Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
angenehme Kälte breitet sich in deiner Seele aus, und du weißt, dass du das Richtige tust.
5. Kapitel
Die Nacht des Jägers
„Das sagen Sie mir jetzt bitte noch mal und schön langsam!“, forderte Frank Marwitz und wurde dabei so bleich wie die Wand.
„Es tut mir leid“, erklärte Berringer, wobei ihm bewusst war, wie hohl das in diesem Augenblick in den Ohren seines Gegenübers klingen musste. „Arno Schwekendiek hat sich Ihre 500 Euro genommen und dafür Drogen gekauft. Und irgendwie fand er es wohl besser, sich auf seinem Sofa gemütlich niederzulegen und sich den Goldenen Schuss zu setzen, als heute Abend hier in der Kaiser-Friedrich-Halle den wiederauferstandenen Michael Jackson zu mimen.“
Sie standen auf der Bühne, über die eigentlich das Double des King of Pop im Moonwalk zu den Klängen von „Billy Jean“ hätte dahingleiten sollen. Dieser Programmpunkt musste wohl oder übel gecancelt werden.
„Ich bin ja eigentlich gut im Improvisieren, aber wenn einem die Hauptattraktion so plötzlich abhanden kommt …“ Marwitz strich sich das Haar zurück, schloss für eine halbe Minute die Augen und atmete tief durch. Mit einem Schlag war eine zusätzliche Zentnerlast auf seine Seele geschichtet worden. Nicht nur, dass es da jemand auf sein Leben abgesehen hatte, nun ließ ihn auch noch der falsche Jacko im Stich, ohne dass es eine Möglichkeit gab, ihn so schnell noch zu ersetzen.
„Warum haben Sie mich nicht schon von unterwegs angerufen?“, fragte er Berringer.
Aber er erwartete keine Antwort, sondern griff zum Handy, klappte es auf und schloss es gleich wieder. Jetzt noch ein Jackson-Double besorgen zu wollen, war vollkommen sinnlos, und zumindest das sah Marwitz offenbar ein.
„Akzeptieren Sie es einfach und machen Sie das Beste draus“, riet ihm Berringer.
„Manchmal muss man das.“ Und in Gedanken fügte er hinzu: Es gibt noch ganz andere Dinge, die einem das Schicksal zumutet, als dass mal einer Show die Attraktion fehlt.
Aber diese Weisheit galt wohl nicht für die Welt des Showbusiness, deren Teil Marwitz so gern sein wollte. Dass er über das tragische Ende des Jacko-Doubles noch nicht mal Betroffenheit geheuchelt hatte, wunderte Berringer kaum. Für Marwitz zählte nur eins: der Auftritt.
„Ein supertoller Ratschlag ist das“, knurrte der Event-Manager, und sein Blick war in diesem Augenblick so giftig wie ein Cocktail aus wohlriechendem Schwefelwasserstoff.
„Ich schlage vor, Sie weihen den Veranstalter ein“, meinte Berringer.
„Ganz bestimmt nicht!“, murmelte Marwitz vor sich hin. Es klang beinahe wie eine Beschwörung.
Mark Lange und Vanessa Karrenbrock trafen ein.
„Was genau liegt an?“, fragte Lange, der die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans quetschte und sich dabei reckte. Der Umzug war wohl anstrengender gewesen, als der ehemalige Wachmann gedacht hatte.
„Na, jedenfalls musst du nicht schwer heben“, sagte Berringer.
„Auf der Fahrt hierher kam ein Interview mit dieser Staatsanwältin im Radio“, berichtete Vanessa, „dieser Müller-Westernhagen …“ Berringer machte eine wegwerfende Handbewegung. „Frau Müller-Steffenhagen.“
„Wie auch immer, sie wirkte sehr kompetent“, meinte Vanessa. „Und sie scheint entschlossen zu sein, in dieser Armbrustsache endlich durchzugreifen.“
„Na ja …“
„Am erstaunlichsten finde ich, wie bescheiden und professionell sie war. Ohne jede Eitelkeit, wie man das sonst ja durchaus erleben kann.“
„Ja, da kann man wirklich nur staunen“, murrte Berringer und dachte: So unterschiedlich kann man das also beurteilen. Aber vielleicht fehlte Vanessa einfach noch die nötige Lebenserfahrung, um das besser einschätzen zu können.
Der Andrang bei der Ü-30-Party war mittelmäßig. Woran das lag, vermochte Berringer nicht zu sagen.
„Vielleicht haben inzwischen schon zu viele mitbekommen, dass es ein Irrer auf Frank Marwitz abgesehen hat“, meinte Vanessa. „Das Publikum befürchtet, in die Schusslinie zu geraten. Und genau das beabsichtigt der Unbekannte wohl auch.“
„Ja, scheint so“, murmelte Berringer und ließ dabei den Blick über die Gäste schweifen. Die Stimmung war einigermaßen ausgelassen. Es lief die Musik der Achtziger, von Michael Jackson bis zur Neuen Deutschen Welle war alles dabei, was damals im Radio gelaufen war und die Plattenläden gefüllt hatte.
Er hoffte, irgendwo jemanden zu entdecken, der verdächtig genug war, um ihm auf den Zahn zu fühlen. Aber so
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