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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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stehen. »Chef?«, sagte sie.
    Der Oberste Dämon blickte auf. Seine Augen waren blutunterlaufen, seine Gesichtshaut von einem kränklichen Blaugrün, und über seine Schläfen zog sich ein zartes Schuppenmuster. Außerdem quollen kleine Rauchwölkchen aus seinen Ohren. Fraulein Schultze hatte nicht übertrieben, Aftanasios Antagonistides befand sich offensichtlich in gereizter Stimmung.
    »Fraxinus«, bellte er, wobei er Reißzähne und eine grüne, gegabelte Zunge sehen ließ. »Wo haben Sie gesteckt?« Ein Fliegenschwarm summte um seinen kahlen Kopf.
    »Im Archiv, Chef. Angeforderte Akten …«
    »Mund halten, zuhören!« Alpha erhob sich und Ash wich einen Schritt zurück. Antagonistides war selbst für einen Dämon erstaunlich groß und massiv. Wenn er aus seinem Sessel aufstand oder durch den Raum ging, erinnerte die Bewegung an eine Kontinentalverschiebung. »Sie werden der Revision zugeteilt«, brüllte er. »Man hat einen kompetenten Sachbearbeiter verlangt, aber sie wollen keinen Dämon, und ich sehe nicht ein, Fraulein dafür abzukommandieren. Sie sind zur Zeit der einzige Mensch in meiner unmittelbaren Umgebung, Fraxinus. Ich ernenne Sie hiermit zur Sachbearbeiterin. Geben Sie sich also gefälligst Mühe, kompetent zu wirken, haben Sie mich verstanden?«
    »Ja, Chef«, sagte Ash. »Darf ich fragen, was ich …«
    »Nein, Sie dürfen nicht!«, donnerte der Dämon. »Verschwenden Sie nicht meine Zeit!«
    Ash grinste. Als ob Zeit hier ein rarer Artikel wäre.
    »Was feixen Sie?«, brüllte Antagonistides. »Finden Sie mich amüsant?«
    Ash fand ihn durchaus amüsant, aber sie hütete sich, ihm das ins Gesicht zu sagen. »Nein, Chef«, sagte sie. »Ich freue mich nur auf meine neue Aufgabe. Sobald ich herausgefunden habe, worin sie besteht, heißt das.«
    Der oberste Dämon öffnete verblüfft den Mund. Ash beobachtete fasziniert, wie seine Hautfarbe normale Fleischtöne annahm, die Schuppen verschwanden und die roten Augen aufhörten, Funken zu sprühen. Sein Gesichtsausdruck glich nun eher dem einer gutmütigen Bulldogge.
    Antagonistides blinzelte, hüstelte und begann zu lachen. »Gut, Fraxinus«, brummte er. »Wenn Sie das mit der Revision auch im Griff behalten, bekommen Sie eine Belobigung. Von mir persönlich.« Er zwinkerte ihr anzüglich zu und deutete zur Tür. »Abgang, Fraxinus.«
    Ash nickte und wandte sich um, wartete ergeben darauf, dass er ihr in den Hintern kniff, und öffnete die Tür. »Gutes Mädchen«, hörte sie ihn noch sagen, dann stand sie wieder im Vorzimmer und rieb sich die schmerzende Rückseite.
    »Sie haben ihn besänftigt«, sagte eine deutlich erleichterte Vorzimmerdame. »Fraxinus, Sie lernen wirklich dazu. Ich bin stolz auf Sie.«
    »Danke«, murmelte Ash, die das wenig interessierte. »Was ist die Revision? Worin besteht meine Aufgabe?«
    »Dazu habe ich jetzt wirklich keine Zeit«, ließ auch die Vorzimmerdame sie abblitzen. »Sie werden das schon machen. Ich muss mich um den Terminkalender des Chefs kümmern, das wirft einfach alles über den Haufen, oje, oje!«
    Jetzt heulte auch noch das Telefon wie ein ganzes Rudel Wölfe. Fraulein Schultze riss den Hörer von der Gabel, fauchte: »Ja, was ist denn?« und wurde abwechselnd blass und rot, als sie die Stimme am anderen Ende erkannte. »Oh«, sagte sie erschüttert. »Oh, ich muss mich … Entschuldigen Sie tausend Mal, ich habe nicht mit Ihnen … Ich bin untröstlich, lieber, lieber M …«
    Ash wandte sich hastig ab und grinste eins der grämlichen Porträts an der Wand an. Fraulein Schultze hatte IHN angeblafft. Das würde sie sich nie verzeihen. ER war es doch, der ihren tristen Alltag vergoldete, rosige Töne auf ihre blassen Wangen zauberte, sie zum Singen und Tanzen brachte – M. Der gottgleiche, wunderbare Held, ihr Prinz auf dem weißen Ross, der unvergleichliche, bezaubernde, charmante und blendend aussehende M, für den sie barfuß über Glasscherben gehen würde, wenn er es doch nur endlich von ihr verlangte!
    Ash hatte dieses Wunderwesen ein einziges Mal zu Gesicht bekommen und danach mit Murgatroyd draußen im Gang eine Zigarette rauchen müssen, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Der kleine Dämon hatte sie währenddessen die ganze Zeit in die Seite geknufft, »Beruhige dich doch. Hör auf zu lachen. Sie wird dich noch hören!« gemurmelt und dazu sorgenvoll den Kopf geschüttelt.
    Fraulein Schultze legte auf, das blasse Gesicht rot überhaucht. Sie sah Ash an, wurde noch eine Schattierung roter.

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