Prinzessin oder Erbse
Während ich meine Nudeln esse, schiele ich zu ihm rüber. Er fand meinen Roman also gut. Nein, wie hat er es genannt? Großartig. Mein Herz beginnt vor lauter Freude über dieses Lob schneller zu klopfen. Jetzt ärgere ich mich über mich selbst, dass ich ihn nicht habe ausreden lassen. Vielleicht wären ihm ja noch mehr hübsche Superlative eingefallen, um mein geknicktes Autoren-Ego zu streicheln. Wieso musste ich ihn bloß unterbrechen, um ihn anzupflaumen?
»Und er gefiel dir also wirklich? Was gefiel dir denn daran?« Er sieht mich überrascht von der Seite an.
»Ist das jetzt ein Test? Willst du überprüfen, ob ich ihn wirklich gelesen habe?«
»Was? So ein Quatsch!«
»Ich habe ihn gelesen. Und fand ihn gut.«
»Gut?«, frage ich beleidigt, und er lacht.
»Na hör mal, ich habe dir doch eben schon gesagt, dass ich es großartig finde.«
»Schon. Aber da war ich zu abgelenkt davon …«
»… mich anzuschreien?«
»Genau. Ich konnte es gar nicht richtig genießen.«
»Na schön«, seufzt er übertrieben und wendet sich mir zu. »Versprichst du, mich nicht wieder anzupampen? «
»Versprochen.«
»Also dann: Dein Roman ist toll. Ich würde sagen, sogar noch besser als die ersten beiden. Du hast dieses Liebesdreieck so perfekt eingefädelt, dass man irgendwann selber nicht mehr weiß, zu wem man nun eigentlich halten soll. Irgendwie kann man sie alle verstehen. Und bei jeder Wendung leidet man mit, weil irgendjemand immer verliert.« Ich hänge wie gebannt an seinen
Lippen. »Ein paar Mal musste ich mich schwer zusammenreißen, um nicht loszuheulen.«
»Wirklich?«, frage ich glücklich.
»Schön, dass dich meine Tränen so erfreuen könnten«, grinst er ironisch. »Jedenfalls ist es ein tolles Buch, du bist eine begabte Autorin, und ich finde es eine Schande, dass du dein Talent damit vergeudest, erlogene Pressemitteilungen zu verfassen.«
»Wie bitte?«
»Vergiss nicht, was du versprochen hast«, erinnert er mich, und ich nicke, schließe meinen Mund wieder und beiße mir fest auf die Zunge. Auf keinen Fall darf mir wieder etwas über einen verwöhnten Soapstar rausrutschen, der offensichtlich nicht versteht, dass es Leute gibt, die in ihrem Berufsleben Kompromisse schließen müssen, um die Miete bezahlen zu können. »Andererseits bin ich sehr dankbar, dass du den Job angenommen hast, denn sonst hätte ich dich vielleicht nie kennengelernt. « Er gibt mir einen Kuss, und ich schmelze dahin wie Butter in der Sonne. Ja, ich bin auch richtig froh, dass alles so gekommen ist. »Darf ich nach dieser Lobhudelei noch eine klitzekleine kritische Anmerkung machen? Eigentlich ist es eher ein Vorschlag.«
»Ja?«
»Ich habe mich gefragt, warum deine Geschichten immer so traurig sind. Wieso schreibst du nicht mal ein Happy End?« Unwillig sehe ich ihn an.
»Wie meinst du das denn jetzt? Vor meinen Eltern hast du doch noch behauptet, es gefällt dir, dass ich mich für die dunklen Seiten des Lebens interessiere. Und in diesem Roman gibt es nun einmal kein Happy End. Ihr Ex hat Krebs im Endstadium. Er muss sterben.«
»Ich spreche ja auch nicht von einer Wunderheilung. Aber muss sie am Ende wirklich alles verlieren? Nicht nur ihre Vergangenheit, sondern auch noch die Zukunft? «
»Wie realistisch ist es denn, dass ihr Mann sie zurücknimmt, nachdem sie ihn betrogen hat?«
»Die Liebe verzeiht viel.«
»Das Leben ist aber keine Seifenoper.« Er hebt abwehrend die Hände.
»Jetzt lass uns nicht schon wieder streiten. Ich will dir nichts aufdrängen. Ich sage nur, dass ich, nachdem ich die Protagonistin durch die ganze Geschichte begleitet habe, sie gerne mit einem Funken Hoffnung für die Zukunft zurücklassen würde. Das ist alles. Aber es ist dein Roman und deine Entscheidung.«
»Genau. Und ich glaube nun einmal nicht an Happy Ends.« David legt mir seine warme Hand an die Wange und beugt sich zu mir herüber.
»Ich hoffe, dass ich dich vielleicht irgendwann vom Gegenteil überzeugen kann«, sagt er, bevor sich unsere Lippen treffen.
Die nächsten Wochen verlaufen harmonisch, zumindest, was unsere Beziehung betrifft, obwohl David und ich uns meiner Meinung nach noch immer zu selten sehen.
»Komm bloß nicht auf die Idee zu klammern«, warnt mich Julia, als ich ihr mal wieder mein Leid klage, »das mögen Männer überhaupt nicht.« Ich muss mir auf die Zunge beißen, um sie nicht zu fragen, woher ausgerechnet sie, die mittlerweile schließlich auch seit fast einem Jahr ohne festen Freund
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