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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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Uniformierten, von denen einer an der Tür stehen blieb, während der andere die Mahlzeit auf dem Schreibtisch abstellte. Jeweils eine Stunde nach der Anlieferung wurde das Tablett von demselben Team wieder abgeholt, jedoch erst, nachdem sämtliches Geschirr und Besteck auf einem Palmtop abgehakt war. Beide Männer waren durchaus freundlich, aber die Unterhaltung ging nie über den Austausch von Artigkeiten hinaus, und sie blieben immer sorgsam auf der Hut vor ihm.
    Ohnmacht, das waren zwei geballte Fäuste und ein zischender Draht im Kopf. Lopez, Barranco, das NAME-Geschäft. Er konnte absolut nichts tun.
    Ein anderes Team, ebenfalls durchweg männlich, holte ihn nach dem Frühstück und dem Mittagessen für jeweils eine Stunde körperlicher Betätigung aus der Zelle ab. Sie geleiteten ihn durch tadellos in Schuss gehaltene Flure, dann eine Treppe hinunter, die zu einem Innenhof führte. Dort gab es in Kiesbeete gesetzte Pflanzen und Bäume in Hülle und Fülle, einen vielschichtigen bronzenen Stufenbrunnen und ein hohes, verwinkeltes Glasdach, das etwa ein Drittel der offenen Fläche abschirmte. Die Eskorte ließ ihn hier allein, schloss die Türen und behielt ihn von einer verglasten Zwischengeschossempore aus im Auge. Die ersten Male wanderte er ziellos hin und her, weniger, weil ihm danach war, als aus dem Gefühl heraus, dass dies von ihm erwartet wurde. Nachdem er sich das klar gemacht hatte, hörte er damit auf und verbrachte den Großteil der Verfügungsstunde damit, auf dem Brunnenrand zu sitzen, versunken in die Geräusche der Wasserspiele, ins Schmieden hoffnungsloser Pläne zur Rettung von Joaquin Lopez und in Tagträume, in denen er mit dem Saab fuhr.
    Als sich abzeichnete, dass er so bald nicht Abschied nehmen würde, bekam er etwas anzuziehen. Drei Garnituren Freizeitkleidung in guter Qualität sowie einen Zehnersatz Unterwäsche. Er fragte die Frau, die ihm die Sachen anpasste, wie er dafür zahlen solle, in bar oder mit Karte, worauf sie ihn verlegen ansah.
    »Wir stellen es Ihrer Firma in Rechnung«, gestand sie schließlich.
    Er bekam keinen Besuch, wofür er sonderbarerweise dankbar war. Er hätte nicht gewusst, was er den Leuten, die er kannte, sagen sollte.
    Zwischen den Mahlzeiten dehnten sich die Stunden. Er konnte sich nicht erinnern, dass jemals weniger von ihm erwartet worden wäre als hier. Einer seiner Wärter erbot sich, ihm Bücher zu besorgen, aber als der versprochene Stapel eintraf, bestand er aus lediglich einem halben Dutzend zerlesener Taschenbücher von Autoren, deren Namen Chris noch nie gehört hatte. Aufs Geratewohl nahm er sich eins vor, eine grelle, gewalttätige Krimigeschichte aus der fernen Zukunft, mit einem Detektiv, der anscheinend nach Belieben den Körper wechseln konnte, aber das Thema war ihm allzu fremd, und er konnte sich schwer darauf konzentrieren. Das alles schien doch sehr weit hergeholt.
    Er wurde gefragt, ob er Papier und Schreibzeug haben wolle, und er sagte spontan ja, wusste dann aber doch nicht recht, was er damit anfangen sollte. Er versuchte einen Bericht über die Ereignisse zu schreiben, die zu Philip Hamiltons Tod geführt hatten, nicht zuletzt auch, um sich selber darüber Klarheit zu verschaffen, aber er musste ständig durchstreichen, was er bereits geschrieben hatte, um noch weiter zurückzugehen. Als er bei dem Anfangssatz Mein Vater wurde von einem Manager namens Edward Quain ermordet angelangt war, gab er auf. Vielleicht inspiriert von dem Roman, den er zu lesen versuchte, schrieb er ein imaginäres Memorandum über das NAME-Geschäft, fünf Jahre in die Zukunft versetzt, ein Szenario, in dem Barranco an die Macht gelangt war und eine umfassende Landreform ins Werk setzte. Auch dies schien ziemlich weit hergeholt.
    Er fing einen Brief an Carla an und zerriss ihn nach nicht einmal zehn Zeilen. Ihm fiel nichts ein, was es wert gewesen wäre, ihr mitzuteilen.
    Die Woche ging zu Ende. Eine neue begann.
    Dann kam Shorn.
     
    Er befand sich auf seinem morgendlichen Ausflug, um seinen Stammplatz am Brunnen betrogen durch einen beharrlichen Sprühregen, der das ungeschützte Hofstück einnässte und ihn unter das Glasdach zwang. Seine Eskorte hatte ihm zuvorkommenderweise eine Bank von irgendwoher angeschleppt, und auf der saß er nun und starrte die Regenwand aus etwa einem halben Meter Entfernung an.
    Die Pflanzen immerhin schienen es zu genießen.
    Als die Tür zum Innenhof aufschnappte, warf er einen überraschten Blick auf seine Armbanduhr. Er

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