Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
deprimiert. Muss wohl eine Projektion gewesen sein.« Seine Zunge schoss zwischen den Lippen hervor, leckte über ihre Haut. Schnell und feucht.
Sie biss die Zähne zusammen, um keine Reaktion zu zeigen. »Hai, du musst aufhören. Ergib dich, bevor du noch mehr Leuten wehtust.«
So wie George – wo war George?
Lachen rieselte über ihre Haut. »Wem soll ich mich denn ergeben, Holly? Corp?«
»Natürlich. Dr. Moore wird dir helfen. Er wird dafür sorgen, dass es dir wieder gut geht –«
»Wer, glaubst du, hat mich am tiefsten verletzt?« Wieder ein Kuss, flaumweich. »Wer, glaubst du, hat dich mir weggenommen?«
»Niemand hat mich dir weggenommen, Hai. Ich habe mich verliebt. Es ist einfach passiert.«
Mehr Lachen, voller Bitterkeit jetzt. »Er hat dir gesagt, dass du das tun sollst.«
Einen Augenblick lang stand die Welt für Holly still. Dann brachte sie würgend heraus: »Was –«
Seine Finger langten in ihr linkes Ohr und zogen das Comlink heraus. Er hielt es ihr vors Gesicht.
»Das hier, Holly. Das hier kontrolliert dich, dich und jeden anderen, seit ihr die Dinger im Ohr habt.« Er öffnete die Finger, und das Gerät fiel zu Boden. Sie hörte, wie er den Fuß daraufstellte, ihn hin und her drehte, es zu Schrott zermalmte.
Wieder musste sie schlucken. »Hai … ich habe mich in George verliebt, bevor Corp die Comlinks ausgeteilt hat.«
»Holly, du kannst dich nicht daran erinnern, was sie mit dir gemacht haben. Ich schon. Sie hatten mich völlig unter Kontrolle und zwangen mich, dich zu ihnen zu bringen. Und dann haben sie dir das Gehirn aufgeschnitten.«
Holly wäre am liebsten in Ohnmacht gefallen. Sie wollte ihn anschreien, er solle den Mund halten, aufhören zu lügen, aber …
… aber ein winziges Stimmchen in ihr flüsterte, dass er die Wahrheit sagte.
»Sie haben dich zu seinem Sex-Spielzeug gemacht, und mir blieb nichts anderes übrig, als tatenlos zuzusehen. Und jetzt haben sie dich auch noch zu seiner Zuchtstute gemacht. Du trägst dieses Baby nur deshalb in dir, weil sie der Meinung sind, ein Kind würde Blackout ablenken, damit sie ihn besser kontrollieren können. Sein Kind wächst in dir heran«, knurrte Hai drohend, »und alles nach dem Willen von Dr. Moore.«
Holly verschlug es den Atem.
»Und sie hatten dich sogar schon unter Kontrolle, bevor sie das alles mit dir gemacht haben. Wie sie uns alle unter Kontrolle hatten, mit Hilfe von Dr. Moores Drogen. Die Runner haben sie überall verteilt. Sie taten sie ins Essen, in deine Getränke. Sie waren jedes Mal in dir, wenn wir zusammen waren.«
Das war zu viel. Das war alles viel zu viel. Er musste lügen. Denn falls er die Wahrheit sagte, wäre ihr ganzes Leben eine einzige Heuchelei. Eine Fälschung.
»Hör auf damit, Hai!«
»Zuerst habe ich Dr. Moore getötet. Ganz langsam. Ich habe ihm sein eigenes, böses Selbst gezeigt. Da hat er sich die Augen rausgerissen.«
»Hör auf!«
»Begreifst du denn nicht, Holly? Er hat dafür gesorgt, dass du aufhörst, mich zu lieben, und zu dem Schatten gehst.«
George.
»Die Welt ist ohne ihn ein besserer Ort. Ich bedauere nur, dass sein Bruder entkommen konnte. Für den kleinen Martin hatte ich etwas ganz Besonderes geplant.« Er gluckste feucht.
Jetzt lag echte Angst auf ihrer Zunge, dick und sauer. »Bitte. Hai. Wo ist George?«
Wieder seine Hände auf ihren Schultern. Er drückte sie leicht, massierte sie. »Wir haben geredet.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«, flüsterte sie.
Innehalten. Dann wieder die Bewegung seiner Hände auf ihren Schultern. »Er schläft nur, Holly. Hätte ich ihn getötet, hätte ich dich verletzt. Ich würde dir niemals wehtun. Ich liebe dich.«
Holly schloss die Augen. Und dann traf sie jene Entscheidung, die sie für den Rest ihres Lebens bereuen sollte. »Hai«, sagte sie mit einem sanften Schnurren in der Stimme, »ich wusste, du würdest mich retten.« Dann wandte sie sich zu ihm um, zog sein Gesicht zu sich herunter und küsste ihn. Tief und innig. Erlaubte sich die Erinnerung daran, wie sehr sie es geliebt hatte, mit ihm zusammen zu sein, welche Gefühle das in ihr ausgelöst hatte.
Er erwiderte den Kuss, öffnete sich ihr. Ganz weit.
Als der Kuss endete, sah sie hinauf in seine dunklen Augen und lächelte. »Ich liebe dich auch.«
Doctor Hypnotic stieß einen ekstatischen Schrei aus und umarmte die Frau, die er liebte.
Holly küsste ihn wieder, nahm alles in sich auf, spürte ganz tief, wie seine Lippen sich auf ihren anfühlten, sog
Weitere Kostenlose Bücher