Projekt Sakkara
Worte mit dem Fahrer, der daraufhin nickte.
»Was haben Sie ihm gesagt?«, erkundigte sich Peter.
»Dass er uns am Mandraki-Hafen rauslassen soll.«
»Ich wusste nicht, dass Sie Griechisch sprechen.«
»Ich habe einmal einen Sommer hier verbracht.«
»Sie waren hier? Ein Ausgrabungsprojekt?«
»Nichts Offizielles.«
»Sie meinen eher so etwas wie Ihre Arbeit in Rom?« Peter erinnerte sich daran, wie ihm Patrick von seinen Erkundungen in den Katakomben der italienischen Hauptstadt erzählt hatte. Er hatte sich Zutritt zu einer Kapelle verschafft, war nachts in die Krypta hinabgestiegen und hatte schließlich hinter einer Wand, die mit einem uralten Fresko bemalt war, einen Zugang zu einer frühchristlichen Kapelle entdeckt. Die Unternehmung war selbstverständlich illegal gewesen, aber seine Entdeckung hatte alte Bibelfragmente zutage gebracht und ihn berüchtigt gemacht – zudem hatten ihm einschlägige Kreise weitere Mittel und Aufträge für ähnliche Vorhaben zukommen lassen.
»Gar nicht mal«, sagte Patrick grinsend. »Es ging viel eher um eine Frau.«
Peter zog eine Augenbraue hoch. »Und? Was ist daraus geworden?«
»Ein schöner Sommer«, antwortete der Franzose und lachte.
Das Taxi hielt an. Der Mann hob ihre Reisetaschen aus dem Kofferraum, und Patrick drückte ihm einige Scheine in die Hand. Dann gingen sie los. Vor ihnen erhob sich bald eine mächtige Mauer, die nach beiden Seiten hin vollständig um den gesamten alten Stadtkern zu führen schien. Patrick brachte sie zu einer schmalen Straße, und sie passierten ein Tor und eine steinerne Brücke. Magentafarbene Bougainvilleasträucher wucherten über die Steine, links und rechts konnte man in den zehn Meter tiefen Graben sehen, der die Stadt umgab. Der Boden des Grabens war mit Gras bewachsen, vereinzelte Steinbrocken lagen herum, und Palmen wuchsen bis über die Brücke hinauf.
Während sie durch die belebten Straßen der Stadt gingen, konnte Peter ein Staunen nicht verhehlen. Natürlich liefen Unmengen von Touristen in grellen T-Shirts umher, und überall waren moderne, griechisch, englisch oder deutsch beschriftete Werbeschilder und Souvenirläden zu sehen, aber die Substanz der Stadt schien noch dieselbe zu sein, wie vor Hunderten von Jahren. Über den Hauseingängen prangten in Stein gemeißelte Wappen aus dem Mittelalter, hölzern verkleidete Balkone, die dem 17. Jahrhundert entsprungen schienen, ragten in der Höhe über die Fassaden hinaus, und einige der Geschäfte waren in ehemalige Keller und Bogengewölbe eingelassen. Es mutete wie eine Zeitreise an, in der sich die alten Straßen und Gebäude vollständig erhalten hatten, nur, dass das mittelalterliche Treiben der Ritter und die Basare und Händler des nahen Orients durch moderne Menschen ersetzt worden war – die jedoch im weitesten Sinne auch noch denselben Beschäftigungen nachgingen, wie schon immer. Er hatte bisher kaum eine Stadt gesehen, in der die Vergangenheit noch so lebendig war, ja, in der die Vergangenheit das moderne Leben sogar derart einbettete, als sei es bloß eine vergängliche Mode.
Patrick hatte kaum ein Auge für die Szenerie. Er führte sie abseits einer völlig überfüllten Einkaufsstraße, in der sich Ströme von Menschen an Geschäften, Cafes und Restaurants vorbeischoben, in die weniger belebten Seitengassen, die Peter nicht weniger beeindruckten. Sie lagen schon größtenteils im Schatten und strahlten eine noch intensivere Ursprünglichkeit aus. Das Kopfsteinpflaster war abgetreten, Katzen liefen neben ihnen her, verschwanden in Hauseingänge, und über die Straße wölbten sich bisweilen einzelne steinerne Bögen.
Patrick hielt schließlich vor einem Haus an, an dessen Wänden Efeu wuchs. Ein unscheinbares Eisenschild wies es als Hotel aus. Zwei Einzelzimmer waren frei, sie buchten sich ein, lagerten ihr Gepäck auf den Zimmern, und kurze Zeit später waren sie bereits wieder auf dem Weg durch Stadt und in ein Restaurant.
»Wieso sind Sie sich eigentlich so sicher, dass wir im Palast die Stele finden?«, fragte Patrick, als der Wein auf dem Tisch stand. »Nicht, dass ich etwas gegen ein paar Tage hier einzuwenden hätte.«
»Sicher bin ich mir natürlich nicht«, erklärte Peter, der die Speisekarte studierte, »aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Dazu muss man allerdings die Geschichte der Stadt und des Palastes kennen.« Er sah den Franzosen über den Rand seiner Brille an.
»Aha, ich verstehe. Die nächste Geschichtsstunde, was?« Patrick
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