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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Benedikt
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einmal wollte Emily sogar die Polizei rufen. »Wenn der kommt, gehst du auf dein Zimmer und rührst dich nicht. Verstanden?« Klar, verstanden. Der Typ glotzte sie sowieso an wie... na wie DAS eben. Ein Stück Fleisch mit einem Loch drin, nannte Hanna das, mit ZWEI, hatte Emily gekichert, nee, DREI – wieder Hanna.
    Noch weniger mochte sie Völkert, der auch einmal abends hier gewesen war und dessen schrille Stimme... Emily begann zu zittern. Vorhin hatte ihr Magen wieder einmal rebelliert, sie war aufs Klo gerannt, den Deckel hoch und gewürgt. Aber nichts war geschehen, der teure französische Käse, das frische Brot unten geblieben. Sie hatte eine Kopfschmerztablette genommen, obwohl sie keine Kopfschmerzen hatte. Jetzt lag sie auf dem Bett und dachte an Hanna. Genau jetzt würde die in der Scheune ihren Fuß durch den Duschvorhang strecken. Genau jetzt würde der Typ den Geruch einatmen als wäre es teures Parfüm oder sonst was, das man gerne roch. Aber das war ein Fuß! Ihr wurde schon schlecht bei dem Gedanken. Und dass Hanna alleine war, ganz alleine. Halb acht durch. Jetzt würde sie gleich anrufen. Hatte sie versprochen.
    Es wurde kurz vor acht und es war eine SMS. »komm zur scheune schnell, hilf mir!!!!!« Sie las es noch einmal und noch einmal. Zur Scheune, hilf mir. Es war fast ein Kilometer bis dahin, einen Feldweg würde sie nehmen müssen, ein Stück über eine Wiese, dann über den Acker laufen. Wäre auch am helllichten Tag übel genug, jetzt vor allem, wo dieser ganze Horror passierte. Aber NACHTS? Sie hatte eine Taschenlampe. Sie war noch angezogen.
    Nein, unmöglich. Sie musste die Polizei rufen. Hanna war in Gefahr. Nein, auch unmöglich, sie durfte die Polizei nicht rufen. Wen sonst? Mit Mum sprechen? Das auf gar keinen Fall.
    Sie stand auf, wankte, ihr Magen spielte ihr die Qualen vor, die im Fegefeuer, der Hölle gar auf sie warteten. Sie würde in die Hölle kommen, sie würden beide in die Hölle kommen, Hanna und sie, und es sah aus, als stünde Hanna kurz davor. Sie zog schnell Schuhe an, die alten, um die wäre es im Wald nicht schade. Suchte die Taschenlampe, gut, dass sie erst vorige Woche ihr Zimmer hatte aufräumen müssen. Öffnete leise die Zimmertür, horchte in den Flur, horchte nach unten, wo das Gemurmel des Fernsehers zu hören war. Jetzt musste sie nur noch unbemerkt nach unten kommen, in den Keller.

    *

    Das Hier-bin-ich der SMS weckte sie. Geträumt hatte sie nicht, schon gar nicht von sehr romantischen Situationen, in denen strahlende Helden kläglich versagten. »Letzte Chance! Wir müssen reden! Köhler!« Hatte vielleicht gar nicht so Unrecht. Die unsägliche Langeweile, die das Leben einer Provinzfotografin ausfüllte, hatte etwas für sich, jedenfalls kam es ihr im Moment so vor. Aber sie war noch benommen, sie gähnte und streckte sich, sah hinüber zu dem Haus. Unten brannte Licht, da mochte Emilys Mutter vor dem Fernseher hocken. Darüber, im Zimmer ihrer Tochter, brannte ebenfalls noch Licht.
    Und das erlosch jetzt. Die Kleine ging aber früh schlafen. Oder sie war hinunter gegangen, ein gemeinsamer Fernsehabend mit der Mama, musste auch mal sein. Carmen ließ den Motor an, der Wagen setzte sich langsam in Bewegung. Heimwärts, doch noch nachholen, worauf man sich gefreut hatte, auch Fernsehen, auch Chips, auch Langeweile.
    Carmen sah in den Rückspiegel. Vor dem Haus der Familie Schmitz huschte jemand über die Straße. Irgendwie war ihr an diesem Abend keine Langeweile vergönnt.

    *

    Geschafft. Sie zog den Kellertürschlüssel ab, steckte ihn in die Jackentasche. Das Stück bis zum Feldweg würde sie ohne Licht laufen müssen, wäre sonst zu auffällig. Hatte sie nicht eben das Geräusch eines Wagens gehört? Die Frau? Nein, da stand kein Auto. Sie huschte schnell über die Straße, zwanzig Meter nach rechts musste sie bis zur Sackgasse, die ganz durch, dann den Feldweg entlang, dann... Nein, hör auf daran zu denken.
    In der Schublade des alten Küchenschranks im Keller hatte sie das Messer gefunden, mit dem die Mutter die Salatköpfe im Garten abschnitt. Es war verrostet, aber es war lang und spitz. Es steckte jetzt in Emilys Jackentasche neben der Lampe, es würde ein Loch in den Stoff bohren, aber darauf kam es nicht an.
    Sie ging an den Häusern vorbei, schnell, aber nicht zu schnell. Hinter den Rollläden lachte, heulte, sprach es, die schauten alle fern. Gut, dass sie die Turnschuhe an hatte, die hörte man kaum. Immer näher kam sie dem Wald.

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