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Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Titel: Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge , Jackie Kessler
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hatte, wie man sich abrollte oder einen Aufprall mit der Schulter abfing.
    Jets Mitgefühl hielt sich in Grenzen. Das nächste Mal würde Nocturne es sich gut überlegen, ob sie in die First National einbrach. Himmlisches Licht, was war das nur mit all den früheren Helden, die jetzt so taten, als wären sie Schurken? Hatte Nocturne wirklich gedacht, sie brauchte nur mit Hilfe ihrer Kräfte in die Banktresore einzudringen, und das war’s? Als ob die Bank keine Sensoren hätte, die sowohl organische als auch anorganische Materie orten konnten und einen stillen Alarm auslösten, wenn sie etwas entdeckten? Also bitte! War Jet an der Akademie wirklich die Einzige in ihrer Klasse gewesen, die im Fach »Criminal Minds« aufgepasst hatte?
    Na gut, sie und Iridium. Und Iri, da war sie ganz sicher, hatte in dieser Lektion geschummelt.
    Jet zog die Frau, die viel größer war als sie, auf die Füße. »Komm schon«, sagte sie. »Du weißt doch, dass die Handschellen deinen Gleichgewichtssinn beeinflussen. Dir wird schwindelig, wenn du versuchst, mich zu schlagen.« Und falls sie versuchen sollte, ihre Kräfte zu benutzen, um den Handschellen zu entkommen, würden diese sie neutralisieren. Auf schmerzhafte Weise.
    Nocturne schlug ihr vor, etwas anatomisch Unmögliches zu tun.
    »Und mit demselben Schandmaul küsst du deine Mutter«, fragte Jet.
    Nocturne schleuderte ihr Obszönitäten entgegen, die so grob waren, dass sie selbst Wolf die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten.
    »Also das ist jetzt einfach nur primitiv.« Jet fesselte Nocturne mit einem Seil aus grauer Materie. Dann schuf sie einen Schattenfloater, um sie beide schnell in das Sechzehnte Revier zu bringen. Nocturne, die nicht fliegen konnte, begann zu schreien. Laut. Und sehr, sehr lange. Das Geräusch verlor sich in einem Widerhall von Entsetzen. Die Frau erbebte und atmete tief ein. Dann brach erneut ein panischer Schrei aus ihr hervor. Sie machte Screamer echt Konkurrenz.
    Aber das alles war nichts im Vergleich zu Jets Kopfschmerzen. Zischend sog sie die Luft ein, als Nocturne loskreischte, und biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Der Schmerz hatte in dem Moment eingesetzt, als sie aufgehört hatte, mit reiner Körperkraft und sämtlichen eingeübten Tricks und Kniffen gegen Nocturne zu kämpfen. Stattdessen hatte sie ihre außermenschlichen Kräfte angetippt und einen Schatten-Creeper freigelassen, um ihre Gegnerin zu erschrecken. Und da war Unbehagen über sie hinweggestrichen, ganz leicht, ganz fein. Aber der Kampf ging weiter, und aus Streichen wurde Klopfen, aus Klopfen Hämmern. Und jetzt drohte ihr der Kopf zu platzen. Ihre Sinne waren überreizt wie die eines Junkies – alles sah roh aus, blutete Farbe. Abgas, Ozon und Schweiß kämpften um die Vorherrschaft über ihren Geruchssinn. Während sie mit Nocturne über Wreck City dahinglitt, presste Jet die Fingerspitzen an die Schläfen, massierte sie und betete dabei im Stillen, die Migräne möge verschwinden.
    Und vielleicht war ja das Licht auf ihrer Seite, denn irgendwann verklang die Stimme der anderen Frau. Als Nocturne verstummte, entfuhr Jet ein dankbares Stöhnen. Trotzdem puckerte der Schmerz in ihrem Kopf sanft weiter.
    Es wird schlimmer.
    In ihrem tiefsten Inneren wusste sie es. Die Kopfschmerzen kamen jetzt ständig, rollten in Wellen heran, die stundenlang andauerten. So gerne sie es auch auf die pure Erschöpfung geschoben hätte – sie hatte das letzte Mal vor zwei Tagen geschlafen und für den heutigen Tag bereits alle Koffein-Pads aufgebraucht –, Jet wusste es besser.
    Was auch immer Corps Gehirnwäsche auf wer weiß welchen Frequenzen in all den vergangenen Jahren mit ihr angestellt haben mochte – zumindest hatte sie die Schattenstimmen im Zaum gehalten. Doch nun, ohne die besänftigenden Einflüsterungen, wurde es immer schwerer für Jet, die Dunkelheit zu ignorieren, die an ihren Gedanken leckte.
    Sie würde sich wieder an den Schatten verlieren.
    Während sie mit ihrer Gefangenen dahinflog, blickte Jet hinunter auf die verschwommenen Umrisse der Gebäude, die Autos und die Gleiter, die wie Kinderspielzeuge aussahen, die Menschen, die wie Ameisen auf ihr Ziel zumarschierten. Es wäre so leicht, einfach einen Schritt über den Rand ihrer Schattenscheibe zu machen und sich fallen zu lassen, bis der Boden ihr entgegenkam und sie aufschlug.
    Jet nickte entschlossen. Wenn es wirklich darauf hinauslief - wenn die Stimmen zu stark werden sollten –, würde sie

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