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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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warm und feucht.
    Chris wandte sich ab. Das war nicht die Karibik, wie er sie kennen gelernt hatte. Er ging dorthin zurück, wo Joaquin Lopez saß, mit dem Rücken an die Holzhütte gelehnt, die die Existenz der Mole rechtfertigte.
    »Sicher, dass er kommt?«
    Lopez zuckte die Achseln. Er war ein groß gewachsener Mann mit straffen Muskeln, ziemlich afrokaribisch, und er strahlte eine Ruhe aus, die im krassen Gegensatz stand zu der Panik, die ihn am Telefon in Medellin ergriffen hatte. »Er hat allen Grund dazu. Ich würde Sie doch nicht völlig umsonst hier rausbringen, Mann. Eine rauchen?«
    Chris schüttelte den Kopf. Lopez zündete sich eine Zigarette an und blies Rauch aufs Wasser hinaus. Er kratzte abwesend an einer Narbe, die er auf der Stirn trug.
    »Es wird nicht leicht für ihn gewesen sein. Es gibt jede Menge Polizei an diesem Küstenabschnitt. Die Schildkrötenschützer sind ermächtigt, jeden anzuhalten und zu durchsuchen, von dem sie glauben, dass er wildert. Und manchmal kommen Boote der US-Drogenbehörde von Darien bis hierher. Die haben zwar keinerlei Befugnisse, aber…«
    Er zuckte erneut die Achseln. Chris nickte.
    »Aber wann hätte sie das je abgehalten, richtig?«
    »Richtig.« Lopez sah weg und grinste.
    »Was ist?«
    »Nichts. Sie reden nicht wie ein Gringo.«
    Chris gähnte. Er hatte nicht viel geschlafen in den letzten Tagen. »Ich werde das als Kompliment auffassen.«
    »Machen Sie so weiter. Könnte hilfreich sein beim Kontakt mit Barranco.«
    Es türmte sich jetzt auf hinter seinen Augen. London, Madrid, San Jose auf Costa Rica. Sich übereinander schiebende Bilder von Flughäfen, Erste-Klasse-Wartesäle in gedämpften Pastelltönen, das graue Flüstern klimatisierter Flüge. Die Sonne gejagt, einen Tag gewonnen. Im Morgengrauen aus San Jose mit dem Hubschrauber über die Grenze nach Panama. Landung auf einem sonnenüberfluteten Flugplatz in der Nähe von David, wo er auf Lopez traf, der sich von Panama City aus heimlich nach Westen geschlagen hatte. Noch ein kurzer Hüpfer Richtung Norden nach Bocas del Toro, eine Reihe von Hütten und Leute, die Lopez kannte, eine ausgeliehene Pistole, ein Wassertaxi hier raus, wo genau das auch sein mochte, und dann warten, warten auf Barranco.
    »Sind Sie ihm schon mal begegnet?«
    Lopez schüttelte den Kopf. »Hab vor ein paar Tagen per Videofon mit ihm gesprochen. Er sieht müde aus, ganz anders als auf den Starfotos, die sie ’41 von ihm gemacht haben. Er braucht das hier, Chris. Es ist seine letzte Chance.«
    Das Jahr hallte in seinem Kopf wider. 2041 war Edward Quain als blutiger Klumpen auf dem kalten Asphalt der M20 krepiert. Seinerzeit war ihm das wie eine Art Ende vorgekommen. Aber als er am nächsten Tag erwachte, stellte Chris fest, dass die Welt immer noch intakt war und nichts von dem, was er bei Hammett McColl angepackt hatte, auch nur annähernd in trockenen Tüchern, geschweige denn abgeschlossen war. Erst in diesem Moment hatte ihn die Ahnung beschlichen, dass er würde weiterleben müssen und dass er dafür auch einen neuen Antrieb brauchte.
    Ein leises Brummen irgendwo auf dem Wasser.
    »Boot nähert sich«, sagte Lopez.
    Das Boot erschien hinter einer bewaldeten Landzunge, eine Bugwelle verursachend, die dem Lärm seiner Motoren alle Ehre machte. Es war ein großes marinegraues Boot, ausgerichtet auf hohe Geschwindigkeiten und, dem auf dem Vorderdeck hinter einer Panzerglaskuppel aufgebauten Maschinengewehrpaar nach zu urteilen, auch auf militärische Aktionen. Eine Fahne flatterte am Heck, weißes Muster auf grünem Grund. Lopez stieß einen erleichterten Seufzer aus, als er es sah.
    »Schildkröten-Patrouille.«
    Das Schnellboot bremste ab und schaukelte ein wenig, als die Motoren in den Leerlauf geschaltet wurden. Es stieß sanft gegen die Mole, und eine in Khaki gekleidete Person erschien auf dem Vorderdeck. Rufe auf Spanisch. Lopez antwortete. Der Decksmann ergriff ein Tau und sprang unbekümmert auf die Mole, die Landung routiniert mit den Beinen abfedernd. Eine ganz ähnlich gekleidete Frau tauchte auf, lehnte an der Maschinengewehrkuppel und starrte zu ihnen hin. Chris spürte eine gewisse Beunruhigung.
    »Sie sind auch bewaffnet, stimmt’s?«, raunte er Lopez zu.
    »Klar. Aber das sind Schildkrötenschützer, die sind nicht…«
    Der nächste Mann, der vom Boot sprang, trug die gleiche Militärkleidung und hatte ein Kalaschnikow-Sturmgewehr über die Schulter geschlungen. Er ging an Chris vorbei, ohne ihn eines Blickes

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