Projekt Wintermond
nicht eine Sekunde, Sie umzubringen. Wenn Sie eine Frau und Kinder haben, werden auch die ohne mit der Wimper zu zucken getötet.«
»Warum habe ich bisher nie von diesem Klan gehört?«
»Der Moskaja-Klan operiert im Schutz von Offshore-Banken und Unternehmen und hält sich diskret im Hintergrund. Die machen sich nie selbst die Hände schmutzig. Die Drecksarbeit überlassen sie Handlangern. Vor vier Tagen hat man in einem Fall am New Yorker Flughafen ermittelt. Eine Frau hat im Leib eines toten Babys Drogen von Moskau in die Vereinigten Staaten eingeschmuggelt.«
»Mein Gott. Woher wissen Sie das?«
»Zu dem Zeitpunkt hatten meine Agenten bereits Jennifers Beschattung übernommen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Kaum zu glauben, dass Menschen zu solch unvorstellbaren Schandtaten fähig sind. Und genau diese abscheulichen Verbrechen sind die Spezialität des Moskaja-Klans. Höchstwahrscheinlich war ihre Organisation für den Drogenschmuggel verantwortlich. Denen ist es egal, zu welchen Maßnahmen sie greifen oder wen sie töten müssen, um Profit zu machen.«
»Warum wurde die Prime International dichtgemacht?«
»Wir kamen ihnen auf die Schliche. Unsere für Kapitalverbrechen und Rauschgift zuständigen Dezernate haben in Zusammenarbeit mit FBI und DEA seit Jahren die Offshore-Operationen des Moskaja-Klans beobachtet. Unternehmen wie die Prime International werden über Scheinfirmen gesteuert, die der Klan in der Schweiz und auf den Caymans kontrolliert.«
»Und was hat das alles mit Jennifers Vater zu tun?«
»Ich habe mit meinen Agenten vier Jahre lang versucht, die Moskajas dingfest zu machen. Bei uns lief die Operation unter dem Codewort >Wintermond<. Ein Teil der Operation bestand darin, die illegalen Konten der Moskajas aufzuspüren, ihre Telefone abzuhören, die Bosse zu beschatten und so weiter – die übliche Vorgehensweise. Aber die Russenmafia geht unglaublich geschickt vor, sodass wir nicht weiterkamen. Wir brauchten einen Insider innerhalb eines vom Klan kontrollierten Unternehmens, um an Beweise heranzukommen. Paul March gehörte zu den Topmanagern von Prime International und war damit der ideale Mann für uns. Wir hofften, mit seiner Hilfe Zugang zu Geheimakten in den New Yorker Büros des Unternehmens zu erlangen.«
»March war über die Machenschaften seines Arbeitgebers im Bilde?«
»Ich war mir nie ganz sicher, ob er einen Verdacht hegte. Er behauptete, nein. Wir hatten ihn jedenfalls eingeweiht und machten ihm ein Angebot, das er nicht abschlagen konnte.«
»Was für ein Angebot?«
»Wir haben die Topmanager von Prime International genauestens unter die Lupe genommen. Paul March galt nach außen hin als unbescholtener Bürger. Wir aber haben in seiner Vergangenheit gegraben und landeten einen Volltreffer: March war vorbestraft.«
»Was hatte er verbrochen?«
»Er hat wegen Totschlags gesessen. Sein richtiger Name war Joseph Delgado. Seit dem zehnten Lebensjahr war er Vollwaise und verbrachte den größten Teil seiner Kindheit bei Pflegeeltern. Dass er auf die schiefe Bahn geriet, war beinahe vorprogrammiert. Er saß mehrmals wegen Diebstahls in Jugendhaft. Mit neunzehn bekam er Schwierigkeiten mit seinem ersten Arbeitgeber. Er wurde wegen Unterschlagung angezeigt und musste ein Jahr absitzen. Kurz nach seiner Entlassung erstach er vor einer Bar in Phoenix einen Mann mit einem Messer. March behauptete, er sei provoziert worden. Sein Anwalt plädierte erfolgreich auf Totschlag. March bekam vier Jahre. Diese Zeit im Knast nutzte er gut. Er ließ sich nichts zu Schulden kommen. Nach seiner Entlassung änderte er offiziell seinen Namen. Er machte einen College-Abschluss, zog nach New York und fing ein neues Leben an. Der Mann war intelligent und ehrgeizig. Schon bald kletterte er die Karriereleiter hinauf und stieg bei der Prime International ein. Vor vier Jahren wurde das Unternehmen von einer Scheinfirma des Moskaja-Klans übernommen, kurz nach Marchs Ernennung zum stellvertretenden Direktor. Dieser Job blieb ihm nach der Übernahme erhalten.«
»Was haben Sie getan, Kelso? Haben Sie March Zeugenschutz angeboten? Ihm versprochen, seine Vergangenheit geheim zu halten, wenn er spurt?«
»Ich war bereit, alle mir zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um diese Bastarde zu überführen«, entgegnete Kelso ungehalten. »Wir versprachen March eine halbe Million Dollar und den Schutz seiner Familie, wenn er uns half, den in Amerika und auf den Cayman-Inseln operierenden
Weitere Kostenlose Bücher