, vielmehr das Fehlen der Farben. Gut, die Augen der Katze leuchteten immer noch bernsteingolden, aber ihr Fell war nicht mehr weiß, sondern schwarz. Die Büsche schmückten sich nicht mit fröhlichem Grün, und die Bäume wetteiferten nicht um den wärmsten Braunton der Rinden. Eher schienen sie grau wie die Felsen. Doch je länger Skaia der eilig trippelnden Katze hinterherlief und je öfter sie die vorbeistreifenden nächtlichen Gewächse beachtete, umso sicherer war sie: Alle hatten eine richtige Farbe, man musste nur genau darauf achten. Auch hier hatte jeder Busch sein eigenes Grün und jede Rinde ihr eigenes Braun, auch wenn alles dunkler wirkte als in Solterra. Bloß das Schwarz des vorauseilenden Katzenkörpers änderte sich nicht, selbst als Skaia aufholte und sich, soweit es im Laufen eben ging, forschend hinunterbeugte. Vom Weiß der Katze war kein einziges Härchen mehr übrig.
    Hatte Skaia dieses Gehetze zunächst an ihren Ausflug in den Totgesagten Park erinnert, musste sie allmählich zugeben, dass es dort viel angenehmer gewesen war. Zum einen schien diese Tour durch die Nacht schier endlos zu werden, und zum anderen hatte sie den Eindruck, dass sie nicht alleine mit der Katze war. Sicher, sie befanden sich in einem Wald, und sogar Skaia als Stadtkind wusste, dass es im Wald Tiere gab. Aber waren es wirklich Tiere, die immer wieder rechts, links, vor oder hinter ihnen auftauchten? Mal erschien es ihr, als hätte sie ein kleines Männchen mit roter Mütze gesehen ― sein langer Bart wehte hinter dem Stamm hervor, den es sich flugs als Versteck gesucht hatte. Mal kauerte hinter einem Felsen ein Vogel, so groß wie ein Kind. Etwas anderes kletterte dank seiner vielen Arme behände ins Geäst einer rauschenden Trauerweide. Die Silhouette eines spindeldürren, in Fetzen gekleideten Mannes tanzte wie ein Verrückter im Kreis herum und sang dazu mit heiserer Stimme vor sich hin.
    „Butzemänner und andere zweifelhafte Wesen“, dachte die Katze Skaia zu. „Was sich eben alles so herumtreibt in dieser Gegend. Ist nicht die feinste. Aber der Weg führt hier durch, da kann ich nichts machen.“
    Beruhigend war das nicht. „Ist es denn noch weit?“, wollte Skaia wissen. Zwar hoffte sie, dass es noch eine Weile dauern würde, bis sie an die Pforten des sicher mächtigen Königinnenpalastes kamen, denn noch hatte sie keine Vorstellung, was dort auf sie zukäme und wie sie ihre Pläne verwirklichen sollte. Aber allmählich glaubte sie, jeden Knochen zu spüren. Sie war es nicht gewohnt, stundenlang zu laufen.
    „Das Reich der sternflammenden Königin ist keine Spielzeuglandschaft, die man mit zwei, drei Schrittchen durchqueren kann. Wenn du meinst, das sei ein

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