Projekt Wintermond
stellte den Monitor ab und schaute sich die Straßenkarte an.
Zwei Stunden später erwachte das Funkgerät mit statischem Rauschen zum Leben. »Mr Ryan, alles in Ordnung?«
Mark schrak zusammen. Ob es Grimes’ oder Fellows’ Stimme war, wusste er nicht.
»Ich bin vor Ort und höre Sie laut und deutlich«, sagte er.
»Gut. Hier ist Grimes. Sind Sie startklar?«
»Ich glaube ja.«
»Bereiten Sie sich auf die Verfolgung vor. Das Zielobjekt ist unterwegs. Viel Glück.«
»Danke.« Mark stellte das Ortungsgerät ein und beobachtete den Positionswechsel. Jennifers Geländewagen bewegte sich. Sein Herz pochte laut, als der weiße Toyota fünf Minuten später an ihm vorbeifuhr. Jennifer saß auf dem Fahrersitz und starrte auf die Straße. Es war ein seltsames Gefühl, sie zu beobachten, ohne dass sie etwas davon ahnte. Mark bekam ein schlechtes Gewissen, verdrängte es aber rasch. Schließlich war er zu Jennifers Schutz hier. Leider wusste er immer noch nicht, vor wem er sie beschützen sollte.
Mark ließ den Motor an und nahm die Verfolgung des Toyota auf.
Jennifer liebte die Schweiz. Es war eines der schönsten Länder der Welt. Als Kind hatte sie mit ihren Eltern eine Reise nach Zürich gemacht. Die reizvolle Landschaft mit den schneebedeckten Alpengipfeln, den blauen Seen und den tiefen Tälern hatte sie verzaubert.
Trotz des ermüdenden Fluges hatte Jennifer nicht vor, in Zürich zu übernachten. Sie wollte keine Zeit verschwenden und die italienische Grenze noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Sie warf einen Blick auf die Karte, ehe sie auf die Autobahn in Richtung Süden auffuhr. Eine Stunde später erreichte sie Luzern am Vierwaldstätter See. Sie fuhr auf der E2 am See entlang, bis sie den Weg auf der E35 Richtung Süden fortsetzte. Die Straße führte durch Nadelwälder, unbekannte kleine Dörfer und verschlafene Weiler. Auf den Berghängen sah sie hübsche Schlösser und weidende Kühe mit kleinen Glöckchen am Hals.
Bald darauf fuhr sie die steile, gewundene Bergstraße zum Furkapass hinauf. Hier oben herrschten noch fast winterliche Zustände mit Schnee und Eis. Die Aussicht auf die Berge war atemberaubend. Hinter der Passhöhe ging es bergab in Richtung Brig. In dem jahrhundertealten Wintersportort befand sich der ehemalige Schweizer Übergang nach Italien. Oberhalb des Ortes stand der Stockalper-Palast mit dem Zwiebelturm. Jennifer fuhr um das Zentrum von Brig herum und weiter in Richtung Süden zum Simplonpass und zur italienischen Grenze.
Die Fahrt war ziemlich anstrengend. Einige Bergstraßen waren nicht durch Schutzwälle gesichert, und unmittelbar hinter dem Straßenrand fielen die Abhänge hunderte von Metern steil in die Tiefe. Jennifer musste daher sehr vorsichtig fahren. Schließlich hielt sie vor einem Selbstbedienungsrestaurant, ließ sich eine Tasse Kaffee und ein Käsebrötchen geben und stellte sich damit auf den Balkon. Es war bitterkalt. Sie schaute auf die weißen Berge ringsum und auf die italienische Grenze, die durch das lange Tal des Simplonpasses verlief.
Ein älterer Wanderer mit einem Federhut trat zu ihr auf den Balkon und bewunderte die Aussicht. Er lächelte sie an. »Schön hier, nicht wahr?«, fragte er mit Schweizer Akzent. »Wo kommen Sie her?«
Jennifers bescheidene Französisch- und Deutschkenntnisse reichten aus, um sich zu verständigen. »Ich komme aus Amerika.«
»Und gefällt es Ihnen hier?«, wollte der Mann wissen.
Jennifer bewunderte die malerischen Berge. »Es ist wundervoll. Können Sie mir sagen, wo das Wasenhorn liegt?«
»Natürlich.« Der Mann zeigte auf einen zerklüfteten, schroffen Berg zur Linken, dessen Gipfel von weißen Wolken umhüllt war. »Dort, das ist das Wasenhorn. Wollen Sie da hinauf, junge Frau?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Das ist vernünftig. Man muss erfahren sein, um den Gletscher zum Gipfelgrat zu überqueren. Erst vor wenigen Tagen wurde da oben eine Leiche im Gletscher gefunden. Der arme Kerl hatte jahrelang im Eis gelegen.«
Mark fühlte sich nach dem transatlantischen Flug wie gerädert. Es war schwierig für ihn, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Die gewundenen Schweizer Bergstraßen verlangten höchste Aufmerksamkeit. Um seine zunehmende Müdigkeit zu vertreiben, ließ er das Seitenfenster herunter, damit die kalte klare Luft ihn wach hielt, die in den Wagen wehte.
Mark musste sich auf die Straße und zugleich auf Jennifers Toyota konzentrieren. Nach zwei Stunden verschwamm der weiße
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