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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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lass dir einen Trunk Wasser reichen. Oder einen schönen Becher Tee, den die Wala dir sicher gerne gönnt.«
    Loki tritt aus dem Schatten des Baumes ins Licht. Odin, der sich zum Haus wendet, verharrt im Schritt und kneift das Auge zusammen. »Du siehst so jung aus«, sagt er. »Wie kann das sein?«
    Loki seufzt leise. »Ich habe meine Methoden, das zu bewerkstelligen«, sagt er. »Aber glaube mir, es ist mühsam, es hält nur kurze Zeit und ich fühle mich nicht halb so jugendlich, wie ich äußerlich wirken mag.«
    Odin brummt unzufrieden. »Nun. Gehen wir hinein.«
    Die Wala kommt aus der Kammer, sieht den Gast und erschrickt. »Du«, sagt sie, ganz wie vorher der Allvater. »Du?« Sie sieht von Loki zu Odin. Der nickt und deutet auf die Bank am Ofen. »Gib ihm zu trinken, Jörd. Er ist unser Gast.«
    Sie trocknet ihre Hände an der Schürze und hebt den Kessel vom Feuer. »Du möchtest Tee«, sagt sie. Es ist keine Frage.
    Loki lächelt. »Du kennst mich gut«, erwidert er. »Danke. Ich möchte Tee.«
    Sie sitzen und atmen den aromatischen Duft, der aus ihren Bechern steigt. Das Feuer knistert. Loki schaut in das knackende Feuer, in seinen Augen glimmt rötliche Glut, spiegeln sich gelbe Flammen. Er dreht den Becher, trinkt, sucht nach den rechten Worten, um des Bruders Herz zu erweichen, seinen Sinn zu wenden.
    »Odin«, beginnt er schließlich, »du weißt nicht, wie sehr die Welt sich verändert hat. Deine Füße haben nie die Pfade verlassen, die du schon in unserer Jugend beschrittest. Die Welt ist nicht mehr dieselbe, die du kanntest. Wir sind Legenden, die vergessen haben, zu sterben. Sieh dich um, Odin. Du und ich, die Wala und der alte Mimir – wir sind die letzten unserer Art, die übrig Gebliebenen, der Bodensatz einer längst getrunkenen Flasche Met.«
    Jörd lacht. »Hübscher Vergleich«, sagt sie. »Worauf willst du hinaus, alter Fuchs?«
    Loki beugt sich vor, sein Blick und seine Stimme so eindringlich, als bäte er um sein Leben. »Ein Sturm zieht auf. Wilde, unruhige Zeiten stehen bevor. Yggdrasil wird heftig erbeben im stürmischen Wind – aber sie wird nicht fallen. Bleib hier, wo es ruhig ist, mein Bruder. Birg dich in der Weltesche Schatten. Ich will nicht, dass du Schaden nimmst. Wir haben nur noch uns, mein Bruder!«
    Odin erwidert den Blick, reglos, starr. Seine Miene ist düster. »Du willst, dass ich mich in meine Deckung drücke wie ein verängstigter Hase«, grollt er. »Ich bin der Sturm, Loki. Ich bin der Krieg. Du kannst Walvater nicht aufs Altenteil schicken wie einen zahnlosen Greis.«
    Loki schlägt ergrimmt die Faust auf die Bank. »Du sturer alter Wolf! Dies ist nicht dein Krieg, verstehst du denn nicht? Dort draußen herrschen andere Götter, schlagen andere Heerväter ihre Schlachten. Du sitzt bereits auf dem Altenteil, du willst es bloß nicht erkennen.«
    Die Worte stehen in der Luft zwischen den beiden Göttern. Grimmig erwidert Odin den flammenden Blick des Bruders. Seine Hand fährt durch die Luft, schiebt die Worte beiseite. »Genug davon«, knurrt er. »Was hast du mit Hjördis zu schaffen? Wozu benutzt du meine Enkelin, die dir nur Gutes tat?«
    Loki wirft den Kopf empor wie ein scheuendes Pferd. »Misstrauisch und verbohrt«, ruft er. »Ich schwöre dir bei der Weltesche Stamm, beim Haupt meiner Mutter, bei Iduns verlorenen Äpfeln – nichts liegt mir ferner, als deiner Enkelin Schaden zuzufügen. Lieb ist sie mir und teuer – nicht weniger als dir!«
    Seine Worte stimmen den Allvater nicht friedlich. »Wie kannst du es wagen«, fährt er den Bruder an, »dich und die kurzlebige Regung deines wankelmütigen Herzens auf eine Stufe zu stellen mit meiner Fürsorge, meiner Liebe zu dem Spross meines Stammes?«
    Loki zerbeißt eine hitzige Replik, lehnt sich zurück, trinkt seinen Tee. Grimmig ist sein Gesicht.
    »Wälse«, sagt begütigend die Wala. »Er ist Gast an unserem Herd. Friede, mein Mann. Bekämpfe nicht den Bruder, wenn der Feind an anderer Stelle steht.«
    »Wie soll ich sicher sein, dass er die Wahrheit sagt?« Odin ballt die Faust. »Du kennst Loki. Er lügt wie andere atmen.«
    Der Feuergott senkt die Lider, um den Zorn in seinen Augen zu verbergen. »Deine Enkelin ist mir mehr wert als mein eigenes Herz«, sagt er leise. »Sie hat mich aus endloser Qual errettet. Sie war es, die neben meinem Lager wachte und den Fiebernden pflegte. Sie hat dich gerufen, um mein Feuer zu löschen. Du kamst, Bruder. Du vergabst mir, wie ich dir vergab. Wir sind

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