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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Ravi rührte sich nicht vom Fleck. »Sie werden mich töten.« Er breitete die Flügel aus und erhob sich ein paar Schritt über den Boden. »So bin ich schneller. Ich fliege zurück.«
    »Wir sehen uns nie wieder!«, rief Ash verzweifelt. Sie wusste nicht, wer er war und was sie an ihm vor diesem Leben geliebt hatte, aber der Gedanke, ihn erneut zu verlieren, schmerzte unerträglich.
    »Wir kennen uns doch gar nicht.« Der Engel flog unentschlossen eine Kurve. Weg von ihr, wieder hin zu ihr.
    »Dann komm du mit«, sagte er.
    »Damit deine Leute mich umbringen.« Sie sah den Widerspruch in seinen Augen, dann das Erkennen und die Resignation. Sie waren Feinde. Keine der beiden Seiten würde es akzeptieren. Beleth würde ihn umbringen und Ash gleich mit erledigen.
    »Gabriel würde uns beide köpfen lassen.« Ravi landete weich neben ihr und faltete die Flügel zusammen. Ash warf einen Blick zum Himmel. Die Harpyien sammelten sich über dem seltsam geformten Riss, der die Ebene durchzog. Dort unten fand anscheinend gerade ein entscheidender Kampf statt. Blitze erhellten die düstere Landschaft. »Hügelkette Zwölf«, sagte sie. »Wo sind deine Leute?«
    Er deutete zum Horizont. »Das Hauptlager liegt hinter der Erhebung mit den zwei Spitzen.«
    Ash sah die Weißgeflügelten, die dort starteten und landeten. Sie nickte und zeigte mit dem Lichtstab auf Hügelkette Fünf, die zwischen dem Lager der Engel und dem ihren lag. »Da hinten ist niemand«, sagte sie. »Lass uns dorthin gehen. Wir können in Ruhe herausfinden, ob wir überhaupt etwas miteinander anfangen können.« Sie grinste schief.
    »Deserteure werden exekutiert«, erwiderte er düster.
    »Dazu müssten sie uns erst mal finden«, gab sie zurück. »Wer vermisst schon einen einfachen Soldaten? Sie werden denken, dass wir gefressen worden sind.« Er schaute zurück aufs Schlachtfeld und schauderte. »Mach schon, bevor uns doch noch einer vermisst.« Er schwang sich in die Luft, und nach einem kurzen Moment des Zögerns folgte Ash ihm hinauf in den Himmel. Unter ihnen in der Ebene tobte die Schlacht.
    Beide waren vollkommen außer Atem, als sie endlich zwischen zwei schroffen Felsen landeten. Das Feld lag außerhalb ihrer Sicht- und Hörweite, und alles, was vom Kampflärm noch zu ihnen drang, waren die schrillen Schreie der Harpyien, das Wiehern der Flügelrösser und das dumpfe Grollen und Dröhnen der Explosionen. Der graue Himmel über ihnen wurde wie von Wetterleuchten vom Widerschein der Flammenschwerter und Lichtstäbe erhellt, aber hier zwischen den Felsen war es dämmrig und friedlich.
    Ash lag auf dem Rücken und wartete darauf, dass ihre Atmung sich beruhigte. Der Weißgeflügelte hockte mit geschlossenen Augen neben ihr und rieb sich die Arme. Ash setzte sich auf und betrachtete ihn. Dreck und Blut verkrusteten sein Gesicht so sehr, dass sie seine Züge nur erahnen konnte. Ein Feind. Ein Geliebter?
    Er fing ihren Blick auf und lächelte. »Sehe ich so schlimm aus?«
    »Schlimmer.« Sie erwiderte sein Lächeln. Zögernd. Was auch immer sie in ihrem Leben verbunden hatte – es war vergangen, zu Staub zerfallen, vorüber. Neben ihr hockte ein Fremder, der vergeblich versuchte, mit einem schmutzigen T-Shirt sein noch schmutzigeres Gesicht zu reinigen. »Deine Hand«, sagte sie. Er sah auf seine verletzte Hand, die wieder zu bluten begonnen hatte, und zuckte die Achseln. Dann schloss er die Augen und summte leise. Es dauerte nicht lange, und die Schnitte und Risse begannen sich zu schließen. Ash sah fasziniert zu. »Deshalb bergt ihr eure Verwundeten«, sagte sie.
    Er schaute auf. »Könnt ihr das nicht? Es ist leicht, man braucht nur etwas Ruhe.«
    Ash erwiderte nichts. Sie stand unruhig auf und klopfte sich die allgegenwärtige Asche von den Beinen. »Was machen wir jetzt?« Mit einem Mal wollte sie weg von diesem Fremden, diesem Engel, zurück zu ihren Leuten.
    Er lehnte sich an den Felsen und musterte sie. »Du wolltest, dass wir desertieren. Jetzt sind wir hier, ganz unter uns. Also?«
    Ash musste lachen. »Das war eine dumme Idee«, gab sie zu. »Wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Ich will nichts von dir.«
    Er wiegte nachdenklich den Kopf und beugte sich vor, um ihre Hand zu nehmen. Ash zuckte zurück, aber er war schneller und packte mit erstaunlicher Kraft ihr Handgelenk, um es zu drehen. Ash starrte auf die Tätowierung. Ashley. Ravi. Ineinander verschränkt, miteinander verbunden.
    »Da war etwas. Unsere Erinnerung wird wiederkehren,

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