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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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schlossen sich müde. »Ich bin daran gewöhnt. Aber jetzt ist wieder Jul, Mittwinter. Die schlimmste Zeit. Es wäre auszuhalten, wenn ich zu Hause wäre, wo die Zeit still steht.« Er schien im Sitzen einzuschlafen. Lange Zeit war es still bis auf das Knacken und Knistern des Feuers. Dann schreckte er hoch und schüttelte sich. »Ich lege mich hin«, sagte er und zog im Aufstehen den viel zu kleinen Pullover über den Kopf.
    Ash unterdrückte einen erstaunten Ausruf. »Flamme«, sagte sie. »Du siehst aus wie ein Bär.«
    Er wandte den Kopf. »Mein väterliches Erbe«, sagte er mit einem Aufblitzen seines alten Humors. »Lässt sich zum Mittwinter manchmal nicht verleugnen.« Er hustete grollend.
    Ash betrachtete den weißgrauen Pelz, der auf seinem riesenhaften Körper wuchs. Er war in der Zeit, die sie hier gesessen hatten, bestimmt noch eine Handbreit gewachsen und deutlich breiter geworden. »Was war dein Vater?«, fragte sie beklommen. »Ein Eisbär?«
    Ein Eisbär. Er brach aus der Nebelwand und lief über die Straße …
    Ash schüttelte den Kopf und vertrieb das seltsame Bild.
    »Ein Hrimthurse«, murmelte Eldur. »Allerdings dürfte er nicht wie ich ständig gefroren haben.« Er schnitt eine Grimasse und wickelte sich in seine Decke. Das Sofa wirkte klein und schmal unter seiner mächtigen Gestalt.
    Ash betrachtete ihn besorgt. »Was machst du jetzt?«
    »Ich gehe nach Hause, wenn ich mich ein bisschen ausgeruht habe.« Eldur, der Frostriese, gähnte. Aus seinem Mund wehte eiskalter Reif und ließ die Temperatur im Zimmer um ein paar Grad sinken.
    Er riss die Lider wieder auf. »Ich muss dir noch etwas geben«, sagte er und wühlte in seinen Kleidern. Er zog eine kleine, verbeulte Blechdose hervor und drückte sie Ash in die Hand. »Das hier schickt dir mein – ah – Geschäftspartner. Du erinnerst dich?«
    Ash nickte. »Du wolltest ihn um einen Passierschein für mich bitten.«
    Der verwandelte Eldur nickte schläfrig. »Du musst etwas für ihn tun, dann hilft er dir.«
    Ash wartete, aber er fuhr nicht fort. Seine Augen waren geschlossen, er atmete tief und rasselnd.
    »Eldur«, sagte sie geduldig. »Eldur!«
    Seine Lider flatterten. »Hm.« Er zwang sich in eine halb sitzende Position. »Sieh es dir an.«
    Ash öffnete die Dose. Ein halbes Dutzend flacher, seltsam geformter Käfertiere krabbelten darin herum. Sie waren dunkelgrün und hübsch anzusehen. Ash schloss die Dose wieder und hob eine Braue. »Was soll ich damit? Sie gut füttern, damit sie wachsen und gedeihen?«
    Eldur lachte und hustete gleichzeitig. »Es gibt ein Büro in der Zentrale, das ich nie betrete.« Er machte eine Pause, und fuhr dann fort: »Überall tropfende Heizungen. Mein ganz persönlicher Passierschein.« Er lachte wieder.
    Ash verdrehte die Augen. »Das ist nicht dein Ernst!«
    Er hörte ihr nicht zu. »Antagonistides' Arbeitszimmer«, fuhr er fort. »Dort kann ich mich nicht blicken lassen. Die Gefahr ist zu groß, dass er mich erkennt – nicht mich persönlich, aber das, was ich bin.« Seine Augenlider sanken unaufhaltsam wieder hinab.
    Ash rüttelte ihn an der Schulter. »Was soll ich tun?«
    »Wenn du das nächste Mal bei ihm bist – lass die Wanzen einfach in seinem Zimmer laufen.«
    »Wanzen«, sagte Ash fassungslos. Sie begann zu lachen. »Ich soll Alphas Arbeitszimmer für dich verwanzen?«
    »Nicht für mich«, flüsterte Eldur. »Für …« Er schlief.
    Ash betrachtete fassungslos die Blechdose, in der es leise krabbelte. Dann zog sie die Decke vom Sessel und legte sich zu Eldur, der im Schlaf leise stöhnte. Sie drückte sich an ihn, aber es war viel zu eng auf dem Sofa, und er schien immer noch zu wachsen. Kurz entschlossen krabbelte sie auf ihn und zog ihre Decke über sie beide. Er brummte wie ein Bär und legte seine riesige Hand auf ihren Rücken. Sie war kalt. Ash schauderte und vergrub ihr Gesicht in dem erstaunlich weichen, dichten Pelz, der seine Brust bedeckte. Er roch schwach nach Moschus.
    Die Nacht schritt auf leisen Füßen voran. Das Feuer im Ofen verglomm. Es war kalt im Zimmer, und die Kälte ging vom Körper des Reifriesen aus. Ash erwachte davon, dass Schauder sie schüttelten. Sie schlug die Augen auf und sah in Eldurs waches Gesicht. »Ash«, sagte er mit so tiefer Stimme, dass sie Mühe hatte, ihn zu verstehen. »Du solltest die Tablette nicht nehmen, wenn du allein bist. Hörst du mich?«
    Sie nickte verwirrt.
    »Warte bis ich wieder da bin. Ich kehre bald zurück. Nicht alleine, Ash.

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