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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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unterdrückte er das schon angesetzte Räuspern und ließ sich auf den ihr gegenüber stehenden Knautschsessel fallen.
    »Hallo, Liz.«
    »Chris.« Sie schaute auf, ganz überrascht, wie es schien. »Sie sind früher dran, als ich gedacht hätte. Danke, dass Sie gekommen sind.«
    Sie legte ihre Lektüre beiseite und streckte ihren schlanken Arm über den Tisch. Ihr Händedruck war trocken und selbstbewusst.
    »Es ist mir ein Vergnügen.« Chris blickte sich um. »Sind Sie öfter hier?«
    Sie lachte. Es war ein erschreckend attraktives, warmes und kehliges Lachen, und wieder, wie vorhin am Telefon, hatte Chris den beunruhigenden Eindruck eines unbestimmten Wiedererkennens.
    »Ich komme hierher, wenn ich niemandem aus Conflict-Investment-Kreisen begegnen möchte, Chris. Hier ist es sicher. Keiner von euch würde sich ums Verrecken hier blicken lassen.«
    Chris verzog das Gesicht. »Wohl wahr.«
    »Seien Sie nicht hochnäsig. So übel ist der Laden nicht. Haben Sie die Kellnerinnen gesehen?«
    »Ja, unten ist mir eine über den Weg gelaufen.«
    »Dekorativ, nicht wahr?«
    »Sehr.« Chris sah sich unwillkürlich um. Eine lange Bar bog sich in eine Ecke des Raums. Dahinter stand eine Frau, die Drinks mixte.
    »Was möchten Sie?«, fragte ihn Liz Linshaw.
    »Ich hol mir was.«
    »Nein, ich muss darauf bestehen. Immerhin stellen Sie sich mir zur Verfügung, Chris. Es ist das Mindeste, was ich tun kann, und außerdem kann ich es von der Steuer absetzen.« Sie grinste. »Sie wissen schon. Aufwendungen für Recherche, Kontaktpflege.«
    »Klingt nach einem netten Leben.«
    »Whisky, nicht wahr? Laphroaig?«
    Er nickte, geschmeichelt, dass sie sich erinnerte. »Falls sie hier so was haben.«
    Liz Linshaw drückte auf die Tischfläche, worauf die Angebotskarte unter ihrer Hand aufleuchtete. Sie scrollte ein wenig hin und her, schüttelte dann bedauernd den Kopf.
    »Keinen Laphroaig. Jede Menge Bourbons und, äh, was ist mit Port Ellen? Das ist doch ein Islay-Malt, oder?«
    »Ja, einer von den neuen.« Das Gefühl des Geschmeicheltseins bröckelte etwas. Hatte sie Recherchen über ihn angestellt? »In den dreißiger Jahren neu aufgemacht. Das ist gutes Zeug.«
    »Okay, ich probier’s.«
    Sie drückte auf die Auswahl und wischte mit der Hand über das Sendefeld. Die Frau an der Bar schaute nach unten, das Gesicht rot gefleckt vom Signal auf ihrer Arbeitsfläche. Sie blickte in ihre Richtung und nickte.
    »Also dann, Chris.« Liz Linshaw lehnte sich lächelnd zurück. »Wo haben Sie Ihre Vorliebe für teure Whiskys entwickelt?«
    »Ist das schon Teil des Interviews?«
    »Nein, es dient nur zum Aufwärmen. Aber ich bin auch neugierig. Sie sind in den Zonen aufgewachsen, nicht wahr? East End, Flussufersiedlungen. Da gibt’s nicht viel Islay-Malt.«
    »Nein.«
    »Schmerzt es Sie, darüber zu sprechen, Chris?«
    »Sie sind selber ein Mädchen aus den Zonen, Liz. Was glauben Sie?«
    Die Drinks wurden serviert, ihrer mit Eis. Liz Linshaw wartete, bis die Kellnerin sich entfernt hatte, dann griff sie nach ihrem Glas und blickte nachdenklich hinein. Sie schwenkte den Whisky und ließ die Eiswürfel klirren.
    »Meine Herkunft aus den Zonen ist meistenteils, na, sagen wir, ein Ausdruck künstlerischer Freiheit. Übertrieben um des exotischen Effekts willen. Die Wahrheit ist, ich bin am Rand von Islington groß geworden, zu einer Zeit, als die Grenzlinien noch nicht so massiv gezogen waren wie heute. Meine Eltern waren einigermaßen gut gestellte Lehrer, sind es übrigens immer noch, und ich bin zur Universität gegangen. In meiner Vergangenheit gibt es nichts, das schmerzlich ist.«
    Chris hob sein Glas. »Sie Glückspilz.«
    »Ja, das kann man wohl gerechterweise sagen. Sie hatten nicht so viel Glück?«
    »Nein.«
    »Dennoch sind Sie schon mit neunzehn für Ross Mobile Arbitrage gefahren. Sie waren der bestbezahlte Mitarbeiter im Transportbereich, bis Sie als Seiteneinsteiger bei LS Euro Ventures angefangen haben. Zwei Jahre darauf wurden Sie abgeworben und sind zu Hammett McColl gegangen. Keinerlei Zeugnisse, nicht einmal von der Fahrerschule. Für jemanden mit Zonenherkunft ist das bemerkenswert, ja nahezu unmöglich.«
    Chris gestikulierte. »Wenn man wirklich mit aller Macht rauswill.«
    »Nein, Chris. Die Zonen sind voll von Leuten, die mit aller Macht herauswollen, weiß Gott. Das Wollen nützt ihnen aber gar nichts. Diese Art von Mobilität hat schlechte Karten, das wissen Sie genau.«
    »Ich kenne andere Leute, die es geschafft

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