Prinzessin Kate
Maurice und Lionel waren im Krieg gefallen. Nun beobachtete Olive voller Betrübnis, wie ihr Vater, niedergedrückt vor Kummer über den Verlust seiner Frau und seiner drei Söhne, immer schwächer wurde. Fünf Monate später starb er, wohl an einem gebrochenen Herzen. Seine Tochter erbte ein beträchtliches Vermögen, was aber ihre Trauer nicht minderte.
Olive ertrug die vielen Schicksalsschläge mit stoischem Gleichmut. Schließlich war sie vom Glück begünstigt. Sie war vermögend und verheiratet – in der Nachkriegszeit wahrlich eine Leistung –, und ihr Mann Noel war auch unversehrt von den Schlachtfeldern in Frankreich heimgekehrt, wo er als Fahrer für das Royal Army Service Corps gedient hatte.
Der einzige andere Verwandte, der so viel Glück gehabt hatte, war ihr Cousin Hugo, ein ehemaliger Schüler der Wellington School und des Trinity College, der für seinen Einsatz in Frankreich mit einem Military Cross ausgezeichnet worden war. Am 17. Juli 1920 heiratete er Joyce Ransome, die Tochter von Professor Cyril Ransome von der Universität Leeds, einem Freund der Familie, der aus Far Headingley stammte. Ihr Bruder Arthur gelangte ein Jahrzehnt später zu Ruhm, als Der Kampf um die Insel , der erste Band seiner Kinderbuchreihe, veröffentlicht wurde.
Nach dem Krieg verließ Noel die Anwaltskanzlei W. H. Clarke, Middleton & Co. in South Parade, Leeds, um in Olives Familienunternehmen, William Lupton & Co., als Kassierer zu arbeiten. Olives Schwester Anne, die unverheiratet war, hatte gehofft, die Rolle ihres Bruders in der Firma zu übernehmen, wurde jedoch zurückgewiesen, weil sie eine Frau war.
Als Olive am 29. Juni 1923 ihr viertes Kind zur Welt brachte, eine Tochter namens Margaret, die auf den Spitznamen Moggy hörte, war das Glück des Paares vollkommen. Gemeinsam sorgten Olive und Noel für ein sorgenfreies Familienleben. Fair-field – eine prachtvolle edwardianische Villa in der Park Ave-nue 12, einer exklusiven, mit Bäumen gesäumten Straße am Rand von Oakwood in der Nähe des Roundhay Park – war erfüllt von Stimmengewirr und Gelächter. Olive, sanft und freundlich, mit ausgeglichenem Wesen, war die geborene Mutter, und die Kinder entwickelten sich prächtig. Sie hatten eine Gouvernante, die sie zusammen mit Francis, ihrem Cousin zweiten Grades, dem ältesten Sohn von Hugo Lupton und Joyce Ransome, unterrichtete. Francis erinnerte sich in The Next Generation:
»Als ich das Schulalter erreichte, unterrichtete mich meine Mutter eine Zeit lang, doch später hatte ich zusammen mit meinen Cousins Peter und Margaret Middleton eine Gouvernante. Sie lebten in Oakwood, ungefähr fünf Kilometer entfernt, und ich erinnere mich noch genau, dass ich jeden Morgen von einem von Pferden gezogenen Milchwagen etwa zwei Kilometer weit mitgenommen wurde, während meine Mutter mir mit dem Rad hinterherfuhr.«
Noel begeisterte sich für Musik und war Vorsitzender des Northern Philharmonic Orchestra. Er organisierte zwischen den Kriegen viele Musikabende in Leeds. Er interessierte sich auch für Fotografie und liebte so wie seine Frau die Malerei.
Die gesamte Familie pflegte sich in Beechwood, dem alten Familiensitz der Luptons, zu treffen, auf dem Olives Vater mit seinen Brüdern Arthur, Charles und Hugh aufgewachsen war und der jetzt Arthurs Töchtern Elinor und Bessie, zwei ledigen Schwestern, als Heim diente.
Die Familie verbrachte viel Zeit auf dem Land. In den Sommerferien zeltete sie im Lake District oder wohnte in ihrem Ferienhaus in Kettlewell, einem der hübschesten Dörfer in den Yorkshire Dales.
Als sie sich im Sommer 1936 im Lake District aufhielten, wurde Olive nach einem Blinddarmdurchbruch mit einer Bauchfellentzündung ins Krankenhaus gebracht. Es gab Komplikationen, die am 27. September zu ihrem Tod führten, der ihren Angehörigen das Herz brach, denn Olive war erst 55. Sie hinterließ ein Treuhandvermögen von 52 031 Pfund für ihre Kinder. In jener Zeit war dies ein Vermögen, doch das Geld konnte Olives Kinder nicht über ihren Verlust hinwegtrösten. Peter war erst 16, als seine Mutter starb, und Margaret gerade ein Teenager. Eine weitere Generation von Lupton-Kindern musste sich ohne Mutter in dieser Welt behaupten. Olives Schwester Anne, die sieben Jahre jünger war und als Einzige von den Geschwistern noch lebte, wurde Noel eine Stütze und den Kindern eine gute Freundin.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die unverheiratete Anne nach dem Tod ihres Vaters und ihrer drei Brüder
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