Projekt Sakkara
grinste. Dann steckte er sich eine Zigarette an. »Erzählen Sie es mir nach dem Essen, ja?«
»Gut. Dann muss ich mich wohl jetzt entscheiden, ob ich Lampshops oder Mixtgrill haben möchte ... « Er betonte dabei die Worte ebenso falsch wie sie geschrieben waren.
Patrick lachte. »Lassen Sie mich bestellen. Ich werde zusehen, dass wir etwas Besseres bekommen.«
Peter klappte lächelnd die Karte zu. »Einverstanden!« Dann hob er sein Glas und prostete ihm zu.
»Was ist?«, fragte Peter, als er beobachtete, wie Patrick den Blick an ihm vorbei auf die Menschenmenge in der Straße lenkte.
»Es ist ... nein, nichts. Für einen Moment dachte ich, Stefanie wäre vorbeigelaufen.«
»Denken Sie noch häufig an sie?« Peter erinnerte sich, dass der oft oberflächlich scheinende Franzose eine besondere Beziehung zu der Frau aufgebaut hatte, die sie bei ihrem letzten Projekt unterstützt hatte. Und dass ihm ihr Tod sehr nahe gegangen war.
»Ja. Wissen Sie, Peter, manchmal habe ich das Gefühl, dass sie irgendwie noch da ist.«
Peter nickte stumm. Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
»Aber vergessen wir das«, sagte Patrick schließlich und hob sein Glas. »Jetzt sind wir hier. Und das Leben geht weiter.«
An diesem Abend führten sie keine akademischen Gespräche mehr. Patrick erzählte von seinem Sommer auf der Insel, der schon etliche Jahre zurücklag, und von seinen Unternehmungen in Mexiko.
Sie gingen früh zu Bett und trafen sich am nächsten Morgen bereits gegen acht Uhr im Frühstücksraum ihres kleinen Hotels.
Peter fühlte sich erholt und wollte den frühen Vormittag für einen Spaziergang durch die noch leeren Gassen nutzen. Aber auch der Franzose war guter Dinge. Vielleicht war es die Erinnerung an seinen Rhodos-Sommer, die Patrick an diesem Morgen beflügelte.
»Also auf zum Großmeisterpalast?«, fragte Patrick.
»Ja. Hoffentlich ist er schon geöffnet. Waren Sie bereits einmal dort?«
Patrick nickte. »Ich habe mal eine Führung mitgemacht.«
»Gut, dann wissen Sie ja, wie wir hinkommen. Vorher müssen wir uns noch irgendwo eine Taschenlampe kaufen.«
»Alles dabei«, sagte Patrick und klopfte auf eine Tasche seiner Lederjacke.
Es dauerte nicht lange, bis sich der Palast vor ihnen erhob. Es war ein imposanter, mehrstöckiger Bau, eine trutzige Burg, nahezu schnörkellos, mit geraden Wänden, eckigen Türmen und Zinnenkämmen.
»Da ist er ja«, sagte Peter und blieb stehen. »Der Palast der Johanniter!«
»Und was genau haben Sie darin vor? Sie sehen ja, wie groß der Kasten ist. Wie wollen Sie darin eine Stele finden?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, gestand Peter.
»Wie bitte?! Ich dachte, Sie hätten alles geplant?«
»Wir werden schon einen Weg finden. Oder vielmehr Sie werden einen Weg finden.«
»Ich? Wie stellen Sie sich das vor? Wenn Sie noch nicht einmal wissen, wo wir suchen sollen?«
»Eine gewisse Ahnung habe ich ja durchaus. Sehen Sie: Der Palast ist von den Johannitern etwa zweihundert Jahre lang genutzt worden. Ende des 15. Jahrhunderts belagerten die Türken die Stadt, vieles wurde zerbombt, aber von den Johannitern auch wieder aufgebaut. Knapp fünfzig Jahre später kamen die Türken erneut, und schließlich haben sie Rhodos erobert. Die Türken waren aber keine Kulturschlächter. Sie haben alles weitestgehend so gelassen, wie es war. Man hat hier und dort eine Moschee gebaut, aber ansonsten das Stadtbild und den Palast ebenso wie die meisten anderen historischen Bauten nicht verändert. Man kümmerte sich insgesamt wenig darum, der Stadt einen Stempel aufzudrücken, ließ sogar vieles einfach verfallen. Teile des zerbombten Palastes wurden schlicht als Stallungen verwendet.«
»Aber wieso glauben Sie, dass man die Reste des Palastes nicht trotzdem geplündert hat?«
»Als die Türken die Stadt eroberten, gestatteten sie den Rittern, alle Waffen, Wertgegenstände und religiösen Objekte mitzunehmen. Sie haben recht, es wäre also denkbar, dass die Johanniter zu diesem Zeitpunkt auch die Stele mitnahmen. Aber meine Vermutung ist, dass man nach zweihundert Jahren nicht mehr um den Wert der Stele wusste und sie eher als Dekorationsstück irgendwo integriert und dann hier zurückgelassen hat. Ebenso wie man eine römische Statue auch nicht mitgenommen hätte. Was konnte den Johannitern schon eine Steintafel mit unverständlichen Hieroglyphen bedeuten? Sicherlich nicht mehr als irgendein ägyptischer Obelisk, wie sie noch heute in Rom und Paris
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