Projekt Wintermond
Millionen und hunderten illegaler Grenzüberschreitungen jährlich ausgehen, können Sie sich ein ungefähres Bild von den Operationen der Roten Mafia machen.«
»Verstehe. Und wie kam der Leichnam in den Gletscher?«
»Wer immer sich die zehn Millionen unter den Nagel gerissen hat – er wusste, dass er das Land nicht auf legale Weise mit dem Geld verlassen konnte. Vermutlich hatte er schon geplant, die Berge auf einem der geheimen Pfade zu überqueren, die von den Kurieren des Moskaja-Klans benutzt werden. Dann aber geriet er ins Unwetter, stürzte in die Gletscherspalte und erfror.«
»Sie meinen March?«
Kelso seufzte. »Ich sagte Ihnen schon, dass dieser Fall mich fast um den Verstand bringt, Ryan. Halten Sie sich fest. Der Tote in den Bergen war nicht Jennifers Vater.«
»Wie bitte?«
»Der Tote im Gletscher war nicht Paul March.«
»Aber im Bericht der Vermisstenstelle…«
»Ich weiß. Da steht, dass bei dem Toten ein Reisepass auf den Namen Paul March gefunden wurde. Aber ich habe mir von der Vermisstenstelle ein Foto des Opfers schicken lassen. Dieses Foto wurde elektronisch mit dem in Marchs Reisepass verglichen. Die beiden Bilder stimmten nicht überein. Der Tote ist definitiv nicht Jennifers Vater. Das war einer der Gründe, warum ich Sie gebeten hatte, uns zu unterstützen, damit Sie im Falle eine Falles an Jennifers Seite sind. Es muss ein fürchterlicher Schock für sie sein.«
»Und wer ist der Tote?«
»Möglicherweise Karl Lazar. Gewissheit erhalten wir erst, wenn die Italiener eine DNA-Analyse vorgenommen haben.«
Die Tür wurde geöffnet. Grimes betrat mit einer Karte das Zimmer. »Was gibt’s?«, herrschte Kelso ihn an.
»Könnte ich kurz unter vier Augen mit Ihnen sprechen, Sir?«
Kelso ging zur Tür. Die beiden Männer unterhielten sich im Flüsterton. Grimes zeigte seinem Boss eine Straßenkarte. »Gehen Sie zum Wagen. Ich bin gleich da«, sagte Kelso.
»Neuigkeiten?«, fragte Mark, nachdem Grimes verschwunden war.
»Vielleicht haben wir eine Spur. Jennifer hat vor fünf Minuten kurz ihr Handy eingeschaltet.«
»Wo ist sie?«
»Das wissen wir nicht genau. Die Zeit reichte nicht, um das Handy zu orten. Sie muss irgendwo in der Nähe von Varzo sein, aber das bringt uns nicht weiter. Fellows hat gerade aus dem Hotel Berghof angerufen. Jennifer ist dort nicht aufgetaucht. Er hat mit dem Hotelier gesprochen, einem gewissen Anton Weber, der auch als Bergführer arbeitet. Der Mann weiß zwar nicht, wo Jennifer sein könnte, aber seine Informationen waren trotzdem aufschlussreich. Als er mit Jennifer auf dem Wasenhorn war, schien sie sich für das Kloster der Dornenkrone zu interessieren. Es befindet sich in der Nähe von Varzo.«
»Warum dieses Interesse?«
»Keine Ahnung. Grimes hat mir die Lage des Klosters auf der Karte gezeigt. Es sind ungefähr vierzig Autominuten. Das ist im Moment unsere einzige Spur. Fellows ist schon unterwegs zum Kloster. Grimes und ich werden uns dort mit ihm treffen.«
»Ich komme mit.«
Kelso hielt Marks Arm fest. »Hat der Arzt Ihnen nicht Bettruhe verordnet?«
Mark riss sich los und nahm seine Jacke. »Vergessen Sie’s«, stieß er hervor. »Ich bleibe keine Sekunde länger hier. Sie müssen mir sehr viele Fragen beantworten. Warum schwebt Jennifer in Lebensgefahr? Wo steckt Paul March? Wer ist der Tote im Gletscher?«
34
Die beiden Männer in dem schwarzen BMW hielten am Kloster. Es regnete in Strömen. Vor dem Tor stand McCauls ramponierter Nissan. Der Fahrer schaltete die Scheinwerfer aus, setzte den Wagen zurück und parkte ihn unter den Bäumen. Die maskierten Männer, die Lederhandschuhe und dunkle Regenmäntel trugen, stiegen aus. Ehe sie zum Tor gingen, nahmen sie den Geländewagen in Augenschein.
Einer der Männer schaltete eine Taschenlampe ein und hielt den Lichtstrahl auf das Schloss gerichtet. Derweil zog sein Komplize einen Werkzeugbeutel unter dem Regenmantel hervor. In weniger als einer Minute hatte er das Schloss geknackt. Die beiden Männer huschten durchs Tor, überquerten den Hof und liefen im Schutz des Bogengangs auf die Eichentür zu.
Der Mann mit dem Werkzeug machte sich an dem alten Schloss zu schaffen, bis die dicke Holztür aufsprang. Er nickte seinem Komplizen zu. Als sie ihre Regenmäntel aufknöpften, kamen die Maschinenpistolen zum Vorschein.
Die beiden Männer packten die Waffen und betraten das Kloster.
Vater Angelo erwachte in seiner kargen, dunklen Zelle. Ihm stockte der Atem. In der ersten
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