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Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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der Zimmercode D38 auf, zusammen mit einer Wegbeschreibung zu den Mädchenschlafräumen.
    Als sie kehrtmachte, um im Gleichschritt mit den anderen Schülern aus der Turnhalle zu marschieren, stieß ihr Hornblower seinen Ellenbogen hart in die Rippen. »Wir sehen uns noch«, giftete er im Vorbeigehen.
    Iridium blickte dem Hinterkopf mit dem blonden Bürstenschnitt hinterher und murmelte: »Darauf kannst du deinen Arsch verwetten.«
    »Tsss.« Das Mädchen, das sie schon vorher ermahnt hatte, still zu sein, wies sie zurecht: »Helden fluchen nicht, Iridium.«
    »Halt deine große Klappe, Dawnlighter.«
    Dawnlighter reckte ihre Nase hoch in die Luft und sah demonstrativ weg. Die Marschkolonne der Mädchen trennte sich von jener der Jungen und schritt unter dem Bogen hindurch, der den Eingang zum Mädchenflügel bildete.
    Die Tür zu Zimmer D38 war verriegelt. Iridium hielt ihr Datenarmband zum Scannen gegen das Schloss. Es bestand aus schimmerndem, weißen Plastik und hatte einen kleinen Datenbildschirm und einen Chip, ähnlich wie das Erkennungszeichen, das sie in der Grundschule um den Hals getragen hatte. Der kleine, tiefschwarze Kreis, der sich deutlich von dem weißglänzenden Armband abhob, ordnete sie den Lichtmächten zu. Branding wurde in der Akademie großgeschrieben. Gelb stand für Erdmächte, Blau für Wassermächte. Wie originell.
    Nachdem der Corp-Zentralcomputer in der Ops Iridiums Scan erfasst und ihren Eintritt im Logbuch vermerkt hatte, sprangen die Verriegelungen zurück, und die Tür öffnete sich mit einem Zischen wie bei einer Isolationskammer.
    »Hi«, begrüßte Iridium ihre Mitbewohnerin.
    Das Mädchen saß auf der Kante seines Bettes und drehte die Fransen am Saum der weißen Tagesdecke zwischen den Fingern. Honigblondes Haar umrahmte ein herzförmiges Gesicht, dessen Blick starr nach unten auf die Knie gerichtet war.
    Iridium trat ein und musste die Augen zukneifen. Jedes einzelne Licht im Raum war in Betrieb, einschließlich der Leuchtstreifen im Boden, die normalerweise nur zu Ausbildungszwecken oder bei Alarm eingeschaltet wurden. Die Sachen des Mädchens nahmen bereits die eine Hälfte der Kommode und des Kleiderschranks ein sowie auch die Hälfte des schmalen Regals im Bad, das sich über dem Waschbecken und der Dampfdusche erstreckte. Viel besaß sie nicht. Keine Spielkleidung. Nur schwarze und graue Overalls, wie sie an der Akademie getragen wurden, und ein vorgeschriebener weißer Kampfdress. Keine Bücher, keine Videokonsole, nichts, aus dem Iridium schließen konnte, dass irgendjemand sich etwas aus ihrer Zimmergenossin machte, wo immer sie auch herkommen mochte.
    Andererseits waren all ihre Sachen peinlich genau geordnet. Vielleicht hatte sie doch irgendwo eine pingelige Mutter oder einen Vormund, der ihr sagte, dass sie gerade sitzen und immer brav ihr Gemüse essen sollte.
    »Bitte mach keine von den Lampen aus«, sagte das Mädchen, als Iridium mit ihrer Hand vor dem Sensorenblock herumzuwedeln begann. »Ich brauche das Licht.«
    »Was?«, erwiderte Iridium. Sie beugte sich weit nach vorne und blickte dem sitzenden Mädchen von unten in die Augen. Es kam ihr vor, als hätte sie dieses schmale, ernste Gesicht schon einmal gesehen. Vielleicht in der Grundschule oder in einem der vielen Selbstverteidigungs- und Theoriekurse, die sie während des vergangenen Sommers hatten besuchen müssen, bevor ihre Arbeit an der Akademie begann. Nachdem eine Minute vergangen war, sagte sie: »Jet.«
    Bei Erwähnung ihres Namens zuckte das Mädchen zusammen. »Iridium«, murmelte sie.
    »Du kannst mich Callie nennen, wenn dich mein Deckname stört.«
    Iridium wusste nicht, warum sie plötzlich den Drang verspürte, nett zu sein. Sie war nicht nett. Deswegen hielten sich die anderen außermenschlichen Kinder an der Akademie von ihr fern. Aber Jet war so schmächtig, fast bemitleidenswert. Kinder wie Dawnlighter und Hornblower würden Hackfleisch aus ihr machen. Sie tut mir einfach leid, das ist alles, sagte Iridium bestimmt zu sich selbst.
    »Ich hab gehört, dein Vater ist ein Abtrünniger«, sagte Jet, während ihre Finger unaufhörlich die Fransen drehten.
    Was soll’s – scheiß auf die Nettigkeit.
    »Und ich hab gehört, deiner hat den Verstand verloren«, entgegnete Iridium ohne Zögern.
    Jets Hand erstarrte in der Bewegung. Einen Augenblick später rollte sie sich ein und drehte sich zur Wand. So blieb sie liegen, bis aus dem Lautsprecher die Glocke zum Abendessen ertönte.
    »Heute Abend

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