Projekt Wintermond
Eiswürfeln im Mund, die du so magst.«
»Das hast du wirklich drauf. Das muss man dir lassen«, sagte Debbie seufzend, während sie wieder in die Tasten tippte.
Nachdem Garuda aufgelegt hatte, ging er zum Fenster und starrte auf die Skyline von New York. Er war verwirrt. Mark Ryan war ebenfalls in die Schweiz geflogen. Warum hatte er einen früheren Flug genommen? Er hätte auch dieselbe Maschine wie Jennifer March nehmen können. Nach Debbies Informationen gab es in beiden Maschinen nach Zürich genügend freie Plätze. Warum hatten Mark und die junge Frau verschiedene Maschinen verschiedener Fluggesellschaften genommen? Das ergab keinen Sinn.
Da stimmt etwas nicht. Garudas gut geschulter sechster Sinn meldete sich. Er brauchte zusätzliche Informationen. Plötzlich hatte er eine Idee. Er trat vom Fenster weg und griff erneut zum Telefon.
17
Schweiz
Jennifer erwachte kurz vor sechs. Sie zog die Vorhänge zurück und öffnete das Fenster. Die Sonne schien. Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen. Die gepflasterten Straßen waren nach dem Unwetter mit Pfützen übersät. Gegenüber vom Berghof befand sich das Seefelder, ein teures Hotel mit phantastischer Aussicht auf die schneebedeckten Berge.
Jennifer duschte und zog sich an. Anschließend ging sie hinunter in den Speisesaal. Auf einem der Tische lagen ein paar Gedecke. Ein paar Minuten später betrat Greta mit einer Thermoskanne Kaffee den Speisesaal. Trotz der frühen Stunde sah sie reizend aus. »Haben Sie gut geschlafen?«
»Eigentlich schon. Ein paar Mal hat mich der Sturm geweckt«, erwiderte Jennifer. »Es war ziemlich heftig.«
Greta lächelte. »Wenn wir bei uns in den Bergen ein Unwetter haben, meint man, die Welt geht unter. Anton müsste gleich kommen. Er hat gestern Abend lange mit den Gästen geplaudert. Sie wollen mit ihm zum Gletscher, nicht wahr? Ich lege Ihnen meine Kletterausrüstung und ein paar feste Stiefel vor die Tür. Ich hoffe, die Sachen passen.«
»Danke, das ist sehr nett von Ihnen, Greta.«
»Gern geschehen. Ich hätte Lust. Sie zu begleiten. Nach einem Unwetter sind die Berge besonders reizvoll. Lassen Sie sich das Frühstück schmecken.«
Zehn Minuten später kam Anton in den Frühstücksraum.
Jennifer war gerade mit dem Frühstück fertig. Der Hotelier trug einen dicken Wollpullover, Wollstrümpfe, Kniebundhosen und schwere Stiefel. In der Hand hielt er einen kleinen Rucksack und ein Fernglas. »Guten Morgen, Frau March.«
»Guten Morgen, Anton. Nennen Sie mich einfach Jennifer.«
»Gern, Jennifer.« Er goss sich eine Tasse heißen Kaffee ein und trank einen großen Schluck. »Hat Greta Ihnen gesagt, dass sie Ihnen ein paar Kletterutensilien und Stiefel leiht?«
»Ja.«
»Gut. Wenn Sie fertig sind, brechen wir auf. Es ist ein herrlicher Morgen für eine Tour.«
Die Sicht war unglaublich klar. Die Wolken hatten sich verzogen, und es herrschte vollkommene Stille. Als Jennifer in Richtung des Wasenhorn-Gletschers fuhr, zeigte Anton ihr ein paar besonders schöne Berge in der Ferne.
»Da drüben ist das Matterhorn, und dahinter sind Eiger, Mönch und Jungfrau. Waren Sie schon einmal in der Schweiz, Jennifer?«
»Ja. Ich habe hier als Kind mit meinen Eltern Urlaub gemacht. Ist aber eine halbe Ewigkeit her.«
»Leben Ihre Eltern in Amerika?«
Jennifer dachte kurz über die Antwort nach. Sie hielt es für klüger, Anton den wahren Grund für die Gletscherbesichtigung zu verschweigen. Er schien ziemlich neugierig zu sein, aber vielleicht wollte er sich auch nur unterhalten. Eine Fremde in einem kleinen Ort erregte immer Neugier. »Meine Eltern leben nicht mehr.«
»Das tut mir Leid«, sagte Anton. »Ich wollte nicht in Ihrem Privatleben schnüffeln…«
Jennifer wechselte das Thema. »Haben Sie eine Ahnung, was der Mann, dessen Leichnam im Gletscher gefunden wurde, da oben gemacht haben könnte?«
Wie seltsam, von »dem Mann« statt von meinem Vater zu sprechen, dachte Jennifer.
Anton zuckte mit den Schultern. »Ein paar abgelegene Bergpfade in dem Gebiet werden seit Jahrhunderten von Flüchtlingen und Schmugglern benutzt, die unbemerkt über die Schweizer Grenze wollen.« Anton lächelte. »Bargeld, Diamanten und Edelmetalle wurden schon über diese Grenze geschmuggelt. Ein paar meiner Gäste, die gestern Abend in der Schänke waren, haben jahrelang davon gelebt und tun es vermutlich noch immer. In abgelegenen Tälern gibt es nicht viel Arbeit. Man muss sich etwas einfallen lassen, um zu überleben.«
Der
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