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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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war erst seit zwanzig Minuten hier. Er blickte auf und sah Louise Hewitt dort stehen. Es war das erste Mal, dass er sie zu Gesicht bekam, seit sie ihn mit der Betäubungspistole niedergestreckt hatte. Er wandte sich wieder dem Regen zu.
    »Morgen, Faulkner. Was dagegen, wenn ich mich setze?«
    Er starrte auf seine Hände. »Ich schätze, die werden mich aufhalten, wenn ich versuche, Ihnen den Hals umzudrehen.«
    »Ich halte Sie selber auf, wenn Sie mir auch nur ein Scheißhärchen zu krümmen versuchen«, sagte sie milde. »Sie sind nicht der Einzige, der Karatetraining macht, wissen Sie.«
    Er zuckte die Achseln.
    »Dann nehme ich das als Zustimmung.«
    Er fühlte, wie die Bank sich leicht bewegte, als sie sich am anderen Ende niederließ. Sie saßen einen Meter auseinander. Der Regen fiel leise zischend durch die Stille.
    »Liz Linshaw lässt Hallo sagen«, sagte Hewitt schließlich.
    Das riss ihm denn doch den Kopf herum.
    »Na ja«, korrigierte sie. »Das war eine Umschreibung. In Wirklichkeit hat sie gesagt: Sie verdammtes Miststück, Sie können ihn nicht einfach so lange ohne Anklage festhalten, ich will ihn sehen. Da hat sie natürlich Unrecht. Wir können Sie ziemlich unbegrenzt festhalten.«
    Chris sah wieder weg, den Mund fest zugekniffen.
    »Wir haben allerdings nicht die Absicht, das zu tun. Im Gegenteil, Ihre Entlassungspapiere müssten irgendwann morgen früh ausgestellt sein. Sie können dann nach Hause gehen, oder zurück in das teure Vögelnest, das Sie sich da im Hotel eingerichtet haben. Wollen Sie wissen, wieso?«
    Er unterdrückte den Wunsch nachzufragen, wollte ihr keinen Millimeter entgegenkommen. Es war schwer. Er hungerte nach Informationen aus der Außenwelt, irgendetwas, um nur die wie rasend leer laufenden Räder in seinem Kopf zu beschäftigen.
    »Ich sag es Ihnen trotzdem. Morgen ist Donnerstag, Sie müssten spätestens bis Mittag wieder draußen sein. Damit bleibt Ihnen noch fast ein ganzer Tag, bis Sie fahren. Wir haben eine Freitagsherausforderung angemeldet, das ist bei Shorn so Tradition. Dadurch haben alle ein ganzes Wochenende Zeit, sich an das Resultat zu gewöhnen.«
    »Meine Fresse, was reden Sie da, Hewitt?« Die Frage war ruppig genug vorgetragen, um die Verletzung des Schweigegebots zu rechtfertigen. »Was für eine Herausforderung?«
    »Die Partnerschaftsherausforderung. Um Philip Hamiltons Posten.«
    Er stieß ein heiseres Lachen aus. »Ich will Hamiltons Scheißposten nicht.«
    »O doch. Tatsächlich haben Sie sogar einen formellen Herausforderungsbescheid abgegeben, kurz bevor Sie ihn töteten. Als Begründung haben Sie ironischerweise standeswidriges Verhalten im Zusammenhang mit dem NAME-Geschäft angeführt.« Sie griff in ihren Blazer und holte einen Palmtop hervor. »Ich kann’s Ihnen zeigen, wenn Sie möchten.«
    »Nein, danke. Ich weiß nicht, was für eine Scheiße Sie da zusammenrühren, Hewitt, aber das wird jedenfalls nicht laufen. Sie kennen doch die Richtlinien, haben ja letzte Woche erst darüber gesprochen. Keine Partner/Angestellten-Übergriffe.«
    »Na ja, zugegeben, Ihre Handlungsweise war unorthodox. Aber wie Sie wissen, ist unser Seniorpartner ein großer Fan des Festsetzens von Richtlinien durch Präzedenzfälle. Er ist damit einverstanden, die Grenzlinie in diesem Falle zu verwischen. Offenbar hat er Sie schon seit längerem für den Partnerstatus im Auge. Sie oder Mike Bryant, natürlich.«
    Und da stürzte alles in ihm zusammen, ähnlich wie bei einer Slumsanierung, die er als Kind mal beobachtet hatte. Was er für fest und stabil gehalten hatte, explodierte von einer Seite zur anderen, unverrückbar scheinende, gerade Gebäudelinien kippten, knickten ein und lösten sich in ein Chaos aus fallendem Schutt und Staub auf, während eine zusammengedrängte Menschenmenge zusah. Er konnte die übrig bleibenden Trümmer noch nicht klar erkennen, doch erste Umrisse zeichneten sich bereits ab.
    »Mike wird nicht gegen mich fahren«, sagte er ohne Überzeugung.
    Hewitt lächelte. »O doch. Ich hab mit ihm gesprochen. Genauer gesagt, haben wir uns über Stammaktien, Kapitalvermögen, verlässlichen Partnerstatus, professionelles im Unterschied zu unprofessionellem Verhalten und die Gefahren der Unkontrollierbarkeit unterhalten. Oh, und über die Identität Ihres geheimnisvollen Hotelgastes in den letzten Wochen.«
    »Was faseln Sie da?« Aber während er es noch aussprach, überwältigte ihn schon das schleichende Gefühl der Verzweiflung, denn natürlich

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