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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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solchen Situation gewesen. Und wenn es wirklich ein Herzinfarkt war?«
    »Eine gerichtsmedizinische Obduktion könnte das genau erweisen.«
    »Doktor, Sie übergeben die Tote dem mexikanischen Amtsarzt und sind damit von allem befreit. Das Weitere ist Sache der mexikanischen Behörden …«
    »Ich will mich bemühen, es so zu sehen, Herr Kapitän.«
    »Vor allem eins: Völliges Stillschweigen über diesen Fall!« Teyendorf sah dabei zu Steward Kraxler hinüber: »Auch Sie, Josef … Sie sind berühmt für Ihr Mundwerk.«
    »I hab nix g'hört und g'sehen, Herr Kapitän!« rief Kraxler und stand stramm. Sein kugelrunder Körper in schwarzer Hose und weißem Jackett bebte. »I sag nur: I hab sie g'funden. Das kann ma ja nicht vaschweig'n …«
    »Der Teufel hole Sie, wenn was durchsickert.«
    »Jawoll, Herr Kapitän!«
    Eine Stunde später schon – ein wahrer Rekord – traf der Amtsarzt auf MS Atlantis ein. Dr. Paterna und der I. Offizier Kempen führten ihn in die Suite 004. Teyendorf stand ungeduldig und nervös auf der Brücke und blickte über das in der Sonne leuchtende Acapulco und die schönste Badebucht der Welt. Kenner setzten sie noch über die berühmte Copacabana von Rio de Janeiro.
    Der mexikanische Amtsarzt machte es schnell und routinemäßig. Er sah Mrs. White an, setzte das Stethoskop auf ihr Herz, hörte nichts und schob die Augenlider hoch.
    »Wie alt, Señor colega?«
    »Sechsundsiebzig …« Dr. Paterna blieb ganz ruhig. »Was diagnostizieren Sie?«
    »Herzversagen. Infarkt. Natürlich …« Der Amtsarzt deckte die Tote wieder zu. »Wo kann ich den Totenschein ausstellen?«
    »Dort drüben am Schreibtisch.«
    »Wir müssen das amerikanische Konsulat verständigen.« Der Amtsarzt von Acapulco holte aus seiner Aktentasche ein Formular und füllte es aus. Schwungvoll setzte er seine Unterschrift darunter. »Das gibt jedesmal einen bürokratischen Marathonlauf, wenn ein Ausländer stirbt. So viel Papier hin und her. Man sollte sich bemühen, immer im eigenen Land zu sterben …«
    Nur wenige Passagiere bemerkten, daß aus der Atlantis ein Sarg weggetragen wurde. Die meisten waren zu Landausflügen gestartet, die anderen saßen im Speisesaal. Zu denen, die den Sarg sahen, gehörte Jim, der Mechaniker, und er wußte genau, wen man da abtransportierte. Wer von den Gästen bei den Offizieren oder bei Hoteldirektor Riemke nachfragte, dem wurde geantwortet, im Hafengebiet sei ein mexikanischer Arbeiter plötzlich an einem Infarkt gestorben, und man habe auf Bitten der Hafenbehörde den Sarg zur Verfügung gestellt.
    Kapitän Teyendorf atmete auf, als er den Wagen mit dem Sarg wegfahren sah, ohne daß man ihn gerufen hatte. Es war also alles glattgegangen. Willi Kempen, der I. Offizier, führte unterdessen den mexikanischen Amtsarzt durch das schöne Schiff und lud ihn in die Offiziersmesse zum Essen ein. Zurück in der Suite 004 blieben nur Dr. Paterna und Pater Brause, der Bordgeistliche. Er hatte Mrs. White den letzten Segen erteilt, ehe sie eingesargt worden war.
    »Gehen Sie nicht essen, Doktor?« fragte Pater Brause.
    »Nein, ich bekäme keinen Bissen runter.«
    »Als Arzt? Schlägt Ihnen ein Toter immer so aufs Gemüt?«
    »Dieser Tod – ja.« Dr. Paterna beugte sich vor. Sie saßen sich gegenüber in den tiefen Sesseln des Salons der Suite. »Ich habe Sie gebeten hierzubleiben, Pater, weil ich beichten möchte.«
    »Beichten?« Pater Brause zog die Augenbrauen hoch. »Sie?«
    »Auch wenn es nicht so aussieht: Ich bin ein guter Christ.«
    »Und Sie wollen wirklich beichten? Hier? Doktor, die Zeit ist beschränkt an diesem Ort.«
    »Es handelt sich nur um eine einzige Bedrängnis, von der ich mich befreien muß. Hier sind wir jetzt allein, keiner stört uns. Darf ich sprechen?«
    »Aber selbstverständlich, Doktor.« Pater Brause wurde sehr ernst. Er sah plötzlich genau, wie sehr Dr. Paterna innerlich unter einem offenbar schwerwiegenden Problem litt.
    »Ich habe …«, Paternas Stimme sank herab bis fast zum Flüstern, »… ich habe, um das Schiff und die Reise zu retten, einen Mörder gedeckt.«
    »O Gott!« Pater Brause faltete die Hände. »Sagen Sie dem Herrn alles, was Sie bedrückt, Doktor …«
    Während die an Bord Gebliebenen noch am Mittagstisch saßen und die Offiziere mit dem mexikanischen Amtsarzt mit Whisky anstießen – Kapitän Teyendorf hatte ausnahmsweise Alkohol am Tage erlaubt –, stand der ›blinde‹ Ewald Dabrowski in der Suite Goethe und betrachtete die zerwühlten

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