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Prinzessin oder Erbse

Prinzessin oder Erbse

Titel: Prinzessin oder Erbse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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auch nur den Mund öffnen kann, hält er mir mit unbeweglichem Gesicht das BLATT von heute unter die Nase.
    »Lies vor«, fordert er mich zähneknirschend auf.
    »Nadja Reichert: Lesbisch«, lese ich die Titelschlagzeile. »Ach du Schande!« Erschrocken sehe ich ihn an. »Wie konnte das denn passieren?«
    »Genau das will ich jetzt von dir wissen!«
    »Von mir?«
    »Von wem denn sonst? Los, sag schon, wem hast du auf der Party im Suff von Nadja erzählt?« Ertappt zucke ich zusammen, und er sieht mich feindselig an. »Das habe ich mir doch gedacht.«

    »Moment mal, ich …«
    »Und was lesen wir morgen in der Zeitung? Hm? David ist ein Säufer? Telenovela-Star dem Alkohol verfallen? « Ich trete unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Natürlich nicht, ich …«
    »Weißt du überhaupt, was du getan hast? Nadja sitzt in ihrer Garderobe und heult. Vielleicht kannst du dir ungefähr vorstellen, wie ihre Eltern auf den Artikel reagiert haben. Und die Presse wird uns auseinandernehmen. Deine dämliche Racheaktion kann die gesamte Produktion in Gefahr bringen.«
    »Wieso sollte ich mich rächen wollen?«
    »Weil ich dich verlassen habe. Glaub mir, wenn ich gewusst hätte, wozu du fähig bist, hätte ich mich niemals mit dir eingelassen.« Er entreißt mir das BLATT und macht auf dem Absatz kehrt.
    »Jetzt warte doch mal.« Ich will ihm hinterherlaufen, um die Sache aufzuklären, bleibe aber, wie zur Salzsäule erstarrt, stehen, als ich sehe, wer da mit verschränkten Armen am Treppenabsatz steht und mich mit schief gelegtem Kopf anschaut.
    »Guten Morgen, Fanny«, wünscht mein Chef mir mit einem süffisanten Grinsen. »Das sind ja interessante Neuigkeiten, die ich hier so nebenbei erfahre.« Ohne ein Wort stürze ich an ihm vorbei. Jetzt ist es sowieso schon egal. Er wird mich ohnehin feuern, nachdem meine Beziehung zu David aufgeflogen ist. Aber zunächst einmal muss ich dem jetzt hinterher. Wie kann er glauben, dass ich so etwas tun würde? Aus Rache? Gerade will ich den Weg zu den Schauspielergarderoben einschlagen, als ein furchtbarer Verdacht in mir aufsteigt und ich mitten in der Bewegung innehalte.

    »Felix«, rufe ich schon von weitem, als ich ihn schließlich am anderen Ende des Studiogeländes mit seinem Fensterputzwagen entdecke.
    »Hey!« Er tippt mit dem Finger gegen seine Schiebermütze und grinst mich ein wenig verlegen an.
    »Hast du irgendjemandem erzählt, dass Nadja lesbisch ist?«, frage ich außer Atem und halte mir die Seite.
    »Was? Nein.«
    »Wirklich nicht?«
    »Natürlich nicht. Ich hatte es doch versprochen.«
    »Aber es steht heute im BLATT, und du bist der Einzige, dem ich es erzählt habe.«
    »Du glaubst, dass ich Nadja in der Presse geoutet habe? Warum sollte ich so etwas tun?«
    »Na, aus Rache.«
    »So etwas denkst du von mir?«
    »Ist doch egal, was ich von dir denke. Irgendjemand muss es gewesen sein. Und ich habe es nur dir erzählt.«
    »Ich war es aber nicht«, sagt er wütend und stellt seinen Eimer mit Putzutensilien heftig auf dem Boden ab, dass es nur so scheppert.
    »Wie konntest du das nur tun? Du hast alles kaputt gemacht«, werfe ich ihm vor und lasse ihn dann einfach stehen.
    »Sag mal, spinnst du jetzt total? Fanny, jetzt warte doch mal«, höre ich ihn rufen, aber ich sehe mich nicht noch einmal um.
     
    »Soso, Sie konnten es also nicht sein lassen.« Mit diesen Worten begrüßt mich mein Chef, als ich wenige Minuten später, zerzaust und mit verschmierter Wimperntusche, das Büro betrete.

    »Ich habe der Presse nichts von Nadja erzählt.« Erschöpft lasse ich mich auf meinen Schreibtischsessel fallen. »Bitte, das müssen Sie mir glauben.«
    »Davon spreche ich gar nicht«, sagt er scharf. »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt, dass Sie Ihre Schwärmerei für David im Zaum halten sollen. Oder etwa nicht?«
    »Doch.« Betreten sehe ich auf meine Schuhspitzen hinunter. Was nützt es jetzt noch, meine Beziehung zu David zu verteidigen? Soll ich meinem Chef sagen, dass ihn das gar nichts angeht? Dass es meine Privatangelegenheit ist? Wozu denn? Es ist sowieso vorbei. Vielleicht kann ich wenigstens meinen Job retten, indem ich jetzt klein beigebe und so etwas wie Reue zeige. Und die Beziehung zu David zu bereuen, fällt mir in diesem Moment nicht schwer. »Es tut mir leid«, sage ich gepresst. »Es war ein Fehler.«
    »Ich nehme an, er hatte seinen Spaß mit Ihnen und hat Sie dann abserviert.« Die Vorstellung scheint ihm ein diebisches Vergnügen zu bereiten.

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