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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Bemerkenswertes. Eine steife Schulter, eine knackende Hüfte, nicht mehr.«
    Ash starrte ihn verblüfft an. Das waren drei halbwegs vollständige Sätze hintereinander gewesen. Eldur musste wirklich krank sein. »Wie können Tote Zipperlein haben?«, fragte sie gedankenverloren.
    Eldur gab ein Geräusch von sich, das zwischen Schnauben, Keuchen und Lachen lag. Sie blickte auf und sah ihn an. In seinen Augen blitzte für einen Moment etwas auf, das den grobknochigen, vierschrötigen, barschen alten Mann in etwas vollkommen anderes verwandelte – aber als sie sich fragte, was das sein mochte, war der Augenblick verstrichen, und wieder saß da nur Eldur, der Hausmeister, und kratzte sich den Bauch in seiner ölverschmierten Latzhose.
    »Was ist so komisch?«, fragte Ash gereizt.
    »Niemand ist wahrhaft tot, der einmal von Krydd, dem Göttergewürz, oder Iduns goldenen Äpfeln gekostet hat«, sagte Eldur. Er erläuterte seinen kryptischen Satz nicht weiter, sondern trank den Becher aus, schraubte ihn wieder auf die Thermoskanne, stand auf und nahm seine Tasche. »Ich muss dann mal wieder«, sagte er, nickte ihr zu und ging.
    Ash saß noch eine Weile da und starrte in die Luft. Sie hatte das achte, neunte und Teile des zehnten Untergeschosses erkundet, das Erdgeschoss, in dem die Kantine sich befand, und – sehr vorsichtig – einen Teil der Chefetage. Irgendwo musste es einen Ausgang aus der Zentrale geben, denn schließlich war sie ja auch hier hereingelangt. Aber bisher war ihre Suche erfolglos geblieben, sie hatte nur Gang um Gang, Büros und Lagerräume, leere Zimmer und ein endloses Treppenhaus zu Gesicht bekommen. Sie seufzte. Natürlich hatte sie es gewagt, Eldur nach dem Ausgang zu fragen. Aber er hatte sie nur verständnislos angesehen, die Schultern gezuckt und »Wozu?« geantwortet.
    »Fraxinus, wo sind Sie?«
    Ash zuckte zusammen. Sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, auf diese Art gerufen zu werden – ohne Hilfsmittel, direkt aus der leeren Luft ins erschreckte Ohr. »Im Archiv«, anwortete sie lustlos. »Die angeforderten Akten holen.«
    »Melden Sie sich unverzüglich bei mir.«
    Fraulein Schultze erwartete keine Bestätigung, sondern prompten Gehorsam, deshalb sparte sich Ash eine Antwort. Sie schob den Wagen mit den Akten auf den Gang, gab ihm einen Klaps, sagte: »Zwölf, Büro Achtundzwanzig«, und öffnete die Tür zum Treppenhaus. Hinter ihr schepperte und quietschte der Aktenwagen zum Aufzug.
    Fraulein Schultze stand in ihrem akkuraten beigefarbenen Kostüm mitten in ihrem schwarzen Büro und … Ash traute ihren Augen nicht. Bei jedem anderen hätte sie gesagt, »rang die Hände«. Aber doch nicht bei Fraulein Schultze, vor der sogar Alpha den Kopf einzog!
    »Fraxinus, da sind Sie ja endlich!« Die Vorzimmerdame schoss auf sie zu und zerrte sie zu der gepolsterten doppelten Durchgangstür, die ins Nebenzimmer führte. »Wie sehen Sie denn aus? Ich muss Sie irgendwie sauber bekommen, so kann ich Sie nicht reinschicken!« Sie lief zum Schreibtisch, riss eine Schublade auf und holte die Bürste hervor, mit der sie sonst den Tisch abzufegen pflegte. Damit fuhr sie nun über Ashs Hose, die Jackenärmel, den Rücken, und sie hätte auch Ashs Gesicht nicht verschont, aber Ash drehte sich hastig weg und fragte: »Was ist denn los?«
    »Die Revision«, flüsterte Fraulein Schultze. Ihr Knoten war ein wenig verrutscht und sie hatte kreisrunde rote Flecken auf den Wangenknochen. »Der Plan hat eine Revision angekündigt. Alpha ist außer sich!«
    Ash verzog das Gesicht. Weder der Plan noch eine angedrohte Revision, unter der sie sich ohnehin nichts vorstellen konnte, erschütterten sie sonderlich. Aber ein außer sich geratener Leiter der Zentrale hatte durchaus etwas Furchterregendes.
    »Und was hat das mit mir zu tun?«, fragte sie, aber Fraulein Schultze war nicht gewillt, sich weiter ihrer Hilfskraft zu widmen. »Alpha wartet«, sagte sie kurz und öffnete die erste der Doppeltüren, klopfte an die dahinter liegende und schob Ash hindurch, als eine Bassstimme »Herein« donnerte.
    Der Leiter der Zentrale thronte hinter seinem Schreibtisch. Sein massiger Körper schien wie ein Monument geradewegs aus der spiegelnden Platte zu wachsen. Sein Büro, das noch ein gutes Stück weitläufiger war als das seiner Vorzimmerdame, war ebenfalls in allen Schattierungen von Schwarz gehalten, mit gelegentlichen geschmackvollen Farbtupfern in Blut- und Dunkelrot. Ash ging zum Schreibtisch und blieb vor Alpha

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