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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Musste die Chefsekretärin immer so brüllen? Sie schob den Stapel Akten auf die Tischkante und sagte: »Hier ist der Rest, Mac. Ich muss rauf zu Alpha.«
    Der Major schob sich einen Kaugummi in den Mund und nickte, ohne aufzublicken. Er arbeitete sich in einem unglaublichen Tempo durch einen ungeheuren Wust an Papier. Ash sah fasziniert ein paar Sekunden lang zu, wie Ordner um Ordner in die Ablage flog, dann riss sie sich los und rannte zum Lift. Fraulein Schultzes Stimme hatte so einen hysterischen Unterton gehabt, da ließ man sie besser nicht warten.
    »Fraxinus, wo bleiben Sie denn?«
    Ash schloss die Tür hinter sich und sagte: »Ich bin doch hier, Fraulein Schultze.«
    Die Vorzimmerdame war sichtlich aufgelöst. Ihr sonst so akkurater Dutt hing ein wenig schief und sie hatte kreisrunde Flecken auf den Wangenknochen. Sie schoss hinter ihrem Tisch hervor und packte Ash am Handgelenk, zerrte sie zu der kleinen Teeküche. »Ich muss fort. M ist beim Chef. Er hat seine Verdauungskekse vergessen und ich muss sie ihm holen. Sie kochen bitte eine Kanne starken Mokka für Alpha und einen schwachen Kamillentee für M.«
    Ash zwang sich zu einer neutralen Miene. Der einzigartige, wunderbare M war zu einem seiner wöchentlichen Besuche erschienen. Singt Halleluja … nein, besser doch nicht.
    »Verdauungskekse?«, fragte sie, weil sie glaubte, sich verhört zu haben.
    Fraulein Schultze wühlte in einer Schublade herum und schimpfte leise vor sich hin. »Wo hab ich es denn … Gestern war es doch noch … Wer hat mir hier wieder … Ah, da ist es ja!« Triumphierend zog sie ein schwarzes Kärtchen aus der Schublade und klemmte es sich sorgfältig an den züchtigen Ausschnitt ihrer Bluse.
    Ash bemühte sich, nicht zu auffällig auf das Pappkärtchen zu starren. Das war ein Passierschein, und mit einiger Wahrscheinlichkeit war es einer der kostbaren Passepartouts. »Kamillentee?«, fragte sie.
    Fraulein Schultze steckte sich mit fahrigen Händen den Dutt neu und richtete ihre Bluse. »Kamillentee«, bestätigte sie ungeduldig. »Ein Beutel auf die vorgewärmte Kanne, kochendes Wasser – Fraxinus, haben Sie noch nie Kamillentee gekocht?«
    Ash gluckste. »Doch, das bekomme ich so gerade noch hin. Die Beutel sind im Schrank?«
    Fraulein Schultze hörte ihr nicht zu. Sie zog mit energischen Strichen ihren zartrosa Lippenstift nach, musterte sich mit finsterer Miene im Spiegel, seufzte und ging hinaus.
    Ash kochte Tee (schwach) und Kaffee (stark), schichtete ein paar Kekse (mit Schokoladenguss) auf ein Tellerchen, suchte nach Zucker und Milch und stellte alles zusammen mit Tassen und Löffeln auf ein Tablett. Dann ging sie zu der gepolsterten Doppeltür, öffnete sie mit dem Ellbogen und pochte mit dem Fuß an die innere Tür.
    Der Ruf von drinnen erklang unartikuliert, aber einladend. Sie drückte die Tür auf und transportierte das Tablett zu der selten benutzten Sitzecke, über die ein stachliger, zweimannhoher Kaktus seinen bizarren Schatten warf.
    »Danke«, sagte Antagonistides, ohne aufzublicken. Er starrte finster grübelnd auf ein Backgammonbrett hinab. Falls er die schwarzen Steine hatte, sah es schlecht für ihn aus.
    »Herzlichen Dank, meine Liebe«, sagte sein Spielpartner. Er blickte auf und lächelte Ash an. »Ashley – ah – Fraxinus, habe ich recht?« Er nahm die Tasse entgegen und ließ sich von Ash den zartgelben Kamillentee eingießen. »Ah, wie wohltuend das duftet«, sagte er und trank einen großen Schluck.
    Ash verzog angewidert das Gesicht und servierte Alpha seinen Mokka. Der schob schnaufend zwei Steine über das Brett, knurrte: »Du bist dran«, und rührte sich drei gehäufte Löffel Zucker in seinen Kaffee.
    »Weißt du, was du deinem Magen damit antust?«, bemerkte M und ließ die Würfel in dem kleinen Lederbecher kreisen.
    »Mein Magen hat keine Probleme mit Zucker. Nun würfele schon!«
    Ash zog sich zurück und ordnete Kannen und Zubehör auf dem Beistelltisch. Es wurde erwartet, dass sie bereit stand, um die Tassen der beiden Herren aufzufüllen, wann immer sie leer wurden.
    Sie betrachtete Alphas Besucher. Er kam regelmäßig mindestens einmal in der Woche vorbei, um mit Antagonistides Backgammon zu spielen. Zwei gegensätzlichere Freunde hätte man sich kaum vorstellen können: Der bullige, laute Alpha, der rauchend und fluchend, rotäugig wie eine gereizte Bulldogge in seinem Sessel hockte und der kleine, hagere, graugesichtige M in seinem schlichten hellbraunen Anzug, der still und ein

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