Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
Skaias Gesicht breitete sich zum ersten Mal, seit sie durch die Nacht eilte, ein Lächeln aus. Sollte sie den Dorfkindern zeigen, dass auch sie eine tolle Kletterin war?
„Bähhh!“ Wie auf Kommando streckten die Kinder ihre Zungen heraus.
„Da gibt es etwas.“ Die Katze trippelte auf ein Haus zu, über dessen Eingang ein Schild hing: „UNVERMEID-BAR“.
Skaia hatte keine Lust, noch mehr Dorfbewohner kennen zu lernen, doch ihr Magen rebellierte gegen den Gedanken, nicht einzutreten.
An der Tür stolperten ihnen zwei Männer entgegen. „Un’ ich wedde trotz’m, d’ss du nich’ bess’ sing’n kanns’ als du ... äh, ich“, lallte der eine.
„Wettetette gilt!“, schrie der andere und grölte eine Melodie, in die der erste einfiel. Obwohl sie viel lauter waren als vorhin der Bucklige, öffneten sich keine Fenster. Die beiden waren wohl zu bekannt, als dass sich noch jemand für sie interessiert hätte.
„Die sind nicht von hier, sind gar nicht von hier“, plärrte der Bucklige Skaia und Lunetta hinterher, als sie eintraten. Glücklicherweise blieb er draußen auf der Straße.
Es wäre für ihn auch anstrengend geworden, mit seinem Geschrei gegen den Lärm, der drinnen herrschte, anzukommen. Auf dem Weg zu einem freien Tisch wurde Skaia von einem Musikanten-Quartett angerempelt. Sie trugen über den Köpfen ein Instrument, das am vorderen Ende Tasten hatte, am hinteren Knöpfe und dazwischen einen langen Blasebalg. Die vier bewegten sich voran wie ein Wurm. Blieb der erste stehen, während er weiter in die Tasten griff, drängten die drei hinteren so weit nach, bis sich der Balg ganz zusammengefaltet hatte. Dann spazierte der erste wieder los und zog das Instrument so weit auseinander, dass Skaia dachte, es würde zerreißen. Gerade rechtzeitig rückten aber die anderen wieder nach. Der Hintermann drückte dabei mit angestrengter Miene seine Knöpfe. Was sie spielten, klang sehr bewegend.
Bei vielen der Gästen rollten Tränen über Wangen. Ein Mann mit grüner Jacke und grünem Hütchen schluchzte hemmungslos. Ein klappriger Alter, der auf einem Barhocker am Tresen saß, hustete, fast im Takt. Zwei Frauen, die in einer Ecke saßen und aus deren Stirnen Geweihe wuchsen, schwenkten die Arme und riefen „Ola, Ola“.
Erst wunderte sich Skaia, wieso es in der Bar heller war als draußen. Dann, als sie an einem Fenster Platz nahm, staunte sie. Die Scheiben ließen das Mondlicht nicht einfach durch, sondern waren so gebogen, dass sie es sammelten und verstärkten. Wie überdimensionale Lupen zogen sie den Silberschein herein.
Kaum saß Skaia, stand neben ihr, wie aus dem Erdboden gewachsen, eine Frau mit langen, blauschwarzen Haaren.
„Was darf’s sein?“, wollte sie wissen. „Wir haben heute Toffelwoche.“ Sie sah Skaia auffordernd an.
Skaia gab den Blick zurück, sodass die Frau seufzte und ergänzte: „Also, wir haben Trüffeltoffeln, Müffeltoffeln, Tarantoffeln, Quarantoffeln, Logotoffeln, Gogotoffeln, Pantoffeln, Banntoffeln, Kartoffeln und natürlich Narrtoffeln. Als Brei, als Salat, als Taschen oder Puffer.“
Kartoffeln fand Skaia langweilig, und die anderen Toffelsorten kannte sie nicht. „Gibt es nur Toffeln? Oder auch etwas anderes?“
„Mondbohnen gibt es auch.“
Skaia entschied sich für Kartoffelbrei mit einem kleinen Trüffeltoffelsalat.
Doch als die Frau wenige Minuten später ein Schälchen Wasser für Lunetta brachte, verkündete sie: „Kartoffeln sind aus.“
„Ich nehme auch irgendetwas anderes. Egal was, nur keine Mondbohnen.“ Sollte es mit dem Essen noch lange dauern, würde ihr Magen selbst die Musiker übertönen, die sich gerade vor Skaia und Lunetta aufbauten. Die Männer hatten lange graue Bärte, die Frau trug ein Kleid mit einem gelb-violetten, üppigen Blumenmuster.
„Sollen wir für euch aufspielen?“, fragte die Sängerin.
Skaia wollte nicht unhöflich sein, kannte aber keine Lieder, die sie sich hätte wünschen können. Fragend sah sie Lunetta an. Die schlabberte ihr Wasser und schaute nicht einmal hoch.
„Der Bucklige hat gesagt, ihr seid nicht von hier“, hakte die Sängerin nach.
„Stimmt.“
„Woher kommt ihr denn?“
„Aus Sol...“ Weiter kam Skaia nicht.
„Das geht keinen was an“, zischte die Katze ihr zu.
Aber es war zu spät. Der Tastenspieler zog die buschigen Augenbrauen hoch und pfiff leise durch die Zähne. „Oh, das ist selten. Aus Solterra ...“
„Ey, Ola, sing wieder“, kreischten die beiden Frauen aus der
Weitere Kostenlose Bücher