Projekt Atlantis
komplexer dar, als es den Anschein hatte, es gab Schattenseiten, versteckte Schwierigkeiten und späte Folgen. In diesem Augenblick aber, am zweiten Abend ihrer Forschungsreise, leuchtete der Horizont. Eine wichtige Hürde war genommen, die nicht nur die Mannschaft, sondern auch ihn motivierte.
Peter lächelte. Er sah sich hier an Deck eines gewaltigen Forschungsschiffes stehen, wie er es bisher nur aus der Ferne gekannt hatte. Er, der neben einigen Hilfsarbeiten als Student und einer Handvoll Studienreisen nie im Feld tätig gewesen war, war nunmehr nicht nur Teilnehmer, er war sogar ursächlich und verantwortlich für ein Projekt, dessen Größe ihm selbst Respekt einflößte.
War er wirklich auf der Suche nach Atlantis?
Noch vor wenigen Jahren hatte er am Schreibtisch seines Büros im Museum für Völkerkunde in Hamburg gesessen und hätte über jeden gelacht, der sich angestrengt hätte, dieser Legende tatsächlich nachzugehen. Stattdessen hatte er Tagungsunterlagen und Forschungsberichte gelesen und geglaubt, das Wissen der Welt allein aus Puzzleteilen zusammensetzen zu können. Er hatte sich von Ruinen und Ausgrabungen entfernt und damit – das erkannte er jetzt – aus seiner Not eine Tugend gemacht. Er hatte die Mythologie erforscht, die Mystik und die Religionsgeschichte. Er hatte versucht zu ergründen, wie sich Legenden und Traditionen durchdrangen und bedingten, wie sich Ideen, Anschauungen und Glaube entwickelt hatten. Er hatte gedacht, Kulturen und letztlich die Gegenwart dadurch besser verstehen zu können. Tatsächlich aber hatte er dabei immer in die falsche Richtung geblickt. Er ahnte heute, dass er schon damals auf einer ganz anderen Suche gewesen war: einer Suche nach dem Ursprung allen Wissens und aller Weisheit. Wo kamen die Menschen her? Woher stammte ihr Wissensdrang? Wie war der Evolutionssprung vor sich gegangen, in dieser einzigen von Milliarden unterschiedlicher Spezies auf dem Planeten, die innerhalb kürzester Zeit Schrift, Wissen und Kultur entwickelt hatte?
Als er vor wenigen Jahren das erste Projekt gemeinsam mit dem Franzosen begonnen hatte, wäre er nie auf den Gedanken gekommen, dass dies sein Leben ändern könnte. Dann aber hatten sie eine unerklärliche Quelle des Wissens gefunden, die ihre Kenntnis über die Geschichte Lügen strafte. Es war ihnen offenbart worden, dass es ein verborgenes Geheimnis hinter den Jahrhunderten und Jahrtausenden gab. Noch war ihnen nicht klar gewesen, welche Zusammenhänge es gab, und doch hatten sie nur wenig später dieselbe Spur erneut aufgenommen, in Ägypten. Hier hatte Peter das erste Mal selbst in einem solchen Wissensarchiv gestanden, war in Berührung mit dieser unbekannten und längst verschollenen Kultur gekommen, die zu einer Zeit, lange vor den Ägyptern, als das Land fruchtbar gewesen war, es Regen gegeben und sich Tropfsteinhöhlen gebildet hatten, bereits über Wissen verfügte, das das heutige in den Schatten stellte.
Ja, nun war er tatsächlich auf der Suche nach Atlantis. Es lag dort draußen, tief unter dem Meer. In ewiger Stille und Dunkelheit. Das große Geheimnis, der erste Quell. Atlantis war dort. Und er würde es finden!
Kapitel 6
Fluid Lounge & Nightclub, Nassau, Bahamas
Jeff bahnte sich einen Weg durch die tanzende Menge. Er bemühte sich kaum, die beiden Cocktails nicht zu verschütten. Die dröhnende Musik hatte ihn längst im Griff, ebenso wie die drei Martinis, die er und Sheryl schon getrunken hatten.
Er sah sie im Gespräch mit einem jungen Kerl mit schwarzen Dreadlocks, den er als einen der DJs identifizierte. Sheryl warf den Kopf nach hinten und lachte auf, während der Typ eine Hand auf ihre Hüfte legte und eindeutige Bewegungen mit seinem Becken machte.
»Was soll'n das werden, Mann?«, fragte Jeff gegen den Lärm an, als er herangetreten war.
»Hi, Baby«, rief Sheryl.
Der DJ drehte sich um und grinste Jeff an. »Nicht schwitzen, lucky boy. Heiße Frau hast du, Mann.«
»Darauf kannst du wetten«, gab Jeff zurück, während er einen der Cocktails an seine Freundin reichte. Jeff war sich unsicher, in welche Richtung der Kerl das Gespräch lenken wollte. Unverschämtheiten wollte er sich nicht bieten lassen, aber er hatte auch nicht vor, sich mit ihm anzulegen.
»Alles cool?«, fragte der DJ.
»Ja, alles cool...«, gab Jeff zurück.
»Leute, ich bin Lance. Habe euch hier noch nie gesehen. Das erste Mal in Nassau?«
»Jeff geht morgen auf ein Schiff«, antwortete Sheryl. »Ein richtig
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