Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
Firebugs brennender Schild ließ einige von ihnen zurückweichen. Schützend bedeckten sie ihre Augen. Steele ging die Sache ganz direkt an: Sie schlug auf jeden Mutanten ein, der ihr in die Quere kam.
»Ops«, schrie Jet in ihr Comlink, »sag ihnen, sie sollen sofort aufhören! Das sind Zivilisten!«
Meteorites Entgegnung ließ Jet das Blut in den Adern gefrieren: »Das habe ich schon.«
»Sie fügen den Mutanten keine Verletzungen zu«, kommentierte Iri. »Vielleicht sogar absichtlich nicht.«
»Los, komm!« Jet packte Iri am Handgelenk und rief einen Schattengleiter. »Frostbite, du bringst Taser da runter.«
»Plan?«, fragte Iri, als sie beide zusammen über die Dachkante schwebten.
»Ihnen helfen, die Kreaturen zurückzudrängen«, rief Jet über ihre Schulter. »Sie außer Gefecht setzen oder auf andere Art bändigen. Um alles Weitere kümmern wir uns später.« Sie ließ den Floater im freien Fall nach unten sausen.
»Brillant!«, schrie Iri, während sie sich in Todesangst an Jet klammerte. »Wir sagen den Helden einfach, sie sollen aufhören, Unschuldige aufzumischen, mörderische, wahnsinnig gefährliche Möchtegern-Tunnelmutanten. Ich liebe diesen Plan!«
Jet und Iri landeten auf dem Boden, und genau in diesem Moment kamen auch Frostbite und Taser auf einer Rampe aus Eis angeschlittert. »Tut ihnen nicht weh«, schrie Jet.
»Lasst euch nicht umbringen«, konterte Iri, bevor sie sich mitten ins Getümmel stürzte.
Jet stürmte vorwärts und warf dem Mutanten, der ihr am nächsten war, einen Schattenpfeil entgegen. Er wurde von seinen übergroßen Füßen gerissen. Sie wandte sich der nächsten Kreatur zu, einer Frau, und traf sie ebenso hart wie den ersten. Das Frau-Ding taumelte rückwärts und prallte gegen einen dritten Mutanten. Der machte seinem Zorn Luft, indem er ihr einen brutalen Hieb auf den Kopf versetzte.
»Treibt sie zusammen!« Das war Steele. »Bringt sie unter Kontrolle!«
»Irgendwelche Vorschläge?«, schrie Iridium und feuerte Strobokugel auf Strobokugel ab. Jet bekam es aus dem Augenwinkel mit, während sie noch einmal auf den ersten Mutanten schoss, und ein drittes Mal. Doch der griff sie weiter an, seine fleischigen Fäuste hoch erhoben, um sie zu zerschmettern. Sie sprang zurück. Und noch mal zurück. Dann konnte sie gerade noch so dem erneuten Angriff der zweiten Kreatur entkommen.
Jemandem entfuhr ein Schmerzensschrei.
Tu es, sagte sich Jet. Diesmal wird es anders sein. Wirf eine Schattendecke über ihn.
Aber dann sah sie Lynda Kidders Körper, bäuchlings auf dem Boden liegend, eine leere Hülle, ausgesaugt und weggeworfen vom Schatten. Sie konnte es nicht tun. Knurrend schlug sie auf die Kreatur ein. Wieder und wieder. Aber sie konnte das Mann-Ding nur für den Moment zurückhalten.
Feuer schlug Bögen über ihren Köpfen; unter ihnen knirschte Eis. Ihre Ohren dröhnten, als Hornblower seinen akustisch verstärken Schrei ausstieß, der alles plattmachte wie eine Dampfwalze.
Tu es!
Sie konnte nicht.
Und wieder schrie jemand – nicht vor Angst, nicht vor Kampfeslust. Nein, vor Höllenqualen – so roh und brutal, dass sie die Stimme selbst in eine Waffe verwandelten.
Hornblower.
»Oh Gott, sein Bein!« Das war Frostbite, vollkommen in Panik. »Callie, oh Gott, Callie, du musst das sofort ausbrennen –«
»Bin schon dabei«, schrie Iri. »Halt sie mir vom Leibe!«
Jet bückte sich, drehte sich, schnellte wieder hoch. Bombardierte die beiden Mutanten, die sie angriffen, mit allem, was sie hatte, warf ihnen so viel Schatten entgegen, bis sie niedersanken wie gefällte Bäume. Dann drehte sie sich um und sah Iri neben Hornblower kauern. Sie hielt sein rechtes Bein umfasst …
… das oberhalb des Knies abgerissen war.
Jet gefror zu Eis. Sie starrte auf Tyler Taft. Starrte auf die große Blutlache, die unter ihm hervorquoll. Sah, wie Tyler konvulsivisch zuckte, wie Schmerz und Schock seinen Körper schüttelten.
Iri, im Dritten Ausbildungsjahr, durchbohrt von einem Everyman.
Sam, von hinten erschossen, ermordet von einem Everyman.
Mit einem gewaltigen Schrei ließ Jet den Schatten fliegen, deckte die monströsen Kreaturen um sich herum zu. Zwei, drei, vier von den Dingern wurden eingehüllt, kämpften gegen die tödliche Kälte an, die sie umgab. Jet drückte zu, und in diesem Augenblick spürte sie das Licht in ihren Körpern, das Leben in ihnen, so süß und so dick und so gut, und sie reckte die Arme hoch empor. Das Gesicht dem mondhellen Himmel
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