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Projekt Babylon

Titel: Projekt Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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Luftspiegelung, dann wieder wirkte er fast durchscheinend.
    Patrick beschlich das ungute Gefühl, dass die Stille und Sanftmütigkeit dieser Höhle trog. Hier verbarg sich etwas, das weitaus größer war als jener erste Schritt, der ihn auf den Mittelgang führen würde. Hinter der Einladung, vorzutreten, lauerte etwas. Und Patrick hatte keine Vorstellung davon, was es sein könnte.
    Dies ist die Gefahr, durch die Welten vernichtet wurden.
    Welcher Natur war die Strahlung, die hier zu sehen war? War dies vielleicht eine Waffe? Eine Art Reaktor? Waren Menschen überhaupt dazu bestimmt, diese Grenze zu überschreiten? Vielleicht durfte dieses Licht nicht berührt werden, vielleicht schützte es das Innere der Kreise, vielleicht musste man es zunächst irgendwie ausschalten ?
    Je mehr Patrick darüber nachdachte, desto weniger feindselig kam ihm die Erscheinung vor. Denn gleichzeitig wirkte sie beruhigend und verheißungsvoll. Möglicherweise war es einfach nur die Fremdartigkeit des Phänomens, die so bedrohlich wirkte und derart zwiespältige Gefühle hervorrief.
    Vorsichtig streckte Patrick eine Hand aus und berührte die Grenze des Lichts.
    Nichts ließ sich mit den Händen greifen, auch die Temperatur veränderte sich nicht. Es schien nicht mehr als Licht und Luft zu sein. Und doch ließ sich nun auf seinen Fingern derselbe Fata-Morgana-Effekt beobachten wie auf den Steinen.
    Stefanie war dicht herangetreten und verfolgte das Geschehen. Patrick sah sie an.
    »Hier ist wieder so ein Übergang«, sagte er.
    »Ja, sieht so aus...«
    »Wie beim Durchgang, nur anders. Eine Grenze in der Luft.«
    »Und jetzt? Sie wollen doch wohl nicht etwa da rein?«
    »Ich bin mir nicht sicher... man kann es berühren...«
    »Das kann man die Schwärze im Durchgang auch. Und was passieren kann, haben Sie ja am eigenen Leib kennen gelernt.«
    »Ja, aber nun scheint es ja offen zu sein. Vielleicht kann man hier jetzt auch einfach durch.«
    » Vielleicht? Wollen Sie das riskieren?«
    »Jetzt sind wir so weit gekommen.«
    »Ich kann nur hoffen, dass Sie das nicht ernst meinen! Auch wenn ich Ihre Neugier nachvollziehen kann, ist das doch wohl kaum... PATRICK! «

    Es traf ihn mit der Gewalt eines Orkans.
    Mit einem kleinen Schritt hatte er die Grenze überquert und stand nun unvermittelt in einem gleißenden Sturm aus Bildern, getrieben von einer kreischend lauten Kakophonie aus Klängen, Geräuschen und Stimmen. Ohnmächtig durchspülten ihn unermessliche Eindrücke – aus zahllosen fremden Ländern und fernen Zeiten zugleich, Menschen, Tiere, Bauwerke, Sprachen und Gesänge, alles wirbelte in einem infernalischen Orchester durcheinander, drang durch jedes Tor und jede noch so kleine Fuge seiner Wahrnehmungsfähigkeit in sein Mark. Es vergewaltigte seine Sinne, nahm ihnen Unschuld, Willen und Wider-Stand, brandete in einer dröhnenden Flutwelle an seinen Verstand, zerschlug donnernd den letzten Wall und verschlang alles in einer Sintflut der Sinne und des Geistes.
    Kraftlos sank Patrick auf die Knie. Alles verschwamm in Dunkelheit.
    Finsternis. Stille.
    Unfähig, sich zu bewegen, gefangen auf dem Boden der Tiefsee, in einem mentalen Unterseeboot, dessen Schotten geflutet waren, schien selbst die Zeit ihren Atem anzuhalten.
    Und dann blieb sie stehen.
    Keine Zeit, kein Licht, kein Ton.
    So trieb er durch das Nichts, als er in der Ferne ein feines blaues Funkeln ausmachte. Es verschwand, wenn er es ignorierte. Dann kehrte wieder Ruhe ein. Doch es glimmte stets erneut auf. Wenn er seine Aufmerksamkeit darauf richtete, wuchs es an. Er missachtete es, und es schrumpfte wieder. Eine Weile vergnügte er sich daran, das Licht wachsen und verschwinden zu lassen. Er wollte sich gerade davon abwenden, als sich dem kleinen Licht eine leise Stimme hinzugesellte. Je mehr er sich anstrengte, zu hören, was sie sagte, desto lauter wurde sie. Und mit ihr schwoll das Licht an, und schon bald gab es kein Zurück mehr. Er raste mit zunehmender Geschwindigkeit nach oben.
    Mit brennenden Lungen und letzter Kraft brach er durch die Oberfläche. Stöhnend atmete er aus und sog sich die Lungen voll mit frischer Luft. Leben spülte durch seine Adern, durch seine Nerven. Er schlug die Augen auf. Sanftes blaues Leuchten umfing ihn.
    »Patrick! Da sind Sie ja!«
    Er sah in Stefanies Gesicht. Nie war sie ihm schöner vorgekommen. Und gleichzeitig wirkte sie plötzlich entrückt, erhaben. Mit einem Mal spürte er ihre Andersartigkeit so intensiv, dass es ihn sexuell

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