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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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für Chris übrig, und in dem lag ganz ungezwungene Verachtung.
    Chris ging zum Tisch und rückte einen Stuhl für Barranco zurecht.
    »Ich bin sicher, dass ein Mann wie Sie, mit der nötigen Zeit und ein wenig Glück, durchaus imstande wäre, das Problem ohne Hilfe von Männern wie mir zu lösen. Zeit und Glück vorausgesetzt. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Barranco rührte sich nicht. »Ich bin für Schmeicheleien nicht empfänglich.«
    Achselzuckend setzte Chris sich selbst auf den Stuhl. »So hab ich Sie auch nicht eingeschätzt. Ich habe eine reine Tatsachenfeststellung getroffen. Ich glaube, beziehungsweise meine Kollegen bei Shorn und ich glauben, dass Sie imstande sind, eine ganze Reihe von Problemen, mit denen Kolumbien sich derzeit konfrontiert sieht, erfolgreich anzugehen. Aus diesem Grunde bin ich hier. Mein Besuch ist eine Demonstration unseres Vertrauens in Sie.«
    Jetzt kam Barranco denn doch langsam näher.
    »Sie sprechen von Kolumbien«, sagte er. »Ist das auch der Name, den Ihre Kollegen in London verwenden?«
    »Nein, natürlich nicht.« Chris wischte über die Tischplatte und hob dann die Hände, suchte die Aufmerksamkeit von Barrancos Leibwächtern, bevor er langsam in seine Jacke griff und das zusammengefaltete Notebook hervorzog. Er fand, dass es, unter den gegebenen Umständen, ziemlich cool wirkte. »Wir bezeichnen es, wie Ihnen zweifellos bekannt ist, als die North Andean Monitored Economy. Zweifellos ist Ihnen auch bekannt, dass wir keineswegs die Einzigen sind, die das tun.«
    »Nein.« Eine schale Bitterkeit lag in Barrancos Worten. Seine Hände waren auf die Rückenlehne des Stuhls gegenüber von Chris gefallen. »Das sind Sie nicht. Die ganze Welt nennt uns so. Nur dieser Hurensohn in Bogota verwendet den Namen Kolumbien, als wären wir noch immer eine Nation.«
    »Hernan Echevarria«, sagte Chris sanft, »melkt den Patriotismus seiner Landsleute, um ein Regime aufrechtzuerhalten, das den oberen fünf Prozent der Bevölkerung große Reichtümer beschert, während der ganze Rest im Elend lebt. Natürlich brauchen Sie niemanden, der Ihnen sagt, was Sie selbst nur zu gut wissen. Aber ich glaube, Sie brauchen jemanden, der Ihnen hilft, daran etwas zu ändern.«
    »Wie schnell wir vorankommen.« Ein Ausdruck auf Barrancos Gesicht, als stiege ihm ein übler Geruch von jenseits der Plastiktrennwand in die Nase. »Von der Schmeichelei zur Bestechung. Sagten Sie nicht, ein Mann wie ich könne selber…«
    »Wenn er die Zeit hat.« Chris blickte ihm in die Augen, überzeugte sich, dass er seinen Redefluss unterbrochen hatte, machte sich dann gelassen daran, das Notebook auseinander zu falten. »Ich sagte, vorausgesetzt, er hat die nötige Zeit. Und das nötige Glück. Und ich sagte ›wahrscheinlich‹.«
    »Verstehe.« Chris sah nicht hin, aber Barranco klang, als lächle er. Wie schnell wir vorankommen. Vom höhnischen Grinsen zum Lächeln. Aber er blickte noch immer nicht auf. Das Notebook war an einigen Stellen stark zerknittert und brauchte eine Weile, um warm zu werden. Er beschäftigte sich damit, den Bildschirm glatt zu streichen. Er hörte, wie der andere Stuhl über den Boden schrammte. Hörte, wie er Barrancos Gewicht aufnahm.
    Der Bildschirm hellte sich auf und zeigte eine Karte der Beaufsichtigten Wirtschaft.
    Chris blickte auf und lächelte.
     
    Später, nach endlosen Zahlenkolonnen, spazierten sie die Mole entlang, blieben an deren Ende stehen und begutachteten das Wetter. Im Osten klarte der Himmel streckenweise auf.
    »Was zu rauchen?«, fragte Barranco.
    »Ja, danke.« Chris nahm die dargebotene Packung und schüttelte einen verkrumpelten Zylinder heraus. Barranco gab ihm Feuer aus einem zerschrammten silbernen Benzinfeuerzeug, das eine kyrillische Aufschrift rings um einen Totenschädel, gekreuzte Knochen und das Datum 2007 trug. Chris nahm einen tiefen Zug und musste prompt husten, dass ihm die Tränen kamen.
    »Wow.« Er nahm die Zigarette aus dem Mund und betrachtete sie blinzelnd. »Wo haben Sie die denn her?«
    »Aus einem Laden, den Sie nicht kennen.« Barranco zeigte ungefähr in südwestliche Richtung. »Siebenhundert Kilometer von hier, in den Bergen. Wird von einer alten Frau betrieben, die sich noch an den Tag erinnert, an dem Echevarria die Macht ergriff. Sie verkauft keine amerikanischen Marken. Das ist schwarzer Tabak.«
    »Ja, hab ich gemerkt.« Chris nahm einen neuerlichen, vorsichtigeren Zug und spürte, wie der Rauch ihm in die Lunge stach. »Und das

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