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Projekt Wintermond

Projekt Wintermond

Titel: Projekt Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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aufgeschlagen hatten. Der Bereich um die Gletscherspalte war abgesperrt: Um kurze Aluminiumpfähle, die im Eis steckten, war gelbes Plastikband gespannt.
    Barti kehrte in Begleitung eines der Korporale zurück.
    »Das ist Korporal Fausto«, stellte er ihn vor.
    Der junge Mann begrüßte Caruso. »Commissario.«
    »Klären Sie mich auf.«
    Der Korporal zeigte auf die Gletscherspalte. »Wie Sie sehen, haben wir den Fundort abgesperrt. Der Gerichtsmediziner ist unten am Boden der Spalte.«
    »Der Wachtmeister hat mir gesagt, dass Sie dieses Gebiet hier besser kennen als die Bergziegen.«
    Der Korporal lächelte. »Ich habe hier mal als Bergführer gearbeitet.«
    »Kennen Sie auch den Gletscher?«
    »Ich habe ihn mehrmals überquert. Eine wundervolle Tour.«
    »Welche Leute kommen normalerweise hier herauf?«
    »Größtenteils Touristen. Italiener und Schweizer. Für Kletterer und Bergwanderer sind das Wasenhorn und der Gletscher ein beliebtes Ziel. Manchen Leuten gibt es einen Kick, über einen Gletscher zu gehen.«
    »Ist es nicht gefährlich?«
    »Eben drum. Aber wenn man sich auskennt oder einen Führer hat, kann nicht viel passieren.«
    Caruso wandte sich Barti zu. »Ich möchte mir die Leiche ansehen.«
    Der Korporal führte die Männer an den Rand der Gletscherspalte, wo die Seile zwischen den Eiswänden in die Tiefe führten. Caruso spähte in die blassblaue Schlucht, deren oberer Teil vom Tageslicht erhellt wurde. Ein Eisvorsprung verhinderte den Blick auf den Grund der Gletscherspalte. »Der Abstieg ist nicht schwer«, sagte Barti.
    »Ihr Wort in Gottes Ohr. Nach Ihnen.«
    Barti schnallte sich einen Klettergurt um die Taille, ergriff eines der Seile und machte sich an den Abstieg. Caruso folgte ihm.

    In der Gletscherspalte war es klirrend kalt. Caruso drückte beim Abseilen die Füße gegen die Eiswand, um nicht ins Pendeln zu geraten, während er sich dem blendenden Licht auf dem Grund der Spalte näherte. Es dauerte nicht lange, bis Barti seine Taille umklammerte. »In Ordnung, commissario. Sie können das Seil jetzt loslassen. Sie sind unten.«
    Caruso ließ das Seil los und sah sich um. Ein paar Meter entfernt beleuchteten mehrere starke Strahler hinter einem Vorsprung die Gletscherspalte. Neben einem dürren Mann mit grauem Spitzbart stand eine Arzttasche auf dem Boden. In der kalten Luft bildete sein Atem weiße, wirbelnde Schwaden. Er trug eine dicke Brille mit Metallgestell, eine warme Steppjacke und Wollhandschuhe.
    »Wird auch langsam Zeit, dass Sie kommen«, sagte er mürrisch. »Ich dachte schon, ich hätte eine ansteckende Krankheit.«
    »Wie geht’s, Rima?«
    »Mir ist arschkalt. Ich habe in meinem Leben schon an verrückten Orten gearbeitet, aber der hier ist die absolute Krönung.«
    Caruso sah sich um. »Haben Sie die Fundstelle schon unter die Lupe genommen?«
    Rima nickte. »Ich habe auf beiden Seiten der Leiche etwa zehn Meter abgesucht. Weiter kommt man nicht. Dann wird es zu eng.«
    »Und?«
    »Nichts. Hier lag nur der Rucksack, den der Amerikaner gefunden hat.«
    »Wo ist er?«
    »Da hinten.« Rima wies mit dem Kopf auf einen großen Plastikbeutel, der an der Eiswand lehnte. Caruso hob ihn hoch. Das Plastik war eiskalt und teilweise beschlagen. In dem Beutel steckte ein Leinenrucksack mit Metallreißverschluss. Er war schwer und schien in gutem Zustand zu sein.
    »Haben Sie ihn schon geöffnet?«
    »Ich hab’s versucht, aber der Reißverschluss ist eingefroren. Deshalb wollte ich lieber auf den verantwortlichen commissario warten. Das dürften ja dann wohl Sie sein.«
    Caruso stellte den Plastikbeutel auf den Boden. »In Ordnung. Dann will ich mir die Leiche mal ansehen. Glauben Sie, es war ein Unfall?«
    »Dazu kann ich nichts sagen, bevor wir die Leiche nicht aufgetaut haben.«
    »Barti sagte, es wäre eine seltsame Leiche. Wie darf ich das verstehen?«
    »Sehen Sie selbst.« Rima zeigte mit dem Daumen auf die Wand hinter ihnen. »Sie liegt da drüben. Kommen Sie mit.«
    Rima nahm einen der Strahler und führte Caruso fünf Meter in die Spalte hinein. An der linken Wand stand ein Klappstuhl. Ebenfalls zur Linken sah er ein kleines Loch, das in die Eiswand geschlagen worden war. Er kniete sich hin und schaute sich das Loch genauer an.
    »An der Stelle hat der Amerikaner den Rucksack gefunden«, erklärte Rima. »Die Leiche befindet sich etwa einen halben Meter über Ihrem Kopf. Sie liegt fast horizontal im Eis. Sie müssen sich auf den Stuhl stellen, damit Sie etwas sehen

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