Private Games - Der Countdown des Todes
Stunden nachdem ich im Sommer 1995 sieben Bosnier mit meiner Maschinenpistole durchsiebt hatte, öffnete mir in einem von Kämpfen gezeichneten Viertel von Sarajewo ein rastlos umherblickender, dunkelhäutiger Mann, der nach Tabak und Gewürznelken roch, die Tür zu seinem Werkstattschuppen.
Er gehörte zu der Art von Monstern, die in jeder Art von Kriegen und politischen Umbrüchen gedeihen, ein Schattenwesen aus sich wandelnden Identitäten und Bindungen.
Ich hatte von der Existenz dieses Fälschers von einem NATO -Kameraden erfahren, der sich in ein hiesiges Mädchen verliebt hatte, das nicht mit seinen eigenen Papieren reisen konnte.
» Wie gestern vereinbart«, sagte der Fälscher, als ich und die serbischen Mädchen eingetreten waren. » Sechstausend für drei. Plus eintausend für Eilauftrag.«
Ich nickte und reichte ihm einen Umschlag. Er zählte das Geld und reichte mir einen ähnlichen Umschlag mit drei gefälschten Ausweisen – einem deutschen, einem estnischen und einem slowenischen.
Erfreut über die neuen Namen und Identitäten, die ich den Mädchen beschert hatte, betrachtete ich die Ausweise. Die älteste Schwester hieß jetzt Marta, die mittlere Teagan und die jüngste Petra. Ich lächelte. Mit ihren neuen Haarschnitten und -farben würde sie niemand mehr als die serbischen Furien erkennen, wie die Schwestern von den bosnischen Bauern genannt worden waren.
» Hervorragende Arbeit«, lobte ich den Fälscher und steckte die Ausweise ein. » Meine Waffe?«
Wir hatten meine Sterling als Kaution bei ihm hinterlegt, als ich die Ausweise bestellt hatte. » Natürlich«, sagte er. » Genau daran habe ich eben auch gedacht.«
Der Fälscher ging zu einem Tresor, öffnete ihn und nahm die Waffe heraus. Dann drehte er sich um und zielte auf uns. » Auf die Knie«, zischte er. » Ich habe von dem Gemetzel in einer Polizeibaracke in der Nähe von Srebrenica gelesen, und über drei serbische Mädchen, die wegen Kriegsverbrechen gesucht werden. Es gibt eine Belohnung. Eine hohe.«
» Du Dreckschwein«, schimpfte ich. Ich wollte seine volle Aufmerksamkeit haben, als ich langsam auf die Knie ging. » Wir geben dir Geld, und du verrätst uns?«
Er lächelte. » Ich glaube, man sagt › Es kommt, wie’s kommt‹ dazu.«
Die 9-mm-Ladung aus der schallgedämpften Singer zischte über meinen Kopf und traf den Fälscher zwischen den Augen. Er flog rückwärts, knallte tot mit ausgestreckten Armen und Beinen auf den Tisch und ließ mein Gewehr fallen. Ich hob es auf und drehte mich zu Marta, in deren rechter Jackentasche ein Loch prangte.
Zum ersten Mal bemerkte ich etwas anderes als Tod in Martas Augen. Es war ein Glanz, der dort schimmerte und der mir vertraut war. Wie bei einem Rausch. Ich hatte für sie getötet. Jetzt hatte sie für mich getötet. Unsere Schicksale waren noch nicht vollständig miteinander verwoben, wir waren trunken, euphorisch, in Wallung gebracht wie die Mitglieder von Elitetruppen nach einer erfolgreichen Mission. Wir waren süchtig danach, uns wie überlegene Wesen zu fühlen, die Macht über Leben und Tod ausüben.
Als wir die Werkstatt des Fälschers verließen, war mir allerdings durchaus bewusst, dass man nach den Furien suchte, wie der Fälscher gesagt hatte. Und es waren mehr als zwei Tage vergangen, seit mich die Bombe aus dem Land Cruiser geschleudert hatte. Jemand musste das verbrannte Fahrzeug gefunden haben. Jemand musste die verkohlten Leichen gezählt, untersucht und herausgefunden haben, dass eine Leiche fehlte – meine.
Das hieß, man suchte auch nach mir.
Wäre doch gar nicht schlecht, überlegte ich, wenn man mich eher heute als morgen fände.
1 8
Um zwanzig nach drei an diesem Donnerstagnachmittag schritten Pope und Knight über den Vorplatz und stiegen die Granitstufen zum angesehenen British Museum in der Londoner Innenstadt hinauf. Als sie das Gebäude betraten, knirschte er mit den Zähnen. Er arbeitete lieber alleine, weil er die Stille brauchte, um während einer Ermittlung nachdenken zu können.
Pope hingegen plauderte fast ununterbrochen, seit sie das Büro von Private verlassen hatten, und versorgte ihn mit allen möglichen für ihn unnötigen Informationen – die Höhepunkte auf ihrer Karriereleiter, der widerliche Lester, mit dem sie in Manchester zusammen gewesen war, und das Elend, derzeit die einzige Frau in der Sportredaktion der Sun zu sein.
» Muss echt hart sein«, sagte er, während er überlegte, sie irgendwie abzuservieren, ohne Jack an
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