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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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auch langweilig«, sagte sie. »Man kann doch nicht alles festlegen. Wenn die Waagschalen immer im Gleichgewicht sind, bewegt sich nichts mehr wirklich.« Ihr Blick flog zu der Abbildung der Waage über dem Schreibtisch.
    Dellingers Miene blieb undurchdringlich, undeutbar. »Ist das Ihre Einstellung?«, fragte er mit neutraler Stimme.
    Ash nickte. »Ja«, sagte sie. »Ja. Ich denke nicht, dass es gut ist, alles und jeden zu regulieren. Sie sehen doch, was geschieht: Die Zentrale erstickt in Papierkram. Nehmen Sie Macnamara. Der ist doch kein Aktenfresser. Aber was macht er? Arbeitet sich klaglos – hm – nahezu klaglos durch Berge und Tonnen unnützer Akten. Das ist doch eine Verschwendung erstklassiger menschl… dämonischer Ressourcen!« Sie bemerkte, dass sie die Fäuste geballt hatte und entspannte ihre Hände.
    Dellinger betrachtete sie reglos. Dann glitt ein Lächeln über sein Gesicht, sanft wie die Dämmerung und schnell wieder verschwunden. »Verschwendung«, wiederholte er und nickte nachdenklich. Er deutete auf Ashs leeres Glas und hob fragend eine Augenbraue. Sie schüttelte den Kopf.
    »Verschwendung.« Dellinger legte den Kopf an die Lehne seines Sessels. Sein Gesicht lag nun vollkommen im Dunkeln. Die weiße Hemdbrust leuchtete gespenstisch.
    »Was wissen Sie über den ewigen Kampf der Mächte?«, fragte er.
    Ash seufzte lautlos. Was war das hier – ein Examen? Fragte er sie etwa ab wie eine Schülerin?
    »Die Himmlischen Heerscharen gegen die Dunklen Mächte«, sagte sie gelangweilt. »Engel gegen Dämonen. Ein alter Krieg, bei dem keiner mehr weiß, worum es eigentlich geht und warum man ihn gewinnen will. Ehrlich gesagt: Ich glaube nicht einmal, dass ihn wirklich jemand gewinnen will. Es funktioniert doch ganz gut so, wie es ist.« Sie dachte an Antagonistides. Wollte er die letzte Schlacht? Armageddon? Ash gluckste. Dazu hätte er seinen Schreibtisch und sein schönes Büro verlassen müssen. Sich aus dem Anzug in eine Uniform oder Rüstung zwängen. Sich wappnen. Seine Truppen befehligen. Murgatroyd und Fraulein Schultze, Eldur und Gonzalo, die Seite an Seite in den Krieg zogen. Sie lachte.
    Ihr Lachen fand ein leises Echo im Sessel neben ihr. »Es ist noch etwas absurder als Sie gerade denken«, sagte Dellinger. »Die Zentrale und das Himmlische Hauptquartier …« Er stieß mit einem amüsierten Laut Luft durch die Nase. »Die Zentrale regelt den Papierkram und verwaltet sämtliche Vorgänge. Und das Hauptquartier kümmert sich um die Organisation, die Logistik.«
    Ash verstand erst nach einer Weile, was er damit meinte. Sie richtete sich im Sessel auf und versuchte, das Dunkel mit Blicken zu durchdringen, das sein Gesicht vor ihr verbarg. »Sie wollen damit doch nicht sagen …«
    »Doch«, erwiderte er vergnügt. »Jeden Mittwoch treffen sich die Oberbefehlshaber der beiden Armeen zur Lagebesprechung, damit im Limbus, auf den Schlachtfeldern alles seinen geordneten Gang geht. Michael und Baphomet planen mit ihren Hauptleuten jede einzelne Schlacht bis ins letzte Detail ihres Verlaufs.« Er lachte und breitete die Arme aus. »Gleichgewicht, meine Liebe. So funktioniert das ewige Gleichgewicht! Wir vom PLAN sind es, die das Ganze lenken und leiten!«
    Ash saß da, als hätte jemand ihr einen Knüppel über den Kopf gezogen. Sie wusste nicht recht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Das ist ein riesengroßer Beschiss«, sagte sie.
    »Das ist es – in gewisser Weise.« Dellinger seufzte und legte die Hände auf die Armlehnen seines Sessels. »Natürlich läuft es in der Realität nicht ganz so friedlich und harmonisch ab. Die dunklen Mächte und die Himmlischen Heerscharen waren zu lange erbitterte Feinde. Es gibt immer noch Bestrebungen, die letzte Schlacht herbeizuführen. Oder wenigstens die kleinen, unbemerkten Scharmützel für sich zu entscheiden.«
    Ash verdaute die Informationen. Die erste Empörung legte sich recht schnell. Es interessierte sie nicht, wie dieses seltsame, in sich geschlossene System funktionierte. Sie wollte es so schnell wie möglich verlassen – jetzt noch mehr als zuvor! – und nach Möglichkeit vermeiden, jemals wieder hierher versetzt zu werden. Wenn sie zu diesem Zweck herausfinden musste, wie man unsterblich wurde, dann würde sie genau das tun.
    »Sind Sie immer noch dabei?«, unterbrach Dellingers Frage ihre Überlegungen. Ash zögerte einen Wimpernschlag lang, dann nickte sie. »Gut«, erwiderte er. »Dann werde ich Ihre Aufnahme in den Dienst in die

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