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Projekt Wintermond

Projekt Wintermond

Titel: Projekt Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Sie die Hinweisschilder.«
    In der Eile vergaß Mark, sich zu bedanken. Er eilte auf den Parkplatz, warf seine Tasche in den Opel und ließ den Motor an.

    In der Gletscherspalte war es so eisig wie in einer Tiefkühltruhe. Jennifer sah das große Loch in der Eiswand, wo der Leichnam ihres Vaters herausgeschnitten worden war. Der Gedanke daran entfachte den Schmerz aufs Neue. Die dicken Eiswände waren an einigen Stellen spiegelglatt, an anderen zerklüftet. Anton ließ den Lichtstrahl der Taschenlampe durch die Gletscherspalte kreisen. Ein wahrlich unheimlicher Ort. Jennifer fröstelte. Furcht überkam sie, vermischt mit Trauer und Schmerz.
    »Sie sind ganz blass. Ist alles in Ordnung?«, fragte Anton.
    »Ja. Es ist nur… unheimlich hier.« In den Boden der Gletscherspalte war ein kleineres Loch gehauen worden. Ringsherum lagen Eisbrocken. »Was ist das?«
    Anton zuckte mit den Schultern. »Ich habe von der Polizei erfahren, dass dieser McCaul einen Rucksack neben der Leiche gefunden hat. Vielleicht lag er an dieser Stelle.«
    Jennifer zog die Stirn in Falten. »Was war in dem Rucksack?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wissen Sie etwas über den Unfall von McCaul?«
    »Nein. Warum fragen Sie?«
    »Ich finde seinen plötzlichen Tod ziemlich seltsam.«
    »Ja, er soll ein guter Bergsteiger gewesen sein. Aber auch gute Bergsteiger machen Fehler. Und er war ein junger Bursche. Anfang zwanzig. Zu jung, um viel Erfahrung zu haben. Der Sturz in die Gletscherspalte beweist das.«
    »Was hat er denn hier oben gemacht?«
    »Er hatte bei uns im Hotel für eine Woche ein Zimmer gemietet. Der Bursche war ganz nett, aber meistens unterwegs. Wir haben nur ein paar Worte gewechselt. Sie sind ziemlich neugierig, Jennifer.«
    »Finden Sie?«
    Anton warf die Hände in die Luft. »Zuerst wollen Sie auf den Gletscher steigen, dann wollen Sie die Stelle sehen, wo der Leichnam gefunden wurde. Und jetzt stellen Sie mir Fragen über diesen McCaul. Sind Sie wirklich keine Reporterin?«
    »Nein.«
    Jennifer schaute nach oben zur Öffnung der Gletscherspalte; dann glitt ihr Blick noch einmal durch die eisige Höhle.
    »Haben Sie genug gesehen?«, fragte Anton.
    »Ich glaube ja.«

    Sie setzten sich in den Schnee. Anton nahm die Thermoskanne aus dem Rucksack, schenkte ihnen heißen Kaffee ein und hielt Jennifer den Becher hin. »Ein Schluck Kaffee wird uns gut tun. Schnaps habe ich nicht dabei. Den trinken wir, wenn wir zurück sind.«
    »Danke.« Jennifer nahm den Becher und genoss die herrliche Aussicht. Es war ein berauschendes Gefühl, auf die Welt hinunterzublicken. Die Sonne schien auf den glitzernden weißen Schnee.
    »Wie weit ist es von hier bis zur nächsten Ortschaft?«, fragte Jennifer.
    Anton zeigte auf das Tal auf der italienischen Seite.
    »Dort drüben liegt das Dorf San Domenico in der Nähe von Varzo. Es gehört zur Alpe Veglia, einem Naturschutzgebiet. Bis dort sind es ungefähr fünf Kilometer. McCaul ist dorthin gegangen, nachdem er den Leichnam gefunden hatte. Es ist der übliche Weg, wenn man den Gletscher von Schweizer Seite überquert.«
    »Und zwischen diesem Gletscher und dem Dorf ist nichts?«
    »Doch, eine Schutzhütte. Falls das Wetter umschlägt, können die Bergsteiger dort Zuflucht suchen. Die Hütte ist gleich hinter der Grenze. Es ist nur ein kurzer Fußmarsch bis dort.«
    »Könnten wir uns diese Hütte ansehen?«
    Anton schaute auf die Uhr. »Ja, das ist zu schaffen.«
    Jennifer stand auf und klopfte den Schnee von ihrer Hose. »Danke, Anton. Nach der Tour gebe ich einen aus.«
    »Ich werde Sie daran erinnern.«

    Es dauerte nicht lange, bis sie die Schutzhütte erreicht hatten. Sie war aus Holz und Stein errichtet und besaß ein Schieferdach. Die Lage auf einem Bergkamm gewährte einen weiten Blick ins Tal. Anton öffnete die knarrende Tür und ging Jennifer voraus. Die Hütte wirkte vollkommen verlassen. Jennifer wurde ein wenig unheimlich zu Mute.
    »Die Schutzhütte wird im Winter nicht oft benutzt«, erklärte Anton. »Vom Beginn des Frühlings bis zum Wintereinbruch kommt hin und wieder jemand aus dem Tal herauf und sieht nach dem Rechten. Im Winter geschieht hier so gut wie nichts.«
    Er führte Jennifer durch die Schutzhütte. Die Decke war aus dicken Holzbalken gezimmert. Außer einer Kochnische gab es zwei Schlafräume mit Etagenbetten. An zwei Wänden waren Holzscheite aufgestapelt. An einer anderen Wand stand ein Kamin, über dem zwei Hirschgeweihe hingen. Besucher hatten ihre Initialen, Datumsangaben und

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