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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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Chris kämpfte einen Anfall von Müdigkeit nieder und stellte sich einen Besuch bei Louie Louie’s in Aussicht, sobald sie beim Shorn-Turm angelangt wären.
    »Freu mich schon auf richtigen Kaffee«, murmelte er.
    »Der Kaffee eben war doch nicht schlecht.«
    »Ah, nun komm aber. Der war ungefähr so echt wie die Eier. Ich rede hier von Kaffee, der eine Herkunft vorweisen kann. Nicht irgendwelche verschissenen Malsantos-Wunderbohnen. Ich will etwas, wo ich die Wirkung spüren kann.«
    »Alter Speedfreak.«
    Sie lachten beide, wie aufs Stichwort. Der BMW war erfüllt von ihrer Heiterkeit, als sie den Fluss hinter sich ließen und durch die goldgespiegelten Straßenschluchten der anderen Seite kurvten. Chris, groggy vom Schlafentzug und den Ereignissen und Drogen der vergangenen Nacht, fühlte sich dennoch wohl, auf einer Ebene, die so tief in ihm vergraben lag, dass er sie mit Worten nicht hätte erfassen können.

 
NEUNZEHN
     
     
    Mike setzte ihn vor dem Louie Louie’s ab und fuhr mit einem Winken weiter zu den Parkdecks. Chris pumpte sich am Tresen mit Espresso voll, bestellte sich dann etwas zu essen und einen Kaffee zum Mitnehmen. Für einen Samstag ging es ungewöhnlich ruhig zu bei Shorn, er bekam kaum jemanden zu sehen auf dem Weg in sein Büro. Selbst die Dienst tuende Schicht bei den Wachleuten setzte sich aus Männern und Frauen zusammen, die er kaum gut genug kannte, um sie zu grüßen.
    Nach diesem Muster ging es weiter. Abgesehen vom Data-down hatte er niemanden, mit dem er reden konnte. Makin hatte sich nicht sehen lassen, woraus folgte, dass es am Montag ziemlich eng werden würde, wenn sie das NAME-Paket zu schnüren hatten. Ungehalten rief er trotzdem Joaquin Lopez an und teilte ihm seine Wünsche mit. Lopez immerhin war mit Eifer bei der Sache, aber auf dem amerikanischen Kontinent war es noch mitten in der Nacht, und Chris hatte ihn aus dem Bett geholt. Verständlich daher, dass er nicht der lebhafteste Gesprächspartner war. Er brachte grunzend sein Verständnis zum Ausdruck, nannte mögliche Flugtermine und hängte auf.
    Chris rief Carla in der Werkstatt an und stellte fest, dass sie einen freien Tag genommen hatte. Er kontrollierte sein Handy, aber es war keine Nachricht drauf. Als er es zu Hause versuchte, hörte er ihre Stimme, die allen Anrufern mitteilte, dass sie nach Tromsö geflogen sei, um ihre Mutter zu besuchen. Sie werde vermutlich die ganze Woche wegbleiben. In Chris’ geschulten Ohren klang es, als habe sie geweint. In einem Anfall von koffeinbefeuerter Wut schleuderte er das Handy durchs Büro. Er rief Mike an, der gerade auf der anderen Leitung sprach. Er hob das Handy wieder auf, riss sich zusammen und fuhr fort, dem Datadown zu erzählen, was es zu erzählen gab.
    Um fünf Uhr hatte er genug. Die Arbeit war eine fugenlose Ebene, die sich in alle Richtungen bis zum Horizont erstreckte. Kambodscha, Assam, das Tarim-Becken, das Kurdische Homeland, Georgien, die NAME, Paranà, Nigeria, die Victoriasee-Staaten, Sri Lanka, Timor – überall bereiteten Menschen sich darauf vor, einander aus diesem oder jenem Grunde umzubringen, oder sie waren schon dabei. Der Papierkram hatte sich über Wochen aufgestaut. Man musste mit aller Kraft rennen, nur um auf der Stelle zu treten.
    Das Tischtelefon klingelte. Er drückte den »Empfang«-Be-fehl.
    »Faulkner.«
    »Immer noch da?«
    Chris schnaubte. »Und wo bist du? Rufst du von der Insel an?«
    »Gib mir noch ein bisschen Zeit. Hör zu, Turm auf Läufer neun. Schau genau hin. Ich glaub, ich hab dich am Arsch, mein Lieber.«
    Chris blickte zum Schachtisch hinüber.
    »Bleib dran.«
    »Jawoll.« Er konnte das Grinsen in Bryants Stimme hören.
    Es war ein guter Zug. Chris studierte die Stellung für einen Moment, bewegte die Figur und spürte, wie ein winziges Bruchstück von irgendetwas sich von seinem Herzen löste und in die Gedärme plumpste. Er ging zurück zum Schreibtisch.
    »Nicht schlecht«, gab er zu. »Aber ich glaube nicht, dass du schon durch bist. Ich ruf dich zurück.«
    »Tu das. He, hör mal, wollt ihr, du und Carla, heute Abend vorbeikommen? Ich hab mit Suki telefoniert, sie hat gerade eine Vorführung von dem neuen Isabela-Tribu-Film gekauft. Der, der alle Preise gewonnen hat, über den weiblichen Marine in Guatemala.«
    »Carla ist im Moment nicht da.« Er versuchte es beiläufig klingen zu lassen, aber es gab ihm trotzdem einen Stich. »Ist ihre Familie in Norwegen besuchen.«
    »Oh, hattest du gar nichts von

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