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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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gesagt…«
    »Nein, es war auch eine spontane Sache. Ich meine, wir hatten schon darüber gesprochen.« Chris brach den Beschönigungsversuch ab. Warum sollte er lügen, warum musste er sich plötzlich vor Bryant rechtfertigen? »Na, jedenfalls ist sie weg.«
    »Ja.« Es folgte eine Pause. »Hm, weißt du, Chris. Komm doch trotzdem rüber. Wenn ich mir diesen rührseligen Scheiß schon ansehen muss, möchte ich es lieber nicht allein tun.«
    Die Aussicht, vor der Stille, die ihn zu Hause erwartete, in die Wärme und den Lärm von Mikes Familie zu flüchten, erschien ihm wie die Lichter eines heimeligen Dorfes, die der vom Schneesturm überraschte Wanderer in der Ferne erblickt. Es fühlte sich an, als würde er Carla um etwas betrügen. Es fühlte sich an wie Rettung. Andererseits, wenn er daran dachte, wie Carla und er sich bei ihrer letzten Auseinandersetzung nach allen Regeln der Kunst gefetzt hatten, war er sich gar nicht sicher, ob er Sukis süßliche Hausfrau-des-Jahres-2049- Perfektion würde ertragen können.
    »Äh, danke. Ich werd’s mir überlegen.«
    »Ist garantiert besser, als in ein leeres Haus heimzukehren, Kumpel.«
    »Ja, ich…« Das Telefon biepte. »Wart mal einen Moment, ich hab jemanden in der Leitung. Könnte Lopez vom Flughafen sein.«
    »Ruf mich zurück.« Mike war weg.
    »Hier ist Chris Faulkner.«
    »Nun, hier ist Liz Linshaw.« Es war ein tänzelnder Spott in ihrer Stimme, eine federnde Amüsiertheit, die ihn an etwas erinnerte, er wusste nur nicht recht, an was. Er stocherte nach Worten.
    »Liz. Was, ehm, kann ich für Sie tun?«
    »Gute Frage. Was können Sie für mich tun?«
    Die letzten vierundzwanzig Stunden stürzten auf ihn ein. Plötzlich war er fast ein wenig wütend. »Liz, ich bin im Begriff, hier Schluss zu machen, und bin wirklich nicht in der Stimmung für kleine Spielchen. Wenn Sie mich also sprechen wollen…«
    »Großartig. Warum lade ich Sie nicht einfach heute Abend zum Essen ein?«
    Er hätte auf Anhieb ein halbes Dutzend Gründe nennen können, die dagegen sprachen, zog es aber vor, diese vorerst an den Rand seiner Wahrnehmung zu drängen.
    »Sie wollen mich zum Essen einladen?«
    »Ist ja wohl das Mindeste, wenn Sie mir bei meinem Buch helfen. Treffen wir uns doch in einer Stunde in der Stadt. Kennen Sie einen Laden namens Regimewechsel?«
    »Ja.« Er war noch nie drin gewesen. Niemand, der mit Conflict Investment befasst war, würde es ernsthaft in Erwägung ziehen. Zu geschmacklos.
    »Ich werde etwa ab halb sieben da sein. Die Bolivia Bar, im ersten Stock. Bringen Sie Appetit mit.«
    Sie legte auf.
     
    Er rief Mike zurück, um abzusagen. Es war schwieriger, als er erwartet hatte – deutlich war die Enttäuschung in der Stimme des anderen zu hören, und das Angebot, den Abend mit den Bryants zu verbringen, barg jetzt noch zusätzlich die Implikation von stressfreier Gemütlichkeit, verglichen mit…
    »Weißt du, um ehrlich zu sein, Mike, ich brauche ein bisschen Zeit für mich.«
    Kurze Stille in der Leitung. »Hast du Probleme, Chris?«
    »Es ist…« Er schloss die Augen und presste mit Zeigefinger und Daumen auf die Lider. »Carla und ich kommen im Moment nicht besonders gut miteinander aus.«
    »Oh, Scheiße.«
    »Nein… ich glaube nicht, dass es so dramatisch ist, Mike. Es ist nur, ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie einfach so abhaut. Ich muss ein bisschen nachdenken.«
    »Tja, falls du jemanden zum Reden brauchst…«
    »Ja, danke. Ich behalt’s im Auge.«
    »Mach dich nur nicht fertig, Alter.«
    »Nein, nein, wird schon. Wir sehen uns Montag.«
    Eine Weile lang wanderte er ziellos in seinem Büro hin und her, nahm irgendetwas in die Hand, legte es wieder weg. Er analysierte Mikes Zug, probierte ein paar halbherzige Gegenmaßnahmen. Er lehnte sich gegen die Fensterscheibe und starrte auf die Lichter von Louie Louie’s fünfzig Stockwerke unter ihm. Er versuchte, nicht an Carla zu denken. Versuchte, mit deutlich weniger Erfolg, nicht an Liz Linshaw zu denken.
    Schließlich löschte er die Bürolichter, fuhr nach unten und setzte sich in sein Auto. Der abgeschlossene Raum, die eingelassenen Instrumente, die nackte Schlichtheit von Lenkrad und Gangschaltung – all das war ihm erträglicher als das Leben draußen. Als die Sicherheitssperren des Saabs murmelnd einrasteten, war die Entspannung schier mit Händen zu greifen. Er ließ sich in den Sitz zurücksinken, legte die Hand auf den Schaltknüppel und rollte seinen Kopf an der Nackenstütze hin

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