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Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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reinigte. Sie stieß ihren Atem wieder aus und mit ihm allen Kummer, alle Ängste, alle Zweifel.
    Sie brauchte keinen Beschützer mehr.
    »Wie lange es auch dauert, ich werde Iridium wieder zurück nach Hause holen. Das verspreche ich.« Ihre Augen tränten, als sie direkt in die Sonne blickte. Doch sie wich nicht aus. »Und der Gerechtigkeit wird Genüge getan werden.«
    Night legte ihr seine behandschuhte Hand auf die Schulter. »Das wird es, Kleiner Schatten. Das verspreche ich dir. Der Tag der Abrechnung wird kommen. Und dann wird das Licht vor dem Schatten auf die Knie fallen.«
    Seine Worte ließen sie vor Erwartung beben, und das erste Mal seit Tagen gestattete sich Jet wieder ein Lächeln.
    Die Sonne ging auf, und eine neue Zeitrechnung brach an.



KAPITEL 59
    JET
     
    Haben Außermenschliche überhaupt eine Wahl? Ist es Schicksal? Berufung? Oder ist es etwas anderes, das sie dazu veranlasst, ihr eigenes Wohl zurückzustellen und ihr Leben stattdessen vollkommen der Aufgabe zu weihen, anderen zu helfen?
    Lynda Kidder, »Origins, Teil eins« New Chicago Tribüne, 26. März 2112
     
    Als Jet erwachte, lag sie seitwärts auf dem Boden, die Arme. hinter dem Rücken gefesselt. Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie wach war. Ihr Gehirn arbeitete träge, wie in Zeitlupe, und sie musste einige Male blinzeln, bis sie halbwegs klar sehen konnte. Das half allerdings nicht viel. Alles, was sie erkennen konnte, war eine graue Wand sehr nahe vor ihrem Gesicht.
    Fußboden, dachte sie wie im Nebel. Warum liege ich auf dem Fußboden?
    »Wurde auch Zeit«, sagte eine körperlose Stimme. Die Worte hingen in der Luft. Aber es handelte sich nicht um eine ihrer Schattenstimmen. Diese hier hörte sie mit den Ohren. »Ich dachte schon, du würdest die ganze Wartezeit verschlafen.«
    Jet blinzelte wieder. Dann gelang es ihrem Kopf, eine Verbindung von der rauen Stimme zu einem Namen herzustellen. »Iridium?«
    »Ja.«
    So schnell sie konnte, setzte sie sich auf und wappnete sich für den Kampf. Dann sackte sie mit einem lauten Stöhnen wieder in sich zusammen. Sie schloss ganz fest die Augen und hoffte, die Welt auf diese Weise davon abhalten zu können, sich um sie zu drehen.
    »Ach, das habe ich ganz vergessen«, sagte Iridium. »Das sind Betäubungshandschellen. Du solltest dich langsam bewegen. Sonst kotzt du dich von oben bis unten voll. Und dann wird’s hier ziemlich übel stinken.«
    »Mach nur weiter«, presste Jet zähneknirschend hervor. »Genieß den Triumph.«
    »Wer, ich? Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.«
    »Wovon redest du?«
    Sie vernahm ein gedämpftes Lachen. Es war ein bitteres Geräusch, völlig ohne Spott. »Ich bin genauso verschnürt wie du, Joannie.«
    Jet setzte sich wieder auf, nur diesmal viel langsamer. Erleichtert stellte sie fest, dass sie den Kopf oben behalten konnte, ohne das Gefühl zu haben, sie würde sich gleich die Seele aus dem Leib kotzen. Die Wand vor ihr war völlig kahl. Wahrscheinlich eine Platte aus Beton oder Stahl. Schwer zu sagen bei der schlechten Beleuchtung. Ganz langsam, Zentimeter um Zentimeter, drehte sie sich um, bis sie den Rest des kleinen Raumes überblicken konnte. Es war in der Tat eine Zelle, mit nur einer Tür und ohne Fenster. Sie bot gerade genug Platz für sie … und Iridium.
    Kalt starrte Jet auf die Frau ihr gegenüber. Und dann blinzelte sie verblüfft. Iri war übel zugerichtet. Klar, ihre Haltung verkörperte immer noch die pure Arroganz: Sie saß auf dem Fußboden und lehnte mit dem Oberkörper lässig an der Wand wie ein beleidigter Teenager. Aber ihr Gesicht sprach eine andere Sprache. Auf ihrer Stirn prangte eine vielfarbige, hässliche Beule, groß wie ein Hühnerei. Ihre Augen, die ansonsten scharf blickten und fast eisblau waren, wirkten unstet und wässrig. Ihr Gesicht aschfahl. Das schwarze Haar klebte in fettigen Büscheln an den Wangen und der schweißnassen Stirn.
    Und ja. Auch Iris Arme waren hinter dem Rücken gefesselt. Jet konnte das silbern-elektrisierende Leuchten der Betäubungshandschellen sehen.
    »Ja, ich weiß«, sagte Iridium und lächelte dünn. »Aber du solltest erst mal den anderen Typen sehen.«
    »Sieht der noch schlimmer aus als du?«
    »Im Moment nicht. Aber wenn ich mit ihm fertig bin.«
    Es war ein tolles Schauspiel. Jet glaubte ihr beinahe – dass sie wirklich gefangen saß und man sie hier mit ihr in eine Zelle gesperrt hatte. Aber das war Iridium. Sie log. Sie betrog. Sie schlug noch

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