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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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bewegten.
    Dellinger ging mit großen Schritten zum Fenster und zog die dicken Samtvorhänge zu. Er zündete die Schreibtischlampe an, die mit ihrem grünen Schirm einen sanften Lichtkreis auf die nähere Umgebung und die matt glänzende Schreibtischplatte aus edlem Holz warf.
    »Setzen Sie sich, Ash«, sagte er. »Du auch, Surya.«
    Ash sah sich um. Bilder in üppigen Rahmen schmückten die Wände, aber es war zu dunkel, um Details erkennen zu können. Im Halbdunkel des Raumes schimmerten Goldtöne, glänzten poliertes Holz und edler Marmor. Ash erinnerte sich. »Sie sind der Pâdšâh«, sagte sie. »Ich werde verrückt. Sie sind wirklich Ravis hochwohlgeborener Vater?«
    Dellinger strich sich über das gepflegte Haar. Er wirkte erstaunlich nervös. »Anscheinend ist hier einiges schiefgelaufen«, sagte er. »Sie dürften sich gar nicht an solche Details erinnern, genauso wenig wie mein lieber Sohn.«
    Ravi war blass und still. Er hockte sich auf die Kante eines Sessels und legte die Hände im Schoß zusammen, starrte stumm darauf hinab. Er schien regelrecht unter Schock zu stehen.
    Ash wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Direktor zu. »Wir erinnern uns aber. Wie wäre es mit einer kleinen Erklärung?«
    Dellinger ließ sich in einen ausladenden Armsessel aus Leder sinken und trommelte mit den Fingern gegen die Armlehne. »Sehen Sie, Ash. Es kostet einiges an Kraft, Zeit und Energie, mithilfe des Plans die Welten im Gleichgewicht zu halten. Meine Existenz hier ist nicht mehr als eine kleine Marotte, ein Schlupfwinkel, eine Art – Wochenendhäuschen.«
    »Sie sind der mächtigste Herrscher des östlichen Konglomerats. Da reden Sie von einem Wochenendhäuschen?«
    Er lächelte. »Liebes Kind. Wenn Sie wie ich dem Plan vorstünden, wüssten Sie, wieso die Herrschaft über einen mittelgroßen Teil einer nicht besonders großen Welt einem Erholungsurlaub gleicht. Ich habe meine Leute, auf die ich mich vollkommen verlassen kann. Mein persönliches Erscheinen wird nur höchst selten benötigt.«
    Ravi regte sich. Er hob den Kopf und sah seinen Vater an. »Wieso?«, fragte er. Sein Blick war anklagend. Ash begriff nicht, was er meinte, aber Dellinger anscheinend wohl.
    Der Direktor hob die Schultern. »Es erschien mir das Beste für deine weitere Ausbildung«, sagte er. »Die Akademie in Lahore ist gut und schön, aber wenn man ein wenig weiter schaut, erscheint jede menschenmögliche Ausbildung doch sehr begrenzt. Das Hauptquartier bietet da völlig andere Möglichkeiten für einen aufstrebenden jungen Mann. Vor allem, wenn dieser junge Mann deutliche Probleme mit Gehorsam und Disziplin erkennen lässt.«
    Ravi ballte die Fäuste. »Du hast mich töten lassen, damit ich ins Hauptquartier komme?«
    Ash schnappte nach Luft. Das erklärte das Auftauchen des Reifriesen am Unfallort. Sie hatte sich schon gefragt, ob er es auf sie abgesehen hatte, und warum.
    »Sie haben Ihren eigenen Sohn umgebracht?«, fragte sie.
    Dellinger winkte ab. »Meine Liebe, das sind doch vollkommen überholte Kategorien. Sie selbst beweisen gerade, dass es gleichgültig ist, auf welcher Existenzebene man sich temporär befindet. Die Unterschiede zwischen den Ebenen sind schließlich nichts weiter als winzige Verschiebungen in der Matrix.«
    Ash schüttelte den Kopf und sah Ravi an. Er war nicht mehr ganz so blass, sein Schock schien inzwischen einer gesunden Wut zu weichen. »Du hast mich umbringen lassen«, wiederholte er, »und das nur, damit ich bei den verfluchten Engeln Disziplin lerne?«
    Ash registrierte mit Befriedigung, dass die Wut den alten Ravi aus dem blassen Engel kitzelte. Da waren die blitzenden Augen des schwarzen Panthers und seine ausgefahrenen Krallen.
    Sein Vater ließ sich nicht beeindrucken. »Nicht nur deshalb, aber das war einer der Hauptgründe, ja.« Er faltete die Hände und sah seinen Sohn voller Ungeduld an. »Du bist derzeit nicht akzeptabel als Nachfolger. Ich habe überlegt, ob ich deinen Onkel Dinesh ...« Er unterbrach sich und winkte ab. »Das tut jetzt nichts zur Sache. Wir haben andere, wichtigere Dinge zu besprechen.«
    Ashs Aufmerksamkeit war abgelenkt. »Sie sind kein Inder«
    Ravi gab ein leises Knurren von sich. »Er ist nicht nur kein Inder, er ist noch nicht einmal der rechtmäßige Pâdšâh«, sagte er. »Mein Großvater wollte, dass ich ihm folge.«
    »Dein Großvater starb, als du fünfzehn warst«, fuhr Dellinger dazwischen. »Hätte ich einem Halbwüchsigen in ein Amt drängen sollen, dem er

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