Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
nicht so klar denken. Kein Wunder, bei dem ganzen Stress und der Schwangerschaft. Alles würde gut werden, wenn das Baby erst mal auf der Welt sei.
Sechs Wochen vergehen.
… Victoria, völlig erschöpft von einer weiteren schlaflosen Nacht (verfluchte Koliken), erwähnt Luster gegenüber, Hypnotic hätte Corp beschuldigt, Angelicas Gehirn vergewaltigt und sie zu Blackouts Sklavin gemacht zu haben. Das führt zu einer hitzigen Diskussion über Hypnotic, dem Luster zutiefst misstraut, was wiederum Victoria veranlasst, ihren Mann mit einem Kuss vom Thema abzulenken. Den Teil über die Gehirnwäsche mit Hilfe der Comlinks hat sie unerwähnt gelassen. Sie findet, ehrlich gesagt, dass das kompletter Blödsinn ist. Und außerdem ist Luster nicht in der Stimmung, ihn mit so einem Quatsch zu belästigen.
Achtzehn Monate kommen und gehen.
… Luster und Blackout sind gemeinsam auf Patrouille. Lusters Nerven liegen ziemlich blank, weil Victoria gestern eine Fehlgeburt erlitten und er sie die ganze Nacht getröstet und ihr versichert hat, dass er sie liebe und dass alles wieder in Ordnung komme. Blackout macht einen schlechten Witz, Victoria werde jetzt zumindest wieder ihre mädchenhafte Figur haben. Kein Wunder also, dass Luster ihm eine Retourkutsche verpasst. Er gibt Blackout den Ratschlag, sich lieber um seine eigene Frau zu kümmern, auch wenn ihre Ehe bloß eine Mogelpackung sei – schließlich wisse doch jeder, dass Angelica nur mit ihm zusammen sei, weil Corp sie irgendwie dazu gebracht habe. Luster entschuldigt sich natürlich sofort, erzählt Blackout verlegen von der Fehlgeburt, sagt, er hätte das mit Angelica nicht so gemeint. Woraufhin Blackout erwidert, er verstehe das vollkommen und es tue ihm unglaublich leid, so ein Verlust … Doch dann wird er merkwürdig ruhig und sagt eine lange, lange Zeit kein Wort mehr. Luster ist völlig verloren in seiner Trauer und so durcheinander, dass er es nicht bemerkt.
Ein Tag vergeht.
… Night absolviert einen Trainingskampf mit Blackout. Er findet, sein Partner im Schatten gebe eine jämmerliche Vorstellung, und sagt es ihm auch. Dann fragt er ihn, was los sei. Blackout denkt laut darüber nach, ob Angelica ihn wirklich liebe. Night, der sich aus solchen Dingen nichts macht, zuckt mit den Schultern und schlägt vor, das Training fortzusetzen. Als sie weiterkämpfen, bemerkt er Schattenkleckse in Blackouts Augen, glaubt aber, das käme von der körperlichen Anstrengung.
In dieser Nacht schlug Blackout Angelica zum ersten Mal.
ZWISCHENSPIEL
»Also«, sagt Jose, nachdem er bedächtig einen Schluck Kaffee getrunken hat, »irgendwelche Neuigkeiten aus dem Krankenhaus?«
Garth gelingt es, den Tisch nicht mit seiner geballten Faust in Stücke zu schlagen. »Keine. Julie ist in demselben Zustand, wie alle anderen, die sie eingeliefert haben: katatonisch.«
Das alles würde jeden in den Wahnsinn treiben. Keine Hilfe von den Krankenschwestern, geschweige denn von den Ärzten. Keiner weiß irgendwas. Nur, dass auch die anderen Krankenhäuser von Zombies überquellen.
Ein Schulterklopfen. »Halt durch, Kumpel«, sagt Terry. »Sie wird’s schon schaffen. Ist doch schließlich kein Porzellanpüppchen.«
Garth hat nicht übel Lust, Terry die künstlichen Zähne einzuschlagen. Wenn der Kerl einverstanden gewesen wäre, das Latente Netzwerk wieder in Betrieb zu nehmen, würde Julie jetzt vielleicht sogar neben ihm sitzen. Aber nein – es würde nicht das Geringste nützen, dem Anführer ihrer bunt zusammengewürfelten Truppe an die Gurgel zu gehen, besonders jetzt nicht, wo Terry gewillt ist, ihm zumindest mal bis zum Ende zuzuhören.
Trotzdem würde sich Garth verdammt viel besser fühlen, wenn er Terry eine reinhauen könnte.
Zu fünft sitzen sie um den Spieltisch in Joses Hinterzimmer: der drahtige Jose, der schlaksige Luke, der breite Terry, die hartgesottene Claire und Garth selbst. Da sie alle über nur minimale Superkräfte verfügen, sind sie relativ sicher vor Corp. Als ob der alte Terry mit seiner unbedeutenden Fähigkeit, Dinge schweben zu lassen, echtes Material für die Schwadron sein könnte. Oder Claire mit ihrem vernarbten Gesicht. Sie kann Messer schärfen. Oder Jose, der imstande ist, mit purer Geisteskraft Staub vom Tisch zu wedeln. Und dann ist da noch Luke. Mit seinen stahlharten Zähnen und dem Magen aus Eisen kann er alles Mögliche beißen und verdauen. Ein großer Pluspunkt, wann immer er versucht, etwas zu essen, das Julie zubereitet
Weitere Kostenlose Bücher