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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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fürchten sich davor, dass sich dieses ominöse Orakel erfüllen könnte, wenn ich frei herumliefe. Vielleicht, weil die Katze meinte, ich solle mit ihr ins Reich der Nacht kommen.“
    „Oh“, staunte Aldoro. „Aber das Reich der Nacht ist vor langer Zeit untergegangen.“
    „Das glaube ich nicht. Einige der Eingeweihten haben Andeutungen gemacht, dass Yaho dorthin verschwunden sein könnte. Angeblich, um die Königin der Nacht zu suchen. Wenn das stimmt, dann muss ihr Reich noch existieren. Und ― weißt du was?“ Mit einem Mal hatte Skaia eine Erleuchtung. „Kannst du nicht heimlich einen Trupp Robolde ins Nachtreich schicken, damit sie Yaho einfangen und zurückbringen?“
    „Und dann?“
    „Und dann muss Yaho wieder Guter Herrscher werden. Und weil er den echten, mächtigen Sonnenkreis hat, können auch die Eingeweihten nichts dagegen machen.“
    Für Aldoro war Skaias genialer Vorschlag offenbar zu schnell gewesen. Er schien nicht zu begreifen, dass sie nur so wieder in ihr früheres Leben zurückkehren konnten. Also erklärte sie es noch einmal von vorn. Bis sie ein nachdenkliches Nicken erntete. Er würde es versuchen.

 

Merks war der erste, der sich ereiferte.
    Von seiner Krankheit halbwegs genesen, hatte er mit dem Thema „Korrektes Verhalten in Notfällen“ begonnen. Wenn Skaia die Regeln richtig verstand, die sie in ihr Heft diktiert bekam, hatte sie alles falsch gemacht, als sie der Katze hinter die hohe Mauer gefolgt war, um sie zu „retten“. Korrekt wäre es gewesen, erst den Bezirksbeauftragten zu informieren. Natürlich hätte sie während der Schlafenszeit auf dem Amt höchstens den Abendrobold angetroffen, der das Problem erst am nächsten Morgen hätte weitergeben können. Schließlich war es ja gar nicht vorgesehen, dass jemand um diese Zeit mit Notfällen ankam, denn es hatte ja jeder zu schlafen! So oder so ― der Bezirksbeauftragte war der richtige Mann, um zu beurteilen, bei welcher der zwölf Anstalten die Zuständigkeit für das Problem lag. Das wiederum schien Skaia einleuchtend, denn sie selbst hätte das nie sagen können. Weder die Ernährungsanstalt noch die Erziehungs-, die Wissenschafts-, die Güterproduktions-, die Güterverteilungs-, die Erbauungs-, die Lebenszeit- und schon gar nicht die Schlafförderungsanstalt schienen ihr passend. Die Heilanstalt wäre fürs Nageln gebrochener Knochen die richtige Anlaufstelle. Aber für die Suche nach einem abgestürzten Tier? Verwaltungsanstalt, Planungsanstalt, Gerechtigkeitsanstalt?
    „Es ist alles so einfach!“, stöhnte Merks und unterstrich auf der kleinen Schiefertafel, die er mitzubringen pflegte, das Wort „Bezirksbeauftragter“ so fest mit roter Kreide, dass sie quietschte. „Wenn sich die Leute wegen dieser Dunkelheiten jetzt direkt an die Anstalten wenden und manche sogar an die Burgpforten kommen, ist das völlig falsch! Sprächen sie bei den Bezirksbeauftragten vor, würden sie erfahren, dass es gar keinen Grund gibt zur Beunruhigung. Für alles haben die Experten eine vernünftige Erklärung! Für alles! Nur nicht dafür, dass es immer noch Menschen gibt, die das nicht verstehen. Was wollen sie denn mit ihren Ängsten? Die helfen doch nicht weiter!“
    Skaia hatte noch gar nicht bemerkt, wie verunsichert die Solterraner waren, seit es immer wieder Augenblicke der Dunkelheit gab. Und sie dauerten immer länger. Hatten sie zunächst wie das Gegenteil von grellen Blitzen den Sonnenschein schwarz zerrissen, dauerten sie inzwischen schon einige Sekunden. Mit Grausen erinnerte sich Skaia an ein Erlebnis im Keller ihres Wohnblocks. Ausgerechnet als Aldoro sie runtergeschickt hatte, um ein Glas Gurken zu holen, war über ihrem Kopf die Glühbirne im Strahler geplatzt. Bis Skaia tastend die Tür gefunden hatte, war sie so verängstigt gewesen, dass sie geschnauft hatte wie ein Taucher, dem die Luft ausging. So hatte sie sich nie wieder fühlen wollen, aber jetzt geschah dies täglich.
    Die Eingeweihten schienen sich auf die dunklen Momente eingestellt zu haben. Zumindest waren Lampen in der Burg aufgestellt worden. In den Wohnbereichen, in den Arbeitsräumen, in der Küche, in der Bibliothek. Sogar im Sonnensaal, hatte Simpel behauptet. Aber Skaia war sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte, als er meinte „Sonnensaal Lichter“. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass selbst dort, wo die Decke des Raumes aus purer Sonne bestand, in den Dunkelsekunden kein einziger Strahl mehr zu sehen sein

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