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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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und dann stecken wir auf entgegengesetzten Seiten fest.« Seine Finger streichelten ihr Handgelenk. »Du hattest recht. Wir finden uns nie wieder, wenn wir einander jetzt verlieren. Der Limbus ist zu groß.«
    Ash beugte sich auch vor und legte ihre Hand über seine Finger. Sein Gesicht war ganz nah, sie roch seinen Atem und den Schweiß, das Blut, die Angst.
    Sie sahen sich an. »Hallo, Fremder«, sagte Ash nach einer Weile.
    »Hallo, Fremde«, erwiderte er. »Was nun? Wir können doch nicht bis in alle Ewigkeit hier hocken bleiben.« »Es gibt so viele Welten. Das hier ist nur ein Trainingsgelände für das letzte Gefecht. Wenn wir den Ausgang finden …«
    Ash lachte. »Ausgang? Hier kommt niemand raus, außer er wird gefressen. Oder hast du schon mal jemanden gehen sehen?«
    Er schwieg. Ash rückte an seine Seite und lehnte sich an ihn. »Ich bin so müde«, murmelte sie und schloss die Augen.

    Aneinandergeschmiegt warteten sie auf die Ruheperiode. Sie klammerten sich aneinander und suchten Halt, Schutz, Wärme in der Hülle ihrer Flügel. Schwarze und weiße Federn verschränkten sich, Finger und Hände schlangen sich ineinander, Beine und Körper schmiegten sich eng aneinander, Wange lag an Wange, ihr Atem vermischte sich und der ewige Staub rieselte auf sie nieder, bis sie nicht mehr wussten, was an ihnen Ash war und was Ravi, was dunkel und was hell.
    Der Dämmerzustand, der den Schlaf in dieser Sphäre ersetzte, wich ebenso abrupt, wie er gekommen war. Ash setzte sich auf und rieb sich übers Gesicht. »Also los, suchen wir einen Ausgang«, sagte sie energisch. Eine Erinnerung flackerte durch ihr Bewusstsein. Bunte, glänzende Farben, sprühendes Licht, überschattet von einem gigantischen Baum. Sand und Asche, die einen Hügel hinaufflossen. Ein Mann, der aus dem Himmel stürzte. Ein Toter, der an einen Baum genagelt hing. Sie schüttelte heftig den Kopf, vertrieb alle Bilder bis auf das erste.
    Ravi stand auf und breitete seine Flügel aus. »Wo fangen wir an?«
    »Es gibt hier nur einen Ort, der so etwas wie eine Tür sein könnte«, erwiderte Ash. »Oder eine Nahtstelle zwischen unserer alten Welt und diesem Ort.«
    Ravi nickte verständnislos. Ash grinste ihn an. »Ich hoffe, du hast keine Angst«, sagte sie provozierend. »Immerhin hast du dich in einem Loch verkrochen statt zu kämpfen.«
    Der Engel hob die Brauen. »Du warst auch in dem Loch«, erinnerte er sie mild.
    Ash streckte ihre Schwingen. »Fliegen wir ein Stück.« Sie sprang in die Luft, und er folgte ihr mühelos. Sie stiegen empor in den düsteren Himmel. Rundum brannten Feuer, Rauch stieg empor und gab ihnen Schutz. Ash sah sich um, verpasste den Schlag, der sie auf die nächste Isotherme gehoben hätte und sackte durch. »Gleichmäßig«, hörte sie Ravi rufen. »Dein Rhythmus stimmt nicht.« Er lachte und zog elegant an ihr vorbei. »Süße, du warst schon immer unmusikalisch.«
    Ash war so verbissen damit beschäftigt, ihre Flügel in einen gleichmäßigen Schlag zu zwingen, dass seine Worte erst mit Verspätung in ihr Bewusstsein drangen. Sie explodierten darin wie der Schrei einer Harpyie, und Ash wäre beinahe ins Trudeln gekommen. »WAS?«, rief sie, aber Ravi schraubte sich gerade in die Höhe, und der Wind wehte seine Worte in die andere Richtung.
    Auf der anderen Seite des Feldes war undeutlich die Silhouette Azraels zu erkennen. Sie flogen von Deckung zu Deckung, mal tief, zwischen Felsen und durch Spalten, dann wieder so hoch, dass die Luft beinahe zu dünn für ihre Flügel wurde.
    Es war immer noch dunkel genug, um sie vor einem flüchtigen Blick in den Himmel zu schützen, aber manche Dämonen besaßen Nachtaugen. Früher oder später musste es auffallen, das hier eine Dunkle und ein Heller zusammen flogen. Was hatte er damit gemeint, sie wäre immer schon unmusikalisch gewesen?
    Sie keuchte. »Ravi«, rief sie, »ich muss runter!« Ohne seine Antwort abzuwarten, ließ sie sich in einer langen Kurve zum Boden sinken.
    Zitternd vor Anstrengung landete sie in der kniehohen Asche. Sie sah sich um, ob jemand ihre Landung beobachtet hatte, aber rundum bewegte sich nichts außer dem Staub, der wie ein Fluss zu einem Ort zwischen den Felsen rann. Die Feuer beleuchteten das Feld mit ihrem rötlichen und gelben Schein und durch den Qualm darüber flogen in langsamen Kurven schattenhafte Gestalten.
    »Und wohin willst du jetzt?«, fragte Ravi. Es klang ungeduldig. Er schüttelte seine Flügel aus und ließ sie verschwinden. Asche

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